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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Eskorte wird sehr nützlich sein. Sie wird ihnen sagen, daß wir meinen, eine zu brauchen, und daß wir glauben, wir hätten ihre Absichten durchschaut. Wir werden das nutzen, was sie für eine natürliche Abwehrstellung halten. Machen Sie sich keine Gedanken. Sie haben keinen Grund, sich Vorwürfe zu machen.«
    »Ich hatte nicht die Absicht, mir Vorwürfe zu machen.«
    »Gut, gut.« Jede weitere Erörterung von Plänen zur Auseinandersetzung mit einem Rasmuk-Team hätte ihn offensichtlich gelangweilt. Mit einer abrupten Handbewegung wechselte er das Thema. »Im Augenblick ist es für Ihr Interview mit Seiner Hoheit wichtig, daß Sie verstehen, welche besondere Bedeutung diese Mine für ihn hat.«
    »Bedeutung als Atombunker, meinen Sie.«
    »Bedeutung als strahlensicherer Atombunker, gewiß. Aber es geht auch um den Wert der Mine als Schutz gegen biochemische Kampfmittel.«
    »Ich fragte nur, weil Sie mir erst kürzlich einredeten, es gehe hier um eine Klinik wie in Oberzeiring, Mr. Zander.«
    Er wischte das mit einer Handkante weg, so wie ich ihn andere unangenehme oder unerwünschte Gedanken hatte wegwischen sehen.
    »Das war kürzlich«, sagte er. »Heute brauchen Sie Fakten. Denken Sie zunächst einmal an die geographische Lage. Osterreich ist ein neutrales Land und wird höchstwahrscheinlich keinem direkten Angriff ausgesetzt werden. Die einzigen Gefahren für Österreich werden im endgültigen Weltkrieg von der Zerstörung seiner Nachbarn herrühren. Der Wind kommt in dieser Gegend vorwiegend aus dem Westen, so daß an den Osthängen hier irgendwelche Strahlungen wahrscheinlich nur in kleineren Dosierungen auftreten würden. Nun zur Mine selbst. Sie haben sich die Größenangaben des alten Petrucher angesehen. Was ist Ihnen dazu eingefallen? Was hat Sie daran interessiert?«
    »Ich sagte mir, wenn das Erz nicht einen ziemlich hohen Silbergehalt gehabt hätte, hätte sich im Mittelalter niemand die Mühe gemacht, das alles herauszukratzen. Die Schmelzöfen müssen ziemlich unrentabel gearbeitet haben.«
    »Aber da war eine Menge Silber drin, und sie haben das Erz herausgeholt, und da war sehr viel mehr zu holen gewesen, als Dr. Petrucher sich je vorstellte. Die ganze Grube hat heute, da auch die tiefsten Teile trockengelegt sind, etwa vierzig Prozent mehr Luftvolumen, als Dr. Petruchers Berechnungen ergaben. Ich sagte Ihnen ja, Sie müssen sich das Ganze als eine Lunge vorstellen, Mr. Halliday.«
    »Ja, das sagten Sie.«
    »Also gut. Wenn der endgültige Weltkrieg ausbricht und die beiden Seiten angefangen haben, in großem Maßstab Kernwaffen und biochemische Kampfmittel einzusetzen, wie werden Sie dann versuchen, mit der Bedrohung fertigzuwerden?«
    »Ich werde mich betrinken, nehm ich an.«
    »Ich meine das ernst, Mr. Halliday. Würden Sie nicht vielleicht Schutzkleidung anlegen und später dann, wenn die Filter in der Gesichtsmaske den Dienst versagen, versuchen, die Luft anzuhalten?«
    »Wer macht denn jetzt die Witze? Ich nehme an, mit einem Taucheranzug und genügend Luftflaschen wäre mir geholfen – falls ich mir das Essen und Trinken abgewöhnen könnte.«
    »Und wenn Sie den entsprechenden Vorrat an Frischluftflaschen hätten. Wieviel Zeit geben wir Ihnen? Eine Woche?«
    »Vielen Dank. Aber das reicht nicht, oder?«
    »Nein. Sechs Monate müßten Sie mindestens haben, bevor wieder harmlose Atemluft verfügbar wäre. Diese Mine hier würde Ihnen und zwanzig Freunden oder Bediensteten mindestens acht Monate lang einen reichlichen Vorrat an sauberer, leicht einzuatmender und nicht verseuchter Luft zur Verfügung stellen.«
    »Wie soll das funktionieren?« Ich zeigte auf den Schwamm an der Wand. »Was kommt durch die Lüftungsschächte herein? Verseuchte Luft? Nein, denn die würden sie vermutlich dicht machen. Was ist mit den Pumpen? Was hält sie in Gang? Notgeneratoren? Woher kommt die Luft und der Treibstoff, die sie in acht Monaten verbrauchen? Und was ist mit Pannen? Haben Sie Ersatz da?«
    Aber er fuchtelte ungeduldig mit den Händen. »Bitte, bitte, ich sage Ihnen doch, Sie sollen sich das Ganze als eine Lunge vorstellen. Solange die Pumpen dafür sorgen, daß in den Schächten da unten kein Wasser ist, hat die Mine gleichsam tief eingeatmet, und dieser Atemzug besteht aus fast zwölf Millionen Kubikmetern reiner Luft. Nun tritt der große Notfall ein. Es könnte schon morgen sein. Der Strom fällt aus. Die Pumpen stehen still. Langsam, ganz langsam werden die untersten Teile der Mine anfangen,

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