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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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lächerlich gering ohne einen Apparat, wie ihn die Polizei besaß.
    Der Schnee knirschte unter seinen Füßen. Ich mach es wie Sherlock Holmes. Stachelmann lachte leise. Und Herr Pintus wird hiermit gestrichen von der Liste der Tatverdächtigen.
    Die Hoteltür war nicht abgeschlossen. Drinnen schlug ihm Wärme entgegen. Die Rezeption schien unbesetzt. Stachelmann stieg die Treppe hoch und schloss die Tür seines Zimmers auf. Er roch es sofort. Es war Zigarettenrauch. In seinem Zimmer war jemand gewesen, einer, der rauchte. Er schaute sich um. Das Bett war aufgeschlagen. Stachelmann war sich sicher, dass es zugedeckt war, als er das Zimmer verließ. Das Zimmermädchen hatte nicht geraucht. Er rannte die Treppe hinunter zum Empfang. Der war immer noch nicht besetzt. Auf dem Tresen stand eine Glocke, Stachelmann schlug darauf, zweimal, dreimal. Während er dies tat, verstand er, dass es wohl sinnlos war. Dann erschien aus einem Hinterzimmer ein Mann mit verschlafenem Gesicht. »Ja bitte?«
    »War irgendjemand in meinem Zimmer?«
    »Ja, das Zimmermädchen heute Vormittag.«
    »Sonst jemand, am Nachmittag bis jetzt?«
    »Nicht dass ich wüsste.« Der Mann schaute ihn verwundert an.
    »Sie stehen in der Regel nicht hinterm Tresen.«
    »Nein, ich versuche zu schlafen. Mein Kollege von der Nachtschicht ist krank, ich schiebe Dienst rund um die Uhr.«
    Stachelmann dankte und stieg die Treppe hoch. In seinem Zimmer legte er sich aufs Bett und grübelte. Es war wahrscheinlich, dass der Eindringling im Hotel und zu Hause dieselbe Person war. Er wurde also verfolgt. Er staunte, diese Einsicht überraschte ihn nicht. Aber was will der Verfolger? Aufpassen, dass Stachelmann nicht zu viel aufklärte? Bisher hatte er nichts herausgefunden, und es sprach wenig dafür, dass sich das änderte. Er erinnerte sich an die Musik. Auch das aufgeschlagene Bett war ein Signal. Es bedeutete, ich habe dich in der Hand. Ich mache, was ich will. Und wenn es an der Zeit ist, bringe ich dich um. Stachelmann wusste, dass er die Zeichen so verstehen sollte. Aber dieses Wissen verkleinerte seine Angst nicht.
    ***
    Im Wintersemester 1983/84 belegte er sieben Veranstaltungen. »Du bist verrückt«, sagte ein Kommilitone, als Griesbach es erzählte. Aber Griesbach war nicht verrückt, er wollte Margarete nicht enttäuschen. Er fieberte ihren Treffs entgegen. Margarete mochte ihn, das zeigte sie.
    Beim letzten Abschied hatte sie ihm die Wange gestreichelt, das zählte mehr als die flüchtigen Umarmungen, sie hatte auch Heinz umarmt. Doch sie achtete auf Abstand. Er berichtete ihr über Studenten und Lehrkräfte, bei denen Heinz und Margarete es versuchen sollten. »Du machst es schon ganz gut. Aber du musst noch genauer hinschauen«, sagte Margarete. »Menschenkenntnis ist die halbe Miete. Menschenkenntnis kann man lernen.« So versuchte er Menschenkenntnis zu lernen. Er beobachtete genauer, wartete, bis er Schlüsse zog. Beachtete seine Zweifel.
    Bei einem Tutor am Institut war Griesbach sich sicher. Dieser Schmidtbauer hatte offen Sympathien für die DDR bekannt.
    Dort profitiere niemand von der Aufrüstung. Und hatte Honecker Atomraketen nicht Teufelszeug genannt, auch die sowjetischen? Und alte Nazis gab es dort auch nicht. Mit der Demokratie, die dieser Staat im Namen trage, sei es aber nicht weit her. Margarete hatte gesagt, Kommunisten brauchten sie nicht, die kämen nicht weit. Der Tutor war kein Kommunist. Nach einigen Seminarsitzungen, an denen Schmidtbauer teilgenommen hatte, gab Griesbach Margarete einen Tipp. Sie hörte zu, stellte wenige Fragen, und er merkte, sie war zufrieden. Diesmal hatte er gut gearbeitet.
    »Die Sache ist jetzt für dich erledigt. Frag nicht nach«, sagte Margarete.
    Sie sahen sich etwa alle vier Wochen. Margarete rief kurz vorher an, um festzustellen, ob er da war, dann kam sie. Sie blieb nie lange. Einmal fasste er den Mut, sie zum Essen einzuladen. Sie strahlte ihn an und sagte, das dürfe sie nicht annehmen. Beim Abschied hielt sie ihn etwas länger im Arm.
    Er nahm sich vor, die Zwischenprüfung schon im Anschluss an das dritte Semester abzulegen. Bis dahin hatte er mehr Scheine gesammelt, als er brauchte. Vielleicht würde es ihm gelingen, Tutor zu werden wie dieser Schmidtbauer, den er nun genauer beobachtete. Vielleicht sah er ihm etwas an, das zeigte, ob die Anwerbung gelungen war. Aber Schmidtbauer ließ sich nichts anmerken.
    Vielleicht hatte es nicht geklappt. Einmal hätte er aus Neugier fast Margarete

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