Mit Chic Charme und Chanel
Typen eingegangen und hatte das Geld vermutlich nicht mehr nötig. Und heute verdient sie als Stylistin gutes Geld, also...« Jenny sprach den Satz nicht zu Ende.
»Würdest du denn lieber wieder hier leben?«, fragte ich gegen meinen Willen. Sie war meine Jenny, meine »hier komme ich«-New Yorkerin Jenny, nicht Daphnes Privattänzerin aus L. A.
»Das ist jetzt alles anders, es ist so lang her. Ich bin keine zweiundzwanzig mehr, alles hat sich verändert.« Sie lächelte zaghaft. »Aber es ist schön, wieder im Sonnenschein draußen zu sein. Ich weiß nicht, aber mich zieht es nicht mehr zu denselben Sachen hin, die mir bei meinem letzten Aufenthalt hier so viel bedeutet haben. Ich weiß nicht mehr, was ich will.«
»Das findest du sicher heraus«, sagte ich und gab vor, ihre Verunsicherung nicht zu bemerken. »Das tust du doch immer.«
»Ja.« Jenny zog ihren leuchtend gelben Miu-Miu-Schuh hervor. Er war in jeglicher Hinsicht ein echter Hingucker. »Ich finde es immer heraus, nicht wahr?«
»Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass du ein so verrücktes Leben geführt hast.« Jenny erstaunte mich immer wieder. Sie war eine Ausnahmeerscheinung unter allen Leuten, die ich kannte. Egal, wie viel Zeit wir miteinander verbrachten oder wie lange wir quatschten, irgendwie überraschte sie mich jeden Tag aufs Neue. An einigen Tagen war es nur mit einer Packung Erdnussbutter-M&Ms, an anderen
mit der Tatsache, dass sie eine Burlesque-Tänzerin war und ihre Freundin sich als Edelnutte ihr Geld verdiente. »Aber wie hältst du es aus, jeden Tag hinter diesem Empfangstresen zu stehen, ohne verrückt zu werden?«
»Ich weiß es nicht.« Sie zog ein paar Locken aus ihrem Pferdeschwanz und hielt sie sich vors Gesicht, um sie auf Splissenden zu überprüfen. »Erst hat es sicherlich an Jeff gelegen, dass ich eine Weile abgelenkt war, aber manchmal, ja.«
Wir aßen ein paar Minuten lang schweigend weiter, Jenny, indem sie sich auf ihren Salat konzentrierte, ich, indem mir schmerzlich bewusst war, dass der Kellner mir die Frage verübelte, ob es zu den Krabbentörtchen Pommes gab. Gab es nicht.
»Was wirst du denn jetzt mit James machen?«, fragte Jenny schließlich.
»Wie meinst du das?« Ich versuchte ihr auszuweichen, weil ich die Antwort selbst nicht wusste.
»Ich finde, wenn dein Freund ohnehin schon glaubt, du würdest mit einem superheißen Typen schlafen, der so eindeutig auf dich abfährt, dann könntest du es auch tun«, überlegte sie laut.
»Er fährt nicht eindeutig auf mich ab«, erwiderte ich ernsthaft, aber ich konnte mir ein kleines heimliches Lächeln nicht verkneifen, als ich mir überlegte, dass er es womöglich doch tat.
»Nur weil er uns erlaubt hat, in ein paar Läden auf seine Kosten einzukaufen. Für ihn ist das doch eine Kleinigkeit, Jenny; das ist, als würdest du einem Freund erlauben, in einem leeren Zimmer des Hotels zu pennen. Eine Vergünstigung, die der Job mit sich bringt.«
»An diese Art von Vergünstigungen könnte ich mich absolut gewöhnen.« Sie hielt erneut ihren Schuh hoch.
»Aber Süße, eins sag’ ich dir, nach allem, was ich gestern Nacht gesehen habe: Er steht auf dich.«
»Nein, das tut er nicht, und selbst wenn, was ja nicht der Fall ist...« Ich angelte in meiner Handtasche nach meiner Brieftasche. Verdammte Ausgaben, das ging auf meine Spesenkreditkarte, »… ich wäre nicht interessiert.«
»Doch, das wärst du. Wenn du keinen Freund hättest«, sagte Jenny und mopste sich ein kleines Stück Krabbentörtchen von meinem Teller.
Ich überlegte mir meine Antwort sehr genau, weil ich wusste, dass sie an alles andocken würde, was ich sagte. »Wenn ich keinen Freund hätte und nicht arbeiten würde und er nicht dieser unglaubliche Schauspieler wäre. Dann vielleicht.«
»O mein Gott, du bist doch total scharf auf ihn.« Jenny klatschte in die Hände. »Ich wusste es! Es war mir schon gestern Abend sonnenklar. Angie, wie oft kriegst du schon eine Chance wie diese? Wie oft kriegt überhaupt jemand eine solche Chance?«
»Darauf kommt es nicht an.« Ich errötete von meinen Wangen bis zu meinen Zehen. »Und es kommt auch nicht darauf an, wie heiß er ist oder ob er auf mich steht. Es ist einfach nur Arbeit. Selbst wenn es jetzt nicht den Anschein macht, es ist Arbeit.«
»Du hast das mit dem ›ich habe bereits einen Freund‹ vergessen.« Jenny zog eine Braue hoch. »Ich hätte nämlich gedacht, dass Alex schon Grund genug wäre. Das ist interessant.«
»Nein, es
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