Mit Chic Charme und Chanel
übrigens, ich liebe dich, ergänzte ich still. »Äh, ich ruf’ dich später an.«
»Zum Telefonsex.« Alex nickte todernst. »Vergiss nicht, dass du drei Stunden später dran bist als ich.«
»Nun, du stehst doch ohnehin immer drei Stunden später auf als ich.« Ich nickte Jenny zu, damit sie ein vorbeikommendes Taxi anhielt.
»Dann könnte das für uns das perfekte Timing sein.« Alex reichte mir meine abgeschabte Reisetasche aus Leder. Die neben meiner (seufz, so hübschen) Marc-Jacobs-Handtasche wirklich erbärmlich aussah.Vielleicht würde sie in L.A. einen neuen Freund bekommen.
»Wir könnten das erste Paar mit einer funktionierenden Fernbeziehung sein.«
»Ja, wie auch immer.« Ich versuchte zu lachen. Vertrau einem Jungen, der, kurz bevor du ins Flugzeug steigst, was Blödes sagt. Mein Gott, ich sollte es einfach loswerden. »Alex?«
»Angela?«
»Ich … ich …« Ich sprach nicht weiter, obwohl ich nicht wusste, worauf ich eigentlich wartete. Alex zitterte erwartungsvoll, sein Atem dampfte zwischen uns, die Hände hatte er in den Taschen seiner Jeans vergraben.
»Dann also bis nächsten Montag. Gewöhne dich nicht allzu sehr ans Alleinsein.«
Schön gekniffen, Glückwunsch! Ich war doch wirklich ein Paradebeispiel für eine starke, moderne Frau.
»Du bist doch nur eine Woche lang weg. Das werde ich wohl überleben.« Alex küsste meine eiskalte Nase und schloss die Tür. »Und noch dazu mit Telefonsex.«
»Tschüs, Alex.« Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich.
»Dann hast du das mit dem Telefonsex doch noch nicht abgehakt?«, fragte Jenny, als wir losfuhren.
»Sei still«, erwiderte ich freundlich und verfolgte, wie unser Wohnhaus – und Alex – aus meinem Blickfeld verschwanden.
Von der Sekunde an, als wir das Flughafengebäude verließen, war absolut klar, dass Kalifornien und New York sich nicht miteinander vergleichen ließen. Auf dem Weg über die Autobahn fiel es mir schwer zu glauben, dass wir uns noch im selben Land befanden. Die Stadt war weitläufig, die Autos fuhren mit offenem Verdeck, und die Wolkenkratzer der Innenstadt glitzerten in der Ferne, ohne ständig bedrückend über uns aufzuragen und uns die Sonne zu nehmen.
Da hatte ich im Sommer über die dampfende Luft in New York geschimpft und gestöhnt, war dann eines Morgens aufgewacht, und er war vorbei. Das Wetter foppte mich ein paar milde Herbstwochen lang, bestens geeignet, um Strickjacken auszuführen, ehe es sich entschloss, in einen Winter umzuschlagen, bei dem einem die Nase einfror, wenn man einatmete. Was nicht heißen soll, dass New York nicht sämtliche Register zog, um mich für sich einzunehmen – die Läden waren bald gefüllt mit schicken Pullovern, schmeichelhaft blickdichten Strumpfhosen und jeder Menge köstlicher heißer Schokolade -, aber Weihnachten, nachdem ich zweimal eingeschneit gewesen war und ein Paar Wildlederstiefel an einen unvorhergesehenen Schneesturm verloren hatte, lechzte ich nach ein wenig Sonnenschein. Und da war er. Hatte sich die ganze Zeit in L.A. versteckt.
»O mein Gott«, ich blinzelte einmal. Zweimal.
»Ich weiß«, Jenny tätschelte beruhigend meinen Rücken.
»Aber die Sonne scheint.« Ich blickte hoch in den klaren blauen Himmel.
»Ich weiß.« Jenny seufzte.
»Und das im März?«
»Können wir bitte einfach still sein?«
»Sieh doch, Jenny!« Ich drückte meine Nase an der Scheibe des Taxis platt und verfolgte, wie eine Reklametafel und ein Fast-Food-Restaurant nach dem anderen vorbeiflitzten. Wenigstens fuhren die Taxifahrer auch hier wie die Irren – London, New York, L.A., überall das Gleiche. Das war seltsam beruhigend.
»Ja«, murmelte Jenny und frischte ihr Make-up auf. Ein wenig Touche Eclat, ein wenig Bräunungsmittel und Lipgloss und ta-tam, sie sah perfekt aus.
Ich vermied sogar jegliche Konfrontation mit meiner Spiegelung in der Autoscheibe. Obwohl ich den Flug dazu verwendet hatte, mein Gesicht zu reinigen und mehrmals mit Feuchtigkeit zu versorgen, wusste ich, dass ich beschissen aussah. Meine Haut fühlte sich an wie Sandpapier, und mein Haar hing schlapp und leblos um meine Wangen. Was mich jedoch besonders ärgerte, war die Tatsache, dass Jenny drei Stunden lang nichts anderes getan hatte, als ans Fenster gelehnt eine halbe Serie von America’s Next Top Model anzuschauen und dabei so viele Gläser kostenlosen Wein zu trinken, wie man ihr zu geben bereit war. Dabei schlug sie meine gelegentlichen Versuche aus, sie
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