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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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gleiche wie am Nachmittag, dunkle Jeans, weiße Bluse. Nur war an der Bluse ein Knopf mehr offen als üblich. Und sie hatte Pumps angezogen.
Im ersten Moment dachte ich, bitte nicht. Ich war müde, deprimiert, frustriert und ausgelaugt von meinen krampfhaften Bemühungen, für Maren den feurigen Liebhaber auferstehen zu lassen. Hanne blätterte interessiert in einem Modekatalog, hielt kurz inne und schaute auf, als ich eintrat. Kein Wort zur Begrüßung, keine Frage, nur die Andeutung eines wohlwollenden Lächelns – ungefähr so, wie man einen streunenden Kater anlächelt, wenn er den Heimweg gefunden hat. Dann vertiefte Hanne sich wieder in den Anblick eines spitzenbesetzten Mieders. Ich blieb bei der Tür stehen und wartete.
Nachdem sie jede Einzelheit des Mieders studiert hatte, was kaum länger als fünf Minuten dauerte, hob sie den Kopf erneut, lächelte auch wieder – durchaus freundlich, aber auch ein wenig besorgt. Ich wusste nicht, wie ich dieses Lächeln auslegen und was ich sagen sollte. Und Hanne sagte: «Du hast bestimmt noch nicht zu Abend gegessen, Konrad. Ich hab dir etwas Kartoffelsalat mitgebracht und zwei Paar Wiener Würstchen.»
Es war noch verwirrender als die Wolke von Ambra und wilden Blüten, die tonnenschwer im Wohnzimmer hing. Sie musste in dem Zeug gebadet und die Möbel damit eingesprüht haben. Ich fragte mich, wo sie das an einem Sonntagabend herbekommen hatte, bis mir einfiel, dass parterre eine Kosmetikberaterin wohnte, die mit einem Köfferchen von Tür zu Tür pilgerte und auf diese Weise ihr Haushaltsgeld aufbesserte. Hanne hatte wohl bei ihr geklingelt.
Ich schüttelte den Kopf. Und Hanne gab mir den Rest. «Es tut mir Leid, Konrad. Aber es wird nicht wieder vorkommen.»
Das klang, als hätte sie mich betrogen. Ich schüttelte noch einmal den Kopf und lehnte mich an den Türrahmen. Sie sprach unbeirrt weiter. «Ich habe ihnen gesagt, sie sollen dich in Ruhe lassen, dass du im Moment keine Moralapostel und keine Vorwürfe gebrauchen kannst. Da musst du alleine durch.»
Großartig, wirklich phantastisch. Aber ich will nicht behaupten, sie hätte mit ihrer Großmut mein gesamtes Konzept über den Haufen geworfen. Ich hatte im Treppenhaus – mit der Befürchtung einer verbarrikadierten Tür – den Entschluss gefasst, notfalls im Hausflur lautstark den Verdacht einer Entführung zu äußern, um wenigstens vorübergehend von der frischen Fährte abzulenken und reingelassen zu werden. Natürlich wäre das feige gewesen, aber ein Held war ich nie.
Ich holte einmal tief Luft und erklärte: «Das werde ich kaum schaffen, wenn ich mit meiner Vermutung richtig liege. Es könnte sein, dass Ella am vergangenen Montag entführt wurde. Und möglicherweise ist Maren daran beteiligt. So wie es aussieht, hat sie sich bei Alex einquartiert und fährt mit seinem Auto herum.»
Hannes Blick bekam etwas Tadelndes, die Stimme einen Hauch von Strenge, als sie mir den ersten Vorgeschmack gab, wie das auf andere wirken musste. Sie klang fast, als hätte sie mit meiner Mutter geübt. «Hast du das nötig, Konrad? Ich meine, bist du wirklich darauf angewiesen, dich auf so erbärmliche Weise aus der Affäre zu ziehen?»
Ich schüttelte erneut den Kopf und zählte auf, was dafür sprach. Viel war es zugegebenermaßen nicht. Ollis Geschichte und die Tatsache, dass er diesmal keinen kompletten Film erzählt, sondern es bei diffusen Andeutungen belassen hatte. Alex’ Nervosität und ein flüchtiger Eindruck über der Spanngardine des Küchenfensters, vielleicht nur eine Lichtspiegelung, der Omega und ein roter Golf, in dem ich meinte, den lebendigen Gegenpart einer Zeichnung von Oliver gesehen zu haben.
Hanne hörte ungläubig, misstrauisch und voller Abwehr zu. Als ich wieder schwieg, meinte sie: «Es hat überhaupt keinen Zweck, Oliver jetzt aus dem Schlaf zu reißen. Da wachsen Rex nur Drachenflügel. Wenn du von ihm etwas erfahren willst, warte bis morgen früh.» Erst danach gab sie sich eine winzig kleine Blöße. «Heißt das, du hast Maren gar nicht gevögelt?»
Da war dieses leichte Zittern in ihrer Stimme. Und ich hätte so gerne im Brustton der Überzeugung gesagt: «Natürlich nicht, wo denkst du denn hin.»
Aber ich senkte nur den Kopf. Und Hanne murmelte:
«Schon gut. Ich hätte dir auch nicht geglaubt, wenn du jetzt nein gesagt hättest. Du hattest gestern früh Kratzer auf dem Rücken. Von mir waren die nicht. Ich hab ja in den letzten Tagen keine Gelegenheit bekommen und hatte es auch noch

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