Mit der Zeit
gewesen. Hier im obersten Geschoß war ein ganz anderer Designer am Werk gewesen; einer von denen, die die Innenräume von Wohnwagen und ähnlichen Dingen gestalten und versuchen, ihnen den Anschein von etwas zu geben, was sie nicht sind. Hier hatte der Designer versucht, Zanders ›Penthouse‹ wie eine Berghütte aussehen zu lassen.
Als eine Möglichkeit, aus einem Wirrwarr von kleinen Räumen unter einem niederen Mansardendach ein Appartement zu machen, hatte sich die Idee wahrscheinlich gut angehört, besonders in den Ohren eines Mannes, der in aller Eile und für einen längeren Aufenthalt einen Schlupfwinkel brauchte. Es mußten keine Wände eingerissen oder neu verputzt werden. Der größte Teil der neuen Inneneinrichtung konnte aus Sperrholzplatten und genormten Einbauteilen vorfabriziert und dann ohne viel Aufwand oder größere Dreckarbeiten in wenigen Tagen installiert werden. Gängige Artikel wie Bodenfliesen aus Kunststoff und unechte Dachbalken waren überall zu verwenden. Die Skizzen dafür hatten möglicherweise sogar einen Eindruck von Behaglichkeit vermittelt. Die Sache selbst hatte den ganzen Charme – und etwas vom Geruch – eines Ausstellungsraumes in einem billigen Möbelhaus. Zanders teure Garderobe war dort auf fast absurde Weise fehl am Platz. Er schien es zu wissen, und die Augen über dem einfältigen Lächeln machten deutlich, daß ein Kommentar nicht erwünscht war.
Sein Versuch, herzlich und liebenswürdig zu erscheinen, glückte nicht so recht. »Heute«, sagte er und hob beide Hände zum Gruß, »brauchen wir nicht über ein altes Manuskript zu reden, was, mein Freund?«
»Da haben Sie wohl recht. War eigentlich das ganze frei erfunden, oder war ein Teil davon echt?«
»Vielleicht sage ich Ihnen das einmal, wenn wir uns besser kennen. Aber jetzt kommen Sie erst mal rein, alle beide.« Wir folgten ihm durch einen Türrahmen, der offensichtlich nur die Funktion hatte, die von Jean-Pierre erwähnten Metalldetektoren zu verdecken. Dahinter lag eine Bar, die in ein Eßzimmer überging.
In der Bar blieb er stehen. »Sollen wir erst essen, bevor wir uns unterhalten?« fragte er. »Guido hat sich viel Mühe gegeben und uns ein Ossobuco gemacht.«
»Ganz wie Sie meinen, Mr. Zander.«
»Gut.« Auf der Bar stand eine Messingglocke. Er klingelte und ging dann mit großen Schritten weiter ins Eßzimmer. An dem rustikalen Tisch mit seiner Spritzlackplatte war für drei gedeckt.
»Jean-Pierre ißt mit uns«, erklärte Zander. »Er ist der Europadirektor der Pax-Stiftung und als solcher für unseren ganzen Betrieb hier verantwortlich. Sie können in seiner Gegenwart frei sprechen. Es ist heute warm hier oben, Mr. Halliday. Möchten Sie Ihr Jackett ablegen?«
»Ich finde es ganz angenehm so, danke.« Und das stimmte. Er war es, der ins Schwitzen geriet. Es war nicht das Mittagessen, was er wollte. Er wollte vielmehr wissen, wie die Antwort aussah, die ich ihm brachte, und er wollte nicht erst danach fragen müssen. Aus seiner Privatküche kamen erste Gerüche, und ich fühlte mich plötzlich hungrig. »Eins stört mich noch«, sagte ich. »Ich habe Monsieur Jean-Pierres vollen Namen nicht mitbekommen. Wenn er für Ihren Betrieb hier verantwortlich ist, dann bin ich der Meinung, daß diese Tatsache in das erste Fernschreiben gehört, das Sie, wie ich hoffe, später für mich aufgeben werden.«
Jean-Pierre hatte an einem Beistelltisch aus Kiefernholz den Wein aufgemacht. Er fuhr auf der Stelle herum.
»Mein Name«, sagte er, »ist Jean-Pierre Vielle, aber es wäre ein großer Fehler, die Namen der Stiftung und ihres Europadirektors in Verhandlungen dieser Art zu erwähnen.«
»Aber ja, natürlich«, sagte Zander.
»Der Name der Stiftung steht für Frieden, Patron.«
»Das. ist mir bewußt, Jean-Pierre.« Zander klang ein wenig gereizt. »Aber wir werden sicher alle diese Fragen später erörtern. Jetzt wollen wir hier erst mal Platz nehmen und essen. Sie hier zu meiner Rechten, Mr. Halliday.«
Das Essen servierten das Mädchen mit den blaugetönten Brillengläsern und Guido, der Koch, ein angespannt wirkender junger Mann, der heftig schwitzte und unverständliche Laute von sich gab, während er um uns herumschwirrte. Keiner von ihnen war im Servieren geübt, und beide hatten offensichtlich Angst, Fehler zu machen, aber sie kamen ganz gut zurecht. Das Essen war gut, der Wein genießbar. Kaffee wurde nicht serviert. Als der Tisch abgeräumt war, forderte Zander Vielle auf, eine zweite
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