Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
Vom Netzwerk:
dringend auf seinen Rückruf, sie sei schon ganz scharf, in einer dritten baten nigerianische Geschäftsleute darum, auf seinem Konto ein paar Millionen Dollar parken zu dürfen. Die vierte Mail von einem Absender mit kryptischem Namen beförderte einen Anhang, der wahrscheinlich ein Virus verbarg. Stachelmann löschte alle Mails.
    Dann nahm er sich die Namensliste vor, die er an der Universität ausgedruckt hatte. Einen Pintus, Adolf, gab es in Passau, einen Bernhard in Flensburg, einen Edgar in Thüringen, einen oder eine H. in Viersen, einen Manfred in Weinheim an der Bergstraße, einen Otto in Hamburg-Volksdorf und einen oder eine Z. bei Stuttgart. »Gut verteilt«, murmelte Stachelmann. Er druckte das Ergebnis aus. Als er die erste Nummer wählen wollte, klingelte das Telefon. Es war Anne.
    »So, nun ist Ruhe«, sagte sie. »Wenn er mal schläft, dann schläft er. Ich habe ihm noch eine Geschichte von Onkel Josef erzählt, da ist er sofort eingepennt. Du weißt gar nicht, was für eine beruhigende Wirkung du auf andere Menschen hast.«
    Stachelmann berichtete.
    »Komm zu uns«, sagte Anne. »Dann lernt der Kleine endlich den Onkel kennen, dem er seinen guten Schlaf verdankt.«
    »Ich fühle mich jetzt wieder sicher.« Das war übertrieben. »Ich fürchte, dass der Irre mir folgen würde, wenn ich zu dir käme.«
    »Dann sagen wir Buh und lassen Felix auf ihn los. Der vertreibt jeden, sogar dich.«
    »Vertreiben kann man Leute nur von Orten, an denen sie sind.«
    »Beckmesser. Die Einladung gilt, musst nur kurz vorher anrufen. Und vor Leuten, die Kuhkacke verschicken, hatten wir noch nie Angst. Die bewerfen wir mit Windeln, gebrauchten natürlich.«
    Er bedankte sich und wusste, er hatte zu schwache Worte gefunden für die Wärme, die sie gab. Stachelmann spürte die Erschöpfung. Es war ohnehin zu spät, um zu telefonieren. Er legte sich ins Bett und versuchte zu schlafen, er war jetzt ruhiger. Kurz bevor ihm die Augen zufielen, dachte er an seine Liste. Einer von den sieben konnte es sein. Wenn er es wüsste, wäre der Wahn zu Ende. Aber wenn er es nicht herausbekam?
    Als er aufwachte, schien die Sonne. Er fühlte sich gut, die Schmerzen waren fast verschwunden. Er streckte sich, dann stand er auf. Er ließ sich Zeit für das Frühstück und blätterte dabei in den Lübecker Nachrichten. Dann nahm er die Pintus-Liste und wählte die erste Nummer. Das fängt gut an, dachte er, als Adolf Pintus nicht abhob. Bei Bernhard in Flensburg war besetzt, H. in Viersen erwies sich als eine Frau, die sich gern weiter mit ihm unterhalten hätte. Nein, sie kenne leider keinen Pintus, der aus dem Osten stamme. Ihre Familie habe immer im Rheinland gelebt, auch die ihres Mannes, der bei Mannesmann in Düsseldorf Abteilungsleiter gewesen sei. Damals, als die noch Röhren in alle Welt lieferten, sogar in die Sowjetunion, aber die gebe es ja nicht mehr. Und die Röhren auch nicht, aus denen seien nun Handys geworden, und die Firma heiße längst nicht mehr Mannesmann, sondern Vodafone, komischer Name, und dafür habe sich der Herr Esser reich belohnen lassen. »Wenn das mal mit rechten Dingen zuging.« Als es ihm gelungen war, das Gespräch einigermaßen höflich zu beenden, schnaufte Stachelmann, dann wählte er die nächste Nummer. Es klingelte lange, und als Stachelmann auflegen wollte, klickte es. Es war ein Mann. Nein, Otto Pintus sei vorige Woche gestorben. Nein, sie hätten keine Verwandtschaft in Ostdeutschland. Nein, er sei nicht der Sohn, nur ein Neffe. Z., der Zacharias hieß, besaß ebenso wenig Verwandte im Osten, Manfred war nicht zu Hause. Stachelmann strich die Namen der Leute durch, mit denen er gesprochen hatte. Es ist das Sherlock-Holmes-Prinzip, man streiche alle, die nicht in Frage kommen. Wer übrig bleibt, ist der Mörder. Manfred war es vielleicht, hatte Pawelczyk nicht diesen Vornamen erwähnt, Herbert, Hermann, vielleicht auch Manfred.
    Er überlegte, was er tun könne, es fiel ihm nichts ein. Stachelmann entschied sich für einen Bummel durch die Stadt. Er riss sich ein Haar aus und klemmte es in die Wohnungstür, dann schloss er sie zweifach ab. Den Trick mit dem Haar hatte er in einem Film gesehen.
    Als er auf der Straße stand, packte ihn ein eisiger Wind, Schneeflocken tanzten über dem Kopfsteinpflaster. Über der Trave stritten sich Möwen. Er ging in Richtung Marktplatz und ärgerte sich einmal mehr über den grellen Anstrich des Rathauses und die kitschig vergoldeten Wappen an der Fassade. Er

Weitere Kostenlose Bücher