Mit der Liebe spielt man nicht
sich. Sie ordnete gerade Neuerscheinungen in ein Regal ein und stellte erstaunt fest, dass ihre Hände nicht zitterten.
Natürlich, Devin hatte sie schamlos benutzt. Aber er hatte auch ihre Sinnlichkeit geweckt. Es war Leidenschaft, wirkliche Leidenschaft, die sie in jener Nacht empfunden hatte.
Warum soll ich mir eigentlich zum Vorwurf machen, überlegte sie, dass ich die Verführerin gespielt habe? Schließlich habe ich geglaubt, Devin zu lieben.
Und wenn der Abend sich im Nachhinein auch als peinlich erwiesen hatte, sie war erfolgreich gewesen, war eins geworden mit einem Fabelwesen, ihrem Drachen. Selbst wenn er sich innerlich über sie amüsiert haben sollte, er hatte stark auf sie reagiert.
Nein, es bestand kein Zweifel daran. Seine Leidenschaft war genauso echt wie meine, dachte sie. Und noch etwas stand fest: In seinen Armen hatte sie zum ersten Mal in ihrem Leben Erfüllung und Befriedigung gefunden.
Während Teresa das letzte Buch ins Regal stellte, war sie noch ganz in ihre Erinnerungen vertieft. Wäre Devin doch nur der Mann gewesen, für den er sich ausgab, ein sanfter, verletzlicher, zurückhaltender Mann, der sie brauchte! Wie wunderbar hätte dann alles werden können.
Das Läuten der Türglocke unterbrach ihre Grübeleien. Nur mühsam gelang es Teresa, in die Wirklichkeit zurückzukehren. Nimm dich zusammen, befahl sie sich. Wer ein Geschäft besaß, durfte sich nicht gehen lassen, musste sich den Kunden widmen. Sie zwang sich zu einem freundlichen Lächeln. Die beiden jungen Leute, die den Laden betraten, sahen zwar so aus, als ob sie sich nur umschauen wollten, ohne etwas zu kaufen, aber man konnte ja nie wissen.
„Wir haben eben das Poster mit dem Phönix im Schaufenster bewundert und wollten fragen, ob Sie noch so ein Exemplar oder ähnliche haben“, sagte der Mann und schaute Teresa erwartungsvoll an.
„Es ist ein schönes Poster“, fügte das Mädchen hinzu.
„Ich habe noch einige ähnliche“, erwiderte Teresa, während sie rasch in eine Schublade griff und einige in Folie eingewickelte Rollen hervorholte. „Suchen Sie sich etwas aus. Der Phönix scheint ein beliebtes Motiv zu sein.“
Das junge Paar ließ sich verschiedene Darstellungen zeigen, die alle die griechische Sage veranschaulichten, wie der Vogel aus der Asche stieg.
Schließlich verkündete das junge Mädchen entschieden: „Dieses Poster würde sich am besten in unserem Wohnzimmer machen. Farblich passt es genau zur Tapete.“
„Sie haben gut gewählt“, meinte Teresa. „Übrigens, heute wird angenommen, dass es sich bei dem Phönix um einen purpurfarbenen Reiher handelte, der dem ägyptischen Sonnengott geopfert wurde. Der Vogel auf diesem Bild hat genau die beschriebene Farbe.“
„Unser Innenarchitekt würde sie eher als violett bezeichnen“, erwiderte der Mann. „Okay, wir nehmen das Poster. Erst einmal gerahmt, wird es großartig aussehen.“
Das Paar bezahlte, und Teresa schrieb pflichtbewusst eine Quittung aus und überreichte das von ihr wieder zusammengerollte Exemplar. Nachdem die beiden den Laden verlassen hatten, begann sie damit, die restlichen Poster wegzuräumen. Dabei fiel ihr Blick auf eine Zeichnung, die meisterlich darstellte, wie der königliche Vogel nach seinem schrecklichen Feuertod zu glorreichen Flöhen wiederauferstand. Dieses Bild rührte sie merkwürdig an.
In jener Nacht, in der sie Devin Colter verführt hatte, war auch sie von Flammen verzehrt worden. Warum sollte es nicht
für sie ebenso wie für den Vogel Phönix eine Wiedergeburt
geben?
Dieser Gedanke ließ sie nicht mehr los. Vielleicht könnte sie sich doch in eine andere Frau verwandeln. War sie dem Ziel nicht schon einmal sehr nahe gewesen? Damals, als sie in Devin Colters Armen lag? Nie zuvor hatte sie sich so überschäumend lebendig gefühlt.
Es schien nicht ausgeschlossen zu sein, dass sie noch einmal ähnlich empfinden würde. Nachdenklich ging sie zu dem Regal hinüber, in dem sich die Nachdrucke der mittelalterlichen Tierbücher befanden. Sie nahm einige der herrlich illustrierten Bände heraus und schleppte sie zum Ladentisch. Hastig öffnete sie einen nach dem anderen und blätterte so lange darin, bis sie die Kapitel über den Vogel Phönix fand.
Eifrig begann sie zu lesen. Ein Phönix erlebte angeblich nur alle fünfhundert Jahre seine fantastische Wiedergeburt.
„Warum sollte es nicht einmal eine Ausnahme geben?“, murmelte Teresa vor sich hin. Sie wurde in den nächsten Tagen dreißig. War es
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