Mit dem falschen Bruder im Bett
habe deine Short und das T-Shirt in die Wäsche gegeben und dachte mir, ich könnte noch irgendetwas finden, das gewaschen werden müsste.“
„Das war sehr aufmerksam. Danke.“
„Schon gut“, erwiderte er und sah amüsiert aus.
Sie spähte auf das, woran er arbeitete. Sie hatte Recht gehabt – es war ein Holzrahmen mit weichen Kurven, verschnörkelten Verzierungen und kniffliger Holzeinlegearbeit. „Oh, Rhys. Was für ein wunderschönes Stück!“
Grinsend strich er mit der Hand über die Oberfläche. „Nicht wahr? Irgendjemand hatte es mit Farbe gestrichen, und ich will es wieder bis zur Holzmaserung darunter abschleifen. Da du noch geschlafen hast, dachte ich, ich könnte noch etwas daran arbeiten, ehe wir abfahren.“
Seine Stimme verlor sich, und er runzelte die Stirn. Sehnsüchtig fragte sie sich, ob es deshalb war, weil ihm die Vorstellung, dass ihr gemeinsames Wochenende vorbei war, nicht gefiel. Da er das aber nicht sagte, nickte sie nur und versuchte, sich einzureden, dass die plötzliche Enge in ihrer Kehle ein Ergebnis ihres vielen Redens während der letzten Nacht war. Sie sah sich um, nahm eine Banane von der Anrichte und ging rückwärts ins Schlafzimmer. „Du kannst noch weiter daran arbeiten. Ich muss sowieso so einiges Zeug lesen. Diese Woche habe ich eine Präsentation auf einer Konferenz …“
Nun war sie an der Reihe, die Stirn zu runzeln. Hallo! Die Konferenz! Jamie. Baby.
Vorgestern hatte sie sich noch vorgestellt, dass sie Jamies Baby im Arm hielt. Doch seit sie mit Rhys zusammen war, hatte sie nicht mehr an Jamie gedacht. Und sie hatte gewiss keinen einzigen Gedanken verschwendet, weder einen begeisterten noch einen anderweitigen, an diese Nach-der-Konferenz-zum-Getränk-Verabredung. Das war eigentlich nicht so gut.
Trotz Lucys Bedenken mochte Melina Jamie wirklich gern. Er war attraktiv. Freundlich. Tiefsinnig. Sie war aufgeregt gewesen angesichts der Aussicht, mit ihm auszugehen. Der Möglichkeit, eine gemeinsame Zukunft zu haben. Teufel nochmal, sie hatte ihn genug gemocht, um zu versuchen, sich selbst in einen sexuellen Dynamo zu verwandeln. In Wahrheit konnte sie sich kaum mehr daran erinnern, wie er aussah. Alles was sie sah – alles was sie roch und fühlte und sich wünschte – war Rhys. Jetzt stand er hier vor ihr, und alles, woran sie denken konnte, war, wie es zu Ende gehen würde.
„Melina? Bist du okay?“
Sie biss sich auf die Lippe, denn sie wollte schreien: Nein, ich bin nicht okay. Sie würde niemals wieder okay sein. Nicht nach all dem hier. „Du weißt, wie es mir geht bei öffentlichen Auftritten“, zwang sie sich zu sagen. „Ich werde mit Jamie den Workshop präsentieren. Es ist eine wunderbare Gelegenheit, da ich nur eine von dreien in der Abteilung bin. Jamie hat mir das eingeredet, aber ich vermute, dass ich doch nervöser sein werde als ich gehofft hatte.“
„Du wirst das großartig machen.“ Er legte das Sandpapier weg, ging um den Holzrahmen herum und streckte die Arme aus. „Kann ich einen Gutenmorgenkuss haben?“
Sie marschierte in seine Arme, drückte ihn leicht und küsste ihn so eifrig, dass ihre Zähne an seine schabten. Offensichtlich spürte er ihre Verzweiflung, denn er zog sich mit gefurchter Stirn zurück. Mit einer Hand strich er ihr besänftigend übers Haar. „Sag‘ mir, was los ist!“
„Nichts, nichts.“ Sie zog sich zurück und deutete mit dem Daumen über ihre Schulter. „Ich mach nur ein wenig Papierkram und lese im Schlafzimmer, wenn du nichts dagegen hast.“
„Bist du sicher?“
„Ja. Ich muss wirklich aufholen.“
Er sah so aus, als wollte er diskutieren, sagte aber einfach: „Eine Stunde, und dann könnten wir in die Stadt gehen. Ich gebe dir ein Essen aus, und wir schlendern herum?“ Das Zögern in seiner Stimme verriet, dass er durch ihre seltsame Laune aus dem Gleichgewicht gebracht war, und sie bemühte sich, ihn wieder zu beruhigen. Das Letzte, was sie wollte, war, dass sie ihm leidtun musste, wenn sie getrennte Wege gingen.
„Das klingt perfekt.“ Sie fühlte sich so, als ob ihr Gesicht zerspringen würde, weil sie so angestrengt lächelte; sie ging rückwärts ins Schlafzimmer und winkte ihm fröhlich. Zögernd winkte er zurück.
Sie schloss die Tür. Sie lehnte die Stirn dagegen und versuchte sich einzureden, dass das Wochenende noch nicht vorbei war. Sie hatte noch den ganzen Tag vor sich, bevor er nach … nach …
Sie machte ein zerknirschtes Gesicht.
Sie wusste nicht einmal, wohin
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