Mit Chic Charme und Chanel
ehrlich, Mary, Sie sind doch im Mediengeschäft. Wieso glauben Sie dem Internet mehr als mir?« Ich war entschlossen, nicht zu heulen. Nicht hier.
»Ich habe vor langer Zeit gelernt, nicht alles zu glauben, was ich lese.« Mary gab ein wenig nach. »Aber es kommt nicht auf das an, was ich glaube. Den Leuten ist es egal, was wahr ist und was nicht; sie wollen einfach nur unterhalten werden, und da kommt es darauf an, wer die beste Story zu bieten hat. Und Ihr Interview mit James ist nicht mehr die beste Story. Das sind Sie.«
»Ich bin keine Story«, sagte ich leise, »ich bin nur ich selbst.«
»Nun, dann werde ich Ihnen mal erzählen, was der Verleger mir mitgeteilt hat«, fuhr sie fort. »Und rasten Sie jetzt bitte nicht bei mir aus. Folgendes: Der Blog wird für ein paar Tage gestoppt. Wir nehmen ihn nicht aus dem Netz, aber wir müssen entscheiden, welche Richtung wir einschlagen wollen.«
»Ich verstehe nicht, Richtung?« Manchmal stand ich ziemlich auf der Leitung. »Es ist doch nur mein Blog. Mein Tagebuch.«
»Das ist es«, stimmte Mary mir zu. »Aber seit gestern wird dieser Blog unglaublich massiv angeklickt, weil die neuen Leser offensichtlich gierig sind, alle Details über Sie und James zu erfahren. Doch die Verleger sind nicht bereit, das kostenlos ins Netz zu stellen.«
»Und es gibt auch keine Details«, sagte ich.
»Okay, Pollyanna, sind Sie jetzt fertig?« Sie wartete nicht auf eine Antwort. »Die Verleger wollen Ihre Exklusivgeschichte – entweder Sie und James oder nur Sie in der nächsten Wochenausgabe von Icon – und dann möchte man Ihrem Blog eine neue Richtung geben, damit er zu Ihrem neuen … Status passt.«
»Aber Mary, so ist es doch gar nicht.« Das konnte nicht wahr sein.
»Das ist das beste Angebot, das Sie kriegen können, Angela«, sagte Mary. »Wenn Sie nicht mitspielen, sind Sie draußen.«
»Was soll ich denn tun? Es ist nicht wahr. Und was ist mit Alex? Ich muss erst mit ihm ins Reine kommen, Mary, und das wird mir wohl kaum gelingen, wenn ich in einer Zeitschrift in schonungsloser Offenheit meine Liebe zu James erkläre.«
»Und wie wollen Sie mit ihm ins Reine kommen, wenn Sie in England sitzen?«, konterte Mary, »denn wenn Sie Ihren
Job hier verlieren, verlieren Sie auch Ihr Visum, das wissen Sie.«
»Wollen Sie mich erpressen?«
»Liebe Angela.« Mary seufzte. »Das ist kein Spiel. Wenn Sie sagen, dass Sie nicht mit James zusammen sind, glaube ich Ihnen, aber das ist jetzt gelaufen. Es geht nicht um die Wahrheit, es geht nicht um Sie, im Moment geht es darum, womit sich die größte Auflage erzielen lässt. Ein Interview mit Ihnen und James in Icon wird mehr Zeitschriften verkaufen als ein Interview mit James in The Look. Und ein Blog über Sie als Promifreundin wird mehr Anhänger finden als ein Blog über Ihr Leben in New York. Sie sind doch nicht dumm, Sie müssen das doch verstehen.«
Ich dachte nach. Und hatte Mühe, mich nicht auf der Stelle zu übergeben. Vielleicht war der Verlust meines Visums noch die beste Option. Ich könnte einfach nach Hause gehen. So tun, als wäre nichts davon je geschehen.
Es sei denn, ich hatte eine andere Geschichte anzubieten. Eine, die noch viel interessanter war und weitaus exklusiver. »Mary, ich kann beweisen, dass ich nicht mit James schlafe«, tastete ich mich vor. »Aber ich kann Ihnen noch nicht sagen, warum ich das kann. Wie viel Zeit bleibt mir, um das zu klären?«
»Verdammt noch mal, Angela, ich weiß, wie beschissen das ist, aber hören Sie doch auf damit. Man wird etwas bringen, ob Sie nun daran beteiligt sind oder nicht«, herrschte Mary mich an. »Ich versuche Ihnen doch nur zu helfen, indem ich Ihnen die Kontrolle darüber gebe.«
»Schön.« Zum ersten Mal seit Stunden atmete ich aus. »Wenn ich das nicht klären kann, mache ich das Interview. Bitte, Mary, bitte zögern Sie das noch bis zum Ende dieses Tages hinaus, und wenn ich es nicht schaffe, werde ich alles tun, was Sie von mir verlangen. Fotos, Interviews, alles.«
»Sie haben bis heute Abend Zeit«, sagte Mary ruhig. »Ich werde in meinem Büro sein. Rufen Sie mich an, wenn Sie die Brote und die Fische haben.«
»Brote und Fische?«
»Sie werden ein Wunder brauchen, Angela.«
Zwölf
Ich brauchte fünfzehn Minuten, um Jenny zu finden, und auch das gelang mir nur mit Hilfe von drei Verkäuferinnen. Im Ernst, dieser Laden war so konzipiert, dass wirklich nur die Eingeweihten Zugang fanden. Als ich sie entdeckte, hielt sie eine Lederjacke
Weitere Kostenlose Bücher