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Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge

Titel: Mit Blick aufs Meer - Mit Blick aufs Meer - Olive Kitteridge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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Champignons waren köstlich gewesen, und die Kellner hatten ihnen den ganzen Abend unter höflichen Verbeugungen Wasser nachgeschenkt, ehe ihre Gläser auch nur zur Hälfte geleert waren.
    Noch tröstlicher war für Olive und Henry aber, dass es Bill und Bunny mit ihrem Nachwuchs fast schlimmer erging als ihnen. Beide Paare hatten nur ein Kind, und Karen Newton, da waren sich die Kitteridges insgeheim einig, kränkte ihre
Eltern auf ganz besondere Art. Dabei wohnte Karen gleich neben Bill und Bunny, und die beiden hatten sie und ihre Familie ständig um sich. Letztes Jahr hatte Karen eine kurze Affäre mit einem Mann gehabt, der für Midcoast Power arbeitete, war aber letztlich doch bei ihrem Ehemann geblieben. Schon das beunruhigte die Newtons natürlich hochgradig, auch wenn sie Eddie, ihren Schwiegersohn, nicht sonderlich mochten.
    Und obwohl es für die Kitteridges wirklich ein furchtbarer Schlag gewesen war, dass Christophers herrschsüchtige neue Frau ihn so holterdipolter zum Wegziehen zwang, wo sie doch fest davon ausgegangen waren, dass er ganz in ihrer Nähe wohnen und seine Kinder hier großziehen würde (Olive hatte sich zusammen mit ihren künftigen Enkeln schon Blumenzwiebeln einpflanzen sehen) - obwohl es auf jeden Fall ein Schlag gewesen war, sich von diesem Traum verabschieden zu müssen, hatte die Tatsache, dass Bills und Bunnys Enkel gleich nebenan wohnten und die Enkelkinder garstig zu ihnen waren, uneingestanden doch etwas Wohltuendes für die Kitteridges. Erst letzte Woche, so erzählten die Newtons ihnen, hatte ihr Enkelsohn zu Bunny gesagt: »Nur weil du meine Oma bist, muss ich dich ja schließlich nicht mögen!« Es war entsetzlich - wer würde je auf so etwas kommen? In Bunnys Augen schimmerte es feucht, als sie es erzählte. Olive und Henry taten, was sie konnten, schüttelten den Kopf, sagten, wie schändlich es von Eddie war, dass er den Kindern unter dem Deckmantel »freier Entfaltung« beibrachte, solche Dinge zu sagen.
    »Na ja, ganz unschuldig ist Karen schon auch nicht«, sagte Bill ernst, und Olive und Henry murmelten, gut, ja, das stimme natürlich.
    »Ach, Mann«, sagte Bunny und schnäuzte sich. »Wie man es macht, macht man’s verkehrt.«

    »Trotzdem«, sagte Henry. »Man muss einfach sein Bestes tun.«
    Wie denn die Kalifornien-Fraktion drauf sei, erkundigte Bill sich.
    »Muffig«, sagte Olive. »Muffig wie nur was, als wir letzte Woche angerufen haben. Ich hab schon zu Henry gesagt, dann lassen wir es eben in Zukunft. Dann warten wir eben, bis sie irgendwann geruhen, mit uns zu reden.«
    »Wie man es macht, macht man’s verkehrt«, sagte Bunny noch einmal. »Selbst wenn man sein Bestes tut.« Aber sie hatten darüber lachen können, als wäre es auf seine traurige Weise doch wieder lustig.
    »Es geht eben nichts über die Probleme anderer Leute«, waren sich Olive und Bunny einig gewesen, als sie auf dem Parkplatz ihre Strickjacken anzogen.
    Es war kalt im Auto. Henry bot ihr an, die Heizung einzuschalten, aber Olive wollte nicht. Sie fuhren durch die Schwärze, aus der nur ab und zu die Scheinwerfer eines entgegenkommenden Autos blendeten, ehe die Straße wieder in Dunkel getaucht lag. »Furchtbar, was dieser Junge zu Bunny gesagt hat«, bemerkte Olive, und Henry sagte, ja, furchtbar. Nach einer Weile sagte Henry: »Von Karen ist das aber auch ziemlich schwach.« »Ja«, sagte Olive, »ziemlich.« Aber das bekannte Grummeln und Rumoren in ihrem Bauch steigerte sich allmählich zu einem wilden Gebrodel, und Olive wurde immer unruhiger. »Gott«, sagte sie, als die Ampel an der Brücke, bei der es nach Maisy Mills hineinging, auf Rot sprang. »Mich zerreißt’s wirklich gleich.«
    »Hmm, ich weiß auch nicht«, sagte Henry und beugte sich zur Windschutzscheibe vor. »Die Tankstellen sind alle am anderen Ende der Stadt, und wer weiß, ob sie so spät überhaupt noch offen haben. Kannst du’s dir nicht noch ein bisschen verkneifen? In einer Viertelstunde sind wir daheim.«

    »Unmöglich«, sagte Olive, »was meinst du, was ich schon die ganze Zeit mache.«
    »Dann …«
    »Grün, fahr . Bieg zum Krankenhaus ab. Da wird es ja wohl ein Klo geben.«
    »Zum Krankenhaus? Ollie, ich weiß nicht.«
    »Fahr zum Krankenhaus, Himmelherrgott.« Und sie fügte hinzu: »Ich bin da zur Welt gekommen. Dann kann ich ja vielleicht dieses eine Mal da aufs Klo gehen.«
    Da, auf der Hügelkuppe, lag das Krankenhaus, seit damals um einen neuen Flügel erweitert. Henry fuhr in die Einfahrt und

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