Mit dem Feuer gespielt
Sie lachte kurz auf und schaute auf die Hügel und Täler, die sich schlängelnden Flüsse und grünen Weiden, die Wälder, die Obstgärten und Weinberge, das winzige Dorf mit den Strohdachhä
usem, die Kirche aus Lehmflechtwerk und
natürlich die Burg, deren Steinmauern, zinnenbewehrte Türme, Burggraben und kleine Eichen-Zugbrücken, jetzt in
hochgezogener Position, ihre Aufmerksamkeit fesselte. Einige Teile des Projekts waren in schlechtem Zustand, doch war es noch immer beeindruckend. "Toll ist wohl nicht der richtige Ausdruck dafür. Imposant schon eher. Oder überwältigend. Wer hat das gemacht? Dein Großvater?"
Clay kam um den Tisch herum an ihre Seite. "Wir beide haben es über mehrere Jahre gebaut." Er sah, wie sie die Hand nach einem winzigen Reh auf einer Waldlichtung ausstreckte, jedoch innehielt. "Du kannst es ruhig anfassen."
Vorsichtig fuhr sie mit der Fingerspitze darüber. "Es ist handgeschnitzt."
"Natürlich. Grandpa war Bildhauer. Alles ist handgemacht, die Tiere, die Menschen, die Gebäude."
Sie nickte. "Schade, daß die Burg zerfällt und diese Häuser dort, und auch der Hügel."
"Es ist schon alt", erwiderte Clay. "Alte Sachen zerfallen nun einmal."
"Hast du nie daran gedacht, es zu restaurieren?" fragte Izzy.
"Nicht ernsthaft. Es erschien mir immer wie eine natürliche Ordnung der Dinge, es ..." Er zuckte die Schultern.
"Langsam zerfallen zu lassen? Warum sollte es, wenn du es aufhalten kannst? Es bedeutet dir etwas. Du solltest es restaurieren."
Er sah auf die hügelige Landschaft mit den unzähligen winzigen und perfekt gestalteten Details. "Dazu wäre viel Arbeit nötig."
"Na und?" Sie drehte sich zu ihm um und sah ihm in die Augen. "Manche Dinge sind es wert, bewahrt zu werden."
Er kämpfte ge gen das Bedürfnis an, sie zu küssen. "Ich werde darüber nachdenken."
Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Tisch. "Was hat euch dazu gebracht, so etwas zu basteln?"
"Es war das Geburtstagsgeschenk von meinem Grandpa, als ich neun wurde. Er nahm mich mit in den Keller und zeigte mir all die Sachen - Maschendraht, Gips, Holz, Granit. Dann zeigte er mir eine Skizze seiner Idee. Er wußte, daß ich ein großer Fan des Mittelalters war, seit ich ,Robin Hood' mit Errol Flynn im Fernsehen gesehen hatte. Er sagte, wir würden es gemeinsam bauen, und dann würde es mir gehören. Ich hielt dagegen, daß wir es niemals aus dem Keller bekommen würden, weil es zu groß wäre. Aber er meinte, das sei egal, denn er würde mir das Haus ohnehin vererben."
Clay lächelte bei der Erinnerung, "Dann nahm er mich mit nach oben, und wir buken aus einer Backmischung meinen Geburtstagskuchen." Er schüttelte den Kopf. "Ich werde nie den Anblick dieses alten, rauhbeinigen Mannes in Kochschürze vergessen, wie er mir einen Kuchen backt. An diesem Abend gab es Kuchen und Eiscreme zum Dinner. Ich kann es noch immer schmecken."
"Das war sicher ein unvergeßlicher Geburtstag."
"Es war das einzige Mal in meinem Leben, daß ich einen Geburtstagskuchen bekommen habe. Das hat sich in mein Gedächtnis gebrannt."
"Was meinst du mit ,das einzige Mal'? Das kann doch nicht stimmen."
"Meine Eltern hielten nichts davon."
Sie starrte ihn an. Er wollte lachen, doch ihre Empörung schien echt zu sein. "Habe ich das richtig verstanden? Deine eigene Familie hat deinen Geburtstag nie gefeiert?"
"Sie gaben mir Geschenke", erwiderte er und hob die Tischdecke vom Boden auf. "Großzügige Geschenke, wie Fernseher, Stereoanlagen. Wenn sie gerade nicht da waren, ließen sie sie schicken."
"Nicht da waren?" wiederholte Izzy ungläubig. "An deinem Geburtstag?"
Er lachte und schüttelte die Decke aus. "Ich hatte mich daran gewöhnt. Sie hatten eben viel zu tun."
"Zu viel, um an den Geburtstag ihres eigenen Sohnes zu denken?"
Ihr Zorn rührte ihn. Doch Clay hatte sich diesen Schmerz schon vor langer Zeit abgeblockt, weil er ihn nicht ertragen hätte. "Ich weiß deine Entrüstung zu schätzen, Kaffeebohne", sagte er sanft. "Wirklich. Aber das alles liegt hinter mir. Hier."
Er gab ihr ein Ende der Tischdecke. "Hilf mir, es wieder zuzudecken."
Sie ging mit ihrem Ende auf die gegenüberliegende Seite des Tisches. "Müssen wir es zudecken? Ich würde es gern noch länger anschauen."
"Du kannst es dir ansehen, wann immer du willst", versprach er, während sie vorsichtig das Tuch über die Miniaturlandschaft zogen. "Ich werde die Tür nicht abschließen."
"Dein Großvater war sicher ein bemerkenswerter Mann."
"In der
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