Mit dem Kühlschrank durch Irland
Langeweile zu bekämpfen, versuchte ich herauszufinden, ob es möglich war, erstaunt zu wirken. Es muss das Privileg großer Schauspieler sein, auf Kommando erstaunt wirken zu können.
Gerade als ich es am allerwenigsten erwartete, zu einem Zeitpunkt, als ich es damit versuchte, bestürzt zu wirken, hielt ein versiffter roter Fiesta-Transporter vor mir am Straßenrand. Ich konnte nicht glauben, dass er wegen mir anhielt, und rannte zu ihm, um zu fragen. Ein ungepflegt wirkender alter Mann und sein Jack-Russell-Terrier betrachteten mich durch das offene Fenster.
»Ich fahre bis Carrerreraragh«, murmelte er. Nicht der Hund. Der Mann.
Zumindest glaube ich, dass er das sagte. Er hatte einen kräftigen Akzent und war offenbar der Ansicht, dass man beim Sprechen den Mund am besten so wenig wie möglich öffnet.
»Wie weit ist es nach Carr... err... eraragh?«
»Sie meinen Carrecloughnarreraragh?«
»Ja, Car..., ja, bis dahin, wie weit ist es?«
»Carrereaoughnanrrara? Ungefähr drei Meilen.«
O Gott. Drei Meilen nützten niemandem was. Aus meinen früheren Erfahrungen als Anhalter wusste ich, dass es manchmal besser war, eine Mitfahrgelegenheit auszuschlagen, durch die man mitten im Nirgendwo landen würde. Mir gefiel der Klang von Carrerrerreragh nicht. Und seine Eigentümlichkeit, immer wieder anders zu klingen, auch nicht. Ich versuchte herauszubekommen, ob Carreranoughnara ein guter Ort zum Trampen war.
»Gibt es dort irgendwo eine Straße, auf der ich...«
»Schmeißen Sie es rein, schmeißen Sie es rein!« Er deutete auf mein Gepäck.
»Wie ist die Straße dort in Carra...«
»Schmeißen Sie es rein, schmeißen Sie es rein!« Bei dem Fortschritt, den wir machten, hätte es auch der Hund sein können, der redete.
»Es tut mir Leid, es ist nur manchmal so, dass...«
»Schmeißen Sie die verdammten Taschen einfach in das verdammte Auto, ja?«
Das wirkte. Ich gehorchte sofort und lud wider besseres Wissen mein Zeug in seinen klapprigen Transporter, um mich drei Meilen weiter wieder absetzen zu lassen. Wie ich irgendwo mal gehört habe, beginnt auch eine Reise von tausend Meilen mit dem ersten Schritt.
Sowohl er als auch der Hund schauten interessiert zu, als ich den Kühlschrank hinten einlud.
»Was haben Sie da?«
»Einen Kühlschrank.«
»Oh, mit einem Kühlschrank zu reisen, ist sicher kein Spaß.«
Ach ja? Nein, ich schätze nicht. Ich stieg vorne ein, und der Hund sprang auf meinen Schoß und verbesserte so seine Aussicht durch die Windschutzscheibe.
»Wo fahren Sie hin?«, fragte ich.
»Ein Stück die Straße runter gibt’s eine Viehauktion.«
»Wollen Sie eine Kuh kaufen?«
»Nein, ich will bloß die Zeit totschlagen.«
Ich hatte plötzlich das Gefühl, weit von zu Hause fort zu sein. Ich war in einer Gegend gelandet, in der die Leute zu einer Viehauktion gingen, um die Zeit totzuschlagen. Dann bemerkte ich etwas, das schon die ganze Zeit offensichtlich gewesen, mir aber entgangen war, weil ich ganz davon in Anspruch genommen wurde, zu entschlüsseln, was er sagte: Der alte Mann war mit Schlamm bedeckt. Es gibt da diesen Blödsinn, den Biologen und Physiker erzählen, dass der Mensch zu 90 % aus Wasser besteht. Dieser Kerl hier bestand zu mindestens 25 % aus Schlamm. Es sah aus, als hätte er sich darin gesuhlt. Vermutlich, um die Zeit totzuschlagen. Das Seltsame war, dass sein Hund kaum mit Schlamm bedeckt war. Wie konnte das sein? Hunde legen Wert darauf, verschlammt zu sein, und weniger verschlammt als das Herrchen auszusehen, muss für sie zutiefst peinlich sein. Ich schätze, deshalb war der Hund so versessen darauf, aus dem Fenster zu schauen: Er wollte feststellen, wo die anderen Hunde waren, damit er ihnen ausweichen konnte und nicht an Ansehen verlor.
Wir kamen viel zu schnell in Carrerrerarsch an. Die sechs Minuten, die ich in der Gesellschaft dieses mit Schlamm bedeckten Mannes und seines Hundes verbrachte, lenkten mich von der quälenden Gewissheit ab, einen dummen Fehler begangen zu haben. Mit einem Kühlschrank zu trampen war möglich. Der Mann hatte angehalten und sowohl mich als auch meinen Kühlschrank mitgenommen. Es war Pech, dass er bloß ein paar Meilen weit fuhr. Und es war auch nur Pech, dass Carrerrerranoughnascheiß zum Trampen einer der schlimmsten Orte der ganzen nördlichen Hemisphäre war.
Als der alte Mann am Straßenrand hielt, wurde er von drei älteren Farmer-Typen begrüßt, die auch mit Schlamm bedeckt waren. Sie waren zwar eindeutig nicht so
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