Mit dem Kühlschrank durch Irland
Während seine Scheibenwischer im Kampf gegen den jetzt sturzflutartigen Regen Akkordarbeit verrichteten, unterhielten wir uns über das Leben, die Liebe, Politik, Religion und den steigenden Preis von Deos. Und das alles in dem herrlichen, trockenen Innenraum seines Autos. Verdammt noch mal, ich hatte wirklich Glück gehabt.
Brendan erklärte, dass er, bevor wir nach Cavan kämen, noch ein paar Kundenbesuche erledigen müsse, und fragte, ob mir das was ausmache. Natürlich nicht, er war ja mein Retter. Er hätte mich um alles bitten können, und ich hätte eingewilligt. Fast alles. Und schon schossen wir durch den Regen bis nach Cootehill, wo er ein paar Drogerieartikel verkaufte und ich in einem altertümlichen Tea-Room Kaffee trank. In einem Tea-Room Kaffee zu trinken, bereitet mir immer ein besonderes Vergnügen, denn ich habe dann das Gefühl, gegen das bestehende System zu rebellieren. Es ist, wie wenn man Spaghetti in einer Pizzeria isst oder Huhn in einem Steakhaus und sich in einem thailändischen Massagesalon den Nacken massieren lässt. Wir fuhren Richtung Norden nach Clones im County Monaghan, was, wie Brendan mir erklärte, eine Hochburg der IRA war. Ich war mir nicht sicher, welche Konsequenzen ich daraus ziehen sollte, beschloss aber, dass ich, falls uns ein Mann mit einer Gesichtsmaske und einer Schrotflinte in der Hand anhalten sollte, auf heitere Scherze verzichten und versuchen würde, nicht über meine Tage bei der Combined Cadet Force in der Schule zu plaudern. Als wir nach Clones kamen, wartete ich im Auto, während Brendan in einem mittelgroßen Supermarkt seiner Arbeit nachging. Er brauchte eine ganze Weile, was mich überraschte, denn ich dachte, wenn es einen Ort gibt, an dem Drogerieartikel leicht zu verkaufen sind, dann ist es ein Supermarkt. Er muss ein schlechtes Gewissen bekommen haben, denn nach einer Viertelstunde brachte er mir ein Eis, entschuldigte sich und versprach, dass es nicht mehr lange dauern würde. Das gefiel mir. Es schien, als wäre ich wieder acht. Vierzig Minuten später waren wir in Cavan, meinem Tagesziel. Als wir ein Viertel ansteuerten, in dem es, wie Brendan wusste, Pensionen gab, war ich ziemlich stolz auf mich. Es war erst fünf oder so, aber der nächste Teil meiner Reise, auf dem ich immer wieder die Grenze nach Nordirland würde überqueren müssen, konnte gefährlich werden, und ich wollte nicht in der Dämmerung aus Versehen in ein paramilitärisches Trainingscamp stolpern und nach einem preiswerten Bed & Breakfast fragen. In einer trübseligen Wohnstraße hielten wir vor einer wenig einladenden Pension. Ich stieg aus und begann auszuladen. Es tat mir Leid, mich von Brendan zu trennen. Es kam mir vor, als wäre er auf meiner Seite gestanden, während alle anderen sich gegen mich verschworen hatten. Und er hatte mir ein Eis gekauft.
Ich leitete die heitere Verabschiedungsszene ein. »Sollte ich dich jemals in England mit einem Kühlschrank am Straßenrand stehen sehen, halte ich ganz bestimmt an.«
»Solltest du mich jemals mit einem Kühlschrank am Straßenrand in England stehen sehen, hast du halluzinogene Drogen genommen.«
»Komm gut nach Nordirland zurück!«
»Wie?«
»Gute Heimreise!«
»Ich fahre nicht nach Hause.«
»Wo fährst du denn dann hin?«
»Donegal Town.«
»Wozu das denn?«
»Ich habe dort morgen früh einen Termin.«
Wir hatten uns so schnell so gut verstanden, dass wir das Geplauder übersprungen hatten, mit dem solche wichtigen Details geklärt werden. Ich fand, dass es die Mühe wert wäre, jetzt auf eines von ihnen hinzuweisen.
»Nun, ich bin auch auf dem Weg nach Donegal.«
»Nicht Cavan?«
»Cavan war nur eine Etappe auf dem Weg nach Donegal.«
»Gut. Na, dann steigst du besser wieder ein.«
Und genau das tat ich mit großer Freude.
Der Tag war ein Strudel anstrengender Emotionen gewesen, aber als wir am Ufer des herrlichen Lough Erne entlang durch die atemberaubende Seenlandschaft von County Fermanagh fuhren, gestattete ich mir, ein weiteres Gefühl auszukosten: Triumph. Die Sonne kam sogar für fünf Minuten zum Vorschein, und die frisch gewässerte Landschaft strahlte ähnlich wie ich, nur etwas weniger selbstgefällig. Ich verfolgte stolz unser Fortkommen auf der Landkarte und wies darauf hin, wie unsinnig es war, dass der Lower Lough Erne in Wirklichkeit über dem Upper Lough Erne lag. Brendan erklärte mir, dass der Lower Lough Erne nur für mich als Betrachter einer genordeten Karte höher lag. In der
Weitere Kostenlose Bücher