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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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nicht«, sagte Pintus. »Wenn Sie diesen Zakowski für einen Spitzel halten, weil er nicht erwischt wurde, dann kann das auf die falsche Fährte führen. Denn dumm war die Staatssicherheit nicht.«
    »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Wahrscheinlich ist es eine Phantomspur. Aber ich habe keine Wahl.«
    »Wenn Sie alle aufsuchen, die mit diesen Geschichten zu tun hatten, dann stehen Sie eines Tages vor dem Mörder. Es sei denn, Griesbach wurde aus ganz anderen Gründen umgebracht.
    Aber das schließen Sie ja anscheinend aus.«
    »Keineswegs.« Das Gespräch begann ihn zu verwirren. Was Pintus sagte, stieß Stachelmann auf seine Ratlosigkeit. Ich beneide alle, die im Dunkeln tappen, die wissen wenigstens, wo sie sind. Aber was hilft’s, du musst weiterfragen. »Wo hat man Sie erwischt?«
    »In Varna, im Hotel. Am Empfang hatte mir ein Hotelbediensteter einen Umschlag ausgehändigt. Damit bin ich auf mein Zimmer gegangen, ich wusste, was im Umschlag war. Bevor ich es auspacken konnte, klopfte es an der Tür. Da standen drei Männer, zwei zeigten mir Ausweise, mit denen ich nichts anfangen konnte, der dritte stellte sich vor als Mitarbeiter der Stasi. Sie verhafteten mich. Später stellte sich heraus, die beiden anderen waren vom bulgarischen Geheimdienst. Die brachten mich in ein Gefängnis, und bei der ersten Vernehmung zeigten sie mir, was im Umschlag gewesen war. Ein bundesdeutscher Pass mit bulgarischem Einreisevisum, ein Flugschein nach Frankfurt am Main und fünfhundert Westmark.«
    »Das können die doch in den Umschlag getan haben.«
    Pintus lachte. »Nein, das war, was mir dieser Kurier versprochen hatte.«
    »Und wer hat die Geheimpolizei geholt?«
    »Es kommt jeder in Frage, der von der Sache wusste.«
    »Und das Hotelpersonal. Ich glaube, in diesen Touristenhotels war das Personal von Spitzeln durchsetzt. Die haben wohl alles untersucht, was ihnen in die Finger kam.«
    »Gewiss, aber finden Sie nicht, dass eine Fluchthilfeorganisation das wissen muss? Wenn die diese Dokumente einfach einem Hotelbediensteten in die Hand drücken, dann ist es doch fast so, als würden sie die Papiere der Geheimpolizei schicken. Was glauben Sie, ich habe das alles tausendmal bedacht. Ich war so dicht davor. Ich bin sicher, die Papiere waren so gut, dass ich als Bundesbürger abgeflogen wäre. Niemand wüsste lieber als ich, warum es schief gegangen ist.«
    »Haben Sie den Kurier später noch einmal gesehen?«
    »Nein, warum?«
    »Hatten Sie nicht Rachegedanken?«
    Pintus lächelte. »Natürlich hatte ich die. Aber nie die Absicht, sie zu verwirklichen. Und wenn ich es gewollt hätte, wen hätte ich umbringen sollen? Diesen Wolf Griesbach? Den kannte ich doch gar nicht.«
    »Aber er war vielleicht so etwas wie der Kopf der Fluchthelfer?«
    »Mag sein, aber woher soll ich das wissen? Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, aber ich fürchte, da sind Sie auf dem Holzweg.«
    Sie unterhielten sich noch über Pintus’ Karriere bei einem Elektronikriesen in München und warum es ihn an die Bergstraße verschlagen hatte. »Die Familie meiner Frau stammt von hier. So habe ich an diesem Fleck so etwas wie eine Heimat.«
    Es war schon dunkel, als Stachelmann sich verabschiedete. Auf dem Weg zum Hotel überlegte er, ob er alle Fragen gestellt und ob er nicht etwas Wichtiges überhört hatte. Vielleicht hast du dich einlullen lassen von der Freundlichkeit dieses Herrn Pintus. Er unterdrückte die Sympathie für den Mann und bedachte, was dafür sprechen konnte, dass der ein Mörder war. Aber er fand nichts. Es sei denn, Pintus hätte zum Beispiel nach seinem Freikauf Zakowski gefunden, und der hätte gesagt, Griesbach sei der Verräter, woraufhin Pintus Griesbach umgebracht hätte. Eine wilde Konstruktion. Natürlich, es gab Konstruktionen, die sich als Wahrheit entpuppten, aber das waren Ausnahmen. Und wenn es sich im Fall Pintus um eine Ausnahme handelte? Warum sollte Pintus nicht trotzdem Zakowski für einen Verräter halten? Griesbach kannte er nicht. Und es liegt auf der Hand, dass Zakowski lieber log, als sich umbringen zu lassen. Er bewegte die Gedanken in seinem Kopf und fand kein Ergebnis. Es hatte keinen Sinn, Kombinationen anzustellen, wenn einem nur ein Bruchteil der Tatsachen bekannt war. Es blieb der Eindruck, den Stachelmann gewonnen hatte von Pintus. Stachelmann wusste, Kriminalisten durften sich nicht auf einen Eindruck verlassen. Aber er war kein Kriminalist, und seine Möglichkeiten, den Mörder zu finden, waren

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