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Mit den Augen eines Kindes

Mit den Augen eines Kindes

Titel: Mit den Augen eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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verließen die beiden Männer mit der weinenden Ella das Haus. Die böse Frau griff nach Sven und wollte mit ihm zum Auto.
Alex protestierte: «Der Junge bleibt hier, sonst spiele ich nicht mit.»
Da zeigte der kleine Mann auf die böse Frau und sagte:
«Dann muss sie auch hier bleiben, halte ich ohnehin für besser. Hier tauchen garantiert bald die Bullen auf. Sie kann dafür sorgen, dass er keine Dummheiten macht.»
Die Frau zeigte ihm einen Vogel und sagte: «Du spinnst wohl.»
Und Rex sagte: «Keine Diskussion, der Vorschlag gefällt mir.»
Weggefahren waren die beiden Männer mit Tante Ella dann in einem weißen Auto. So weit, so gut, vielmehr gar nicht gut.
Hanne, die bis dahin schweigend zugehört hatte, ermahnte ihn, etwas schneller zu essen, und erkundigte sich mit einem Seitenblick in meine Richtung: «Wie sah die böse Frau denn aus?»
Oliver dachte nach. Zeugenbefragung! Ein aktuelles Foto von Maren konnte ich ihm nicht vorlegen. Und für einen Fünfjährigen ist ein Mann ein Mann und eine Frau eine Frau. Er mag sie jederzeit wieder erkennen, doch wenn er Personen beschreiben soll, gibt es nur dick oder dünn, groß oder klein, jung oder alt.
Aber dann kamen doch ein paar Anhaltspunkte. «Sie hatte eine weiße Hose an mit einem roten Gürtel drauf und ein rotes Hemd. Und sie hatte Haare wie Oma, aber keine Locken und bis hier.»
Seine Hand zeigte Schulterlänge. Dreimal verdammt! Meine Mutter war seit Jahren ergraut und ließ sich die Haare regelmäßig aufhellen. Und die Kleidung, dieselben Sachen hatte Maren am vergangenen Dienstag im Hotel getragen, die Bluse gestern noch einmal. Es gab keinen Zweifel mehr – so gerne ich noch welche gehabt hätte.
Ich überlegte, auch gleich noch mit Koskas ehemaligem Geschäftsführer zu sprechen und bei ihm ein paar Informationen über den Hamburger Fiesling oder das lichtscheue Gesindel einzuholen, ehe ich nach Hürth fuhr. Doch zum einen war es früh am Tag, es bestand die Gefahr, dass Frau Pavlow sich noch daheim aufhielt, alles mithörte und es anschließend beim Lidl verbreitete, woraufhin es dann zwei Stunden später halb Kerpen gewusst und wohl ein Pilgerzug zu Koskas Grundstück eingesetzt hätte.
Zum anderen war ich persönlich verwickelt und durfte niemanden befragen. Das mussten Kollegen übernehmen, die unvoreingenommen waren. Ich durfte nur noch mit Jochen sprechen und mit meinem Chef, Kriminalrat Eckert. Und wie ich ihm die Sache präsentieren sollte, wusste ich noch nicht. Alle Karten offen auf den Tisch oder die Kreuzdame im Ärmel behalten? Sobald ich Maren erwähnte, war ich draußen, wurde vermutlich beurlaubt und durfte nicht einmal darauf hoffen, von irgendeinem Kollegen zu erfahren, was vorging. Aber verschweigen durfte ich sie natürlich auch nicht.
Es war ein elendes Gefühl. Die Frau, die mir Himmel und Hölle zur gleichen Zeit bereiten konnte, als Mittäterin in einem Entführungsfall zu etlichen Jahren hinter Gittern verurteilt. Keine Gefahr mehr für meinen Seelenfrieden. Im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Verkehr gezogen. Ich wusste nicht, ob ich ihr das wünschte. Im Geist sah ich mich zum Telefon greifen. Der Verräter in den eigenen Reihen. Der letzte Liebesdienst. Nicht noch einmal zum Abschied, sieh nur zu, dass du Land gewinnst, am besten eins, das nicht ausliefert.
    Kurz nach acht saß ich am Schreibtisch und klärte ab, was sich ohne größeren Aufwand und richterliche Beschlüsse in Erfahrung bringen ließ. Der alte Koska war – wie meine Mutter behauptet hatte – am 12. Oktober 2002 verstorben. Und seitdem galt sein Haus als unbewohnt. In den überprüfbaren Jahren vor seinem Tod hatte Marens Vater keinen Privatwagen mehr besessen.
    Auf die Firma waren immer noch drei Fahrzeuge zugelassen, ein Nissan, ein VW Polo und ein VW Golf Baujahr 92. Ob es sich bei diesem Golf um einen roten oder einen grauen handelte, war beim Straßenverkehrsamt nicht vermerkt. Die Lackierung eines Fahrzeugs wurde nie registriert, konnte man ja jederzeit umspritzen lassen. Aber das für den 92er ausgegebene Kennzeichen hatte ich am vergangenen Nachmittag an dem roten Golf gesehen, in dem der Schmächtige und der Bulle zu Koskas Grundstück unterwegs gewesen waren. Und ich hätte jeden Eid geschworen, dass Maren in exakt diesem Auto zum Klassentreffen gekommen war.
    So weit war ich, als Jochen zum Dienst kam. Mürrisch, unausgeschlafen und immer noch sauer auf mich, legte er wortlos eine Spesenabrechnung auf meinen Schreibtisch. Hundertzwanzig

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