Mit dem Teufel im Bunde
ich da? Eine so zarte Blume wie Ihr kann nur eine Mademoiselle sein.»
«Bleibt ruhig bei Madam, Monsieur Joyeux. Ich heiße Vinstedt und habe so viel von Euren kunstvollen Blumen gehört, dass ich sie unbedingt selbst sehen möchte.»
«Eine kluge Entscheidung, Madam. Natürlich findet Ihr meine Werke auch in den ersten Läden der Stadt, ich darf sagen: selbst in anderen Städten. Ja, das darf ich sagen. Aber an der Quelle, sozusagen an der Geburtsstätte, habt Ihr die beste Auswahl.»
Ein leichtes Räuspern vom Arbeitstisch lenkte ihn nur kurz ab. Die strenge Dame in Grau war seine Gattin, deren Schwester betrieb eine Galanteriewarenhandlung am Alstertor und sah es gar nicht gerne, wenn ihr Schwager ihr in Sachen
en détail
Konkurrenz machte. Aber das wusste Rosina nicht, es wäre ihr auch einerlei gewesen. Das Räuspern und ein unterdrücktes Kichern von einem der Kinder erinnerte Monsieur Joyeux, der nach dem Taufregister der Johanniskirche Jakob Fröhlich hieß, an die wahren Künstlerinnen. «Und nirgends werdet Ihr so geschickte zarte Hände finden wie bei uns.»
Seine flinken Augen taxierten die neue Kundin. Nach einem der ersten Häuser sah sie nicht aus, dann wäre sie auch niemals alleine gekommen. Zudem waren ihre Hände für eine wohlhabende Dame zu breit und kräftig, jedoch zu gepflegt, um eine Frau zu verraten, die ihre Töpfe und Böden selbst scheuerte. Ihr Gewand aus gutem Stoff und von elegantem Schnitt bewies Geschmack, der Schmuck in ihren Ohren und um den schlanken Hals war dezent, dochvon solidem Wert. Diese Dame war nicht einzuordnen, also musste sie behandelt werden, als sei sie reich. Alles andere wäre leichtfertig.
Rosina setzte eine einfältig bewundernde Miene auf. Sie sah nur Blumenmacherinnen, von einer Fächermacherin oder gar dem alten Meister selbst keine Spur. Doch die halbfertige Arbeit bewies, dass hier jemand Fächer machte. Sie musste nur warten, bis er zurückkam. Oder sie.
Joyeux verstand ihr Zögern falsch und entschied sich für seine Lieblingsstrategie, die ihm Gelegenheit für weitere Portionen Schmeichelei geben würde.
«Ich sehe, Ihr seid eine Frau von Verstand und Geschmack», verkündete er mit der Andeutung eines Kratzfußes. «Wenn es beliebt, wäre es mir ein Vergnügen, Euch meine», ein Räuspern aus dem Hintergrund ließ ihn sich rasch verbessern, «Euch
unsere
bescheidene Werkstätte zu zeigen. Ein Kunstwerk ist doch gleich viel wertvoller, wenn man versteht, wie es entstanden ist.»
«Wie recht Ihr habt, Monsieur, es wäre mir wirklich eine Freude. Allerdings darf ich Eure Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen. Vielleicht kann mir eine der jungen Damen ihre Arbeit erläutern.»
«Ich bin ganz Eurer Meinung», ließ sich Madam Joyeux hinter dem Rücken ihres Gatten vernehmen. «Mein Mann wird im Kontor gebraucht. Wenn Ihr mit mir vorliebnehmen wollt?»
Monsieur Joyeux widersprach nicht, er murmelte
au revoir
und
à la bonheur,
dann hörte man nur noch seine Schritte auf der Treppe hinunter zum zweiten Stockwerk.
Im einem der hinteren Räume, so erklärte Madam Joyeux ganz ohne höfliche Vorrede, lagerten die Stoffe für die Blüten, die gebräuchlichsten in Ballen, aber auch als Reste von Stoffhändlern und Seidenwebereien. Für die Blütensei kaum ein Fetzchen zu gering. Sie ging Rosina voraus in den hinteren Raum.
«Hier entstehen unsere Blütenblätter», sagte sie. Die Strenge war aus ihrer Stimme verschwunden. Madam Joyeux, die sich gerne als Madam Fröhlich vorstellte, wenn sie ihren Gatten ärgern wollte, war stolz auf die Arbeit, die in ihrer Manufaktur verrichtet wurde. Sie zeigte Rosina die Wandbretter, die Reihe um Reihe mit zahllosen Stanzeisen für die Formen der Blüten und Blätter gefüllt waren, von der Größe eines Daumennagels bis zu einer Handfläche. Sie ließ sie zusehen, wie einer der beiden Arbeiter eine Form auf einige Lagen blassgelber Seide drückte und mit einem abgeplatteten hölzernen Hammer daraufschlug. Die Seidenblätter wurden nahezu makellos, die Ränder des Formeisens mussten ungemein scharf geschliffen sein. Was mochte ein solches Werkzeug an einem Finger, einer Hand anrichten?
«Die Blätter der ganz zarten Gewebe werden von den Mädchen einzeln mit der Schere ausgeschnitten, dazu haben wir Schnittmuster. Überhaupt hat man die Stanzeisen früher nicht gehabt», erklärte Madam Joyeux weiter. «Nun kommt mit. Bis jetzt habt Ihr nur Seidenfetzen gesehen.»
Rosina folgte ihr zurück in den großen Raum
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