Mit 11 erobert man die Welt
bin wieder in Kanada bei Susan und Carol. Ihr Blick fiel auf die lange nicht gesehenen und doch so vertrauten Schilder auf dem Highway. Die Ortsnamen, die Autokennzeichen, die weißen Einsatzwagen der Polizei, die riesigen Trucks - alles war wie früher, und es kam ihr vor, als sei sie nie fortgewesen. Clare Simonson fing im Rückspiegel Katjas Blick auf. „Na? Fühlst du dich hier immer noch zu Hause? Oder ist dir alles fremd geworden?“
„O nein, im Gegenteil. Es ist ein irres Gefühl, wieder hier zu sein!“ beteuerte Katja. „Ich hatte so Heimweh nach Kanada. Wenn ich erwachsen bin, werde ich für immer hierbleiben, das weiß ich sicher.“
Clare Simonson bog vom Highway ab in eine Nebenstraße, die geradewegs in die Wildnis hineinführte. Hohe Schneewände säumten sie. Anders als mit einem Geländewagen hätte man die Strecke sicher nicht bewältigen können. Wie verzaubert war die Landschaft ringsherum; Eis und Schnee hatten Bäume und Sträucher zu bizarren Skulpturen geformt. Einmal erinnerten sie an eingeschneite Tier- und Menschengestalten, an verborgene Riesen, Hexen und Dämonen, dann wieder an einen Märchengarten aus Eisblumen oder an blütenbesetzte Spitzenschleier. Hin und wieder öffnete sich der Wald und gab den Blick frei auf die weite Fläche eines zugefrorenen, schneebedeckten Sees,
Die Sonne begann schon zu sinken, als Bob Simonson erwachte und sich die Augen rieb. Er sah sich um. Auch Katja waren inzwischen über dem Schauen die Augenlider schwer geworden, und sie war eingeschlafen.
„Aufwachen, Susan!“ riß Bob die drei aus ihren Träumen. „Du willst Katja doch deine Überraschung zeigen!“
Die Mädchen fuhren aus dem Schlaf hoch.
„He! Wir sind ja schon fast da!“ rief Susan überrascht aus. „Mum, du fährst doch zuerst zu... na, du weißt schon.“
„Selbstverständlich!“ versprach die Mutter und bog nach links in eine noch schmalere Straße ein, die an einem Seeufer endete. „So, alles aussteigen!“
Susan war mit einem Satz aus dem Auto gesprungen und streckte ihre Hand nach Katja aus. Als die Freundin neben ihr stand, faßte sie sie am Arm und kommandierte: „Augen zu!“
Katja kicherte. „Was soll denn das werden?“
„Wirst du gleich sehn.“ Susan führte sie ein paar Meter zu einer metallenen Tafel, die direkt am Seeufer an einem Pfosten angebracht war. „Und jetzt kannst du die Augen aufmachen!“
Katja gehorchte. Verwundert las sie die Aufschrift. „Susan Simonson Lake. Was bedeutet das?“
„Ich habe diesen See getauft, und nun trägt er meinen Namen“, erklärte Susan stolz.
„Das ist nämlich so“, erklärte Bob Simonson seinem Gast aus Deutschland. „Hier in Ontario gibt es eine Menge Seen, die versteckt in der Wildnis liegen und noch keinen Namen haben. An diesem See habe ich eine Ferienhaussiedlung gebaut. Etwas ganz Besonderes, anders, als normale Siedlungen hier sonst sind. Und Susan hat unserem See den Namen geben dürfen. Abgekürzt nennen wir ihn natürlich Lake Susan.“
Katja staunte. „Dann gehört das Ferienhaus, zu dem wir jetzt fahren, also zu Ihrer neuen Siedlung?“
„So ist es. Und wenn wir uns nicht beeilen, wird es dunkel sein, bis wir hinkommen.“
Eilig kletterten sie wieder in den Wagen, und Bob Simonson fuhr die Strecke zurück, die sie eben gekommen waren. Ein Stück weit folgten sie noch der Hauptstraße, dann ging es über eine schmale, in den Schnee gefräste Schneise an einer anderen Stelle des Ufers wieder zum See hinunter. An dieser Seite zog sich der Wald bis ans Ufer. Weit und breit konnte Katja kein Haus entdecken. Wo sollte hier eine Ferienhaussiedlung sein?
Nun hielt Bob Simonson an. Seine Frau und die beiden Mädchen sprangen aus dem Wagen und begannen, große Mengen von Gepäck auszuladen.
„Was ist, Katja? Wir sind da!“ rief Carol.
Katja stieg aus und sah sich ratlos um. Schließlich nahm sie ihr Gepäck und folgte den anderen, die einen schmalen Pfad zwischen den Bäumen hinaufstiegen. Vorneweg ging Bob Simonson, mit einem Rucksack und zwei großen Koffern bepackt. Clare Simonson folgte ihm mit Körben voller Lebensmittel. Hinter ihr gingen Susan und Carol, ebenso mit Koffern und Tüten bepackt, so daß Katja nicht erkennen konnte, wohin der Weg führte.
Plötzlich blieb die Karawane stehen. Ein Schlüssel wurde in einem Schloß gedreht, eine Tür öffnete sich knarrend. Gepäck wurde auf einem Steinboden abgesetzt. Die Mädchen vor ihr setzten sich wieder in Bewegung, und nun sah auch
Weitere Kostenlose Bücher