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Mit der Zeit

Mit der Zeit

Titel: Mit der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Druck sollte immer direkt ausgeübt werden. Der Syncom-Mann in Rom ließ die Verzögerung zu. Ihn hätte man sich vornehmen müssen.«
    »Man hat mir gesagt, längere Kontakte mit der arabischen Welt hätten oft zur Folge, daß Denkprozesse komplizierter werden. Bei Ihnen scheint das Denken noch ziemlich geradlinig.«
    Sie warf mir einen ihrer schrägen Blicke zu. »Ich bin keine Araberin und nur zur Hälfte Berberin. Sie denken dabei an den Patron. Er ist es, der die Wüstenaraber mag. Er kann manchmal sogar den Herrscher mögen.«
    »Sie tun es nicht und können es nicht?«
    »Es gibt dort unten auch kultivierte Männer«, sagte sie, »aber er –«, sie machte mit der linken Hand eine Geste, als schüttle sie Wassertropfen von den Fingern ab, »ihm geh ich nach Möglichkeit aus dem Weg. Der Patron weiß das.«
    »Hat Ihnen der Patron erzählt, daß am Dienstag in der Nähe des Treffpunktes ein holländisches Fernsehteam zu uns stoßen wird, und zwar ein echtes?«
    Sie starrte mich an. »Wovon reden Sie denn da?«
    Beim Zuhören spitzte sie die Lippen und atmete ein paarmal tief durch. Dann verdeutlichte sie ihren Ärger mit einem kurzen Knurren und zitierte wieder aus dem Buch. »Wenn eine Tarnung Talente oder Fähigkeiten voraussetzt, die der Betreffende oder die Betreffenden weder besitzen noch leicht erwerben können, dann ist diese Tarnung von Natur aus schwach. Die gute Tarnung erfordert fast gar keine Verstellung.«
    »Ich bin sicher, Sie haben recht.«
    »Und eine allzu komplizierte Tarnung läuft Gefahr, sich selber zu Fall zu bringen. Ich mache Ihnen wegen dieser Komplikation keinen Vorwurf, mein Freund. Ihre Überlegung war richtig. Es ist besser, als mit den österreichischen Medien Ärger zu bekommen. Wo ist das holländische Team jetzt?«
    »Auf dem Weg nach Norden, von irgendwoher in Jugoslawien. Genau weiß ich es nicht. Aber ich hätte noch einen Vorschlag zu machen. Möchten Sie ihn hören?«
    »Meinetwegen.«
    »Warum lassen wir nicht Jean-Pierre, die jungen Leute und all das Gerümpel, das wir mitschleppen, einfach zurück? Wir setzen sie irgendwo in Zürich ab und fliegen dann morgen nach Wien. Dort mieten wir einen Wagen und fahren zu dem Gasthaus bei St. Veit, wo wir nach Aussage des Patrons vor dem Treffen übernachten. Dann sind wir unsere Probleme los und können uns auf das Treffen konzentrieren.«
    »Unmöglich.«
    »Wieso?«
    Sie hatte viel Geduld mit mir. »Weil das nicht der Plan ist, den der Herrscher im voraus gebilligt hat. Selbst die Bitte um geringfügige Veränderungen würde tiefen Argwohn auslösen. Sie kennen ihn nicht.«
    »In Ihrer Darstellung hört er sich an wie sein Vater.«
    »Aha, von dem haben Sie auch gehört. Nun, der Sohn würde wohl kaum seinen eigenen Revolver ziehen und uns abknallen, aber Ihre Freunde würden ihn nicht zu sehen bekommen. Er würde mitsamt seiner Begleitung verschwinden und im Privatjet nach London oder Paris fliegen. Die Vorbereitung eines neuen Treffens würde viele Wochen beanspruchen. Der Patron könnte eine so grundlegende Änderung der Pläne nicht erwägen.«
    »Schätzchen, an diesen Verhandlungen nehmen zwei Seiten teil. Warum sollte allein der Herrscher das Sagen haben?«
    »Dafür gibt’s keinen Grund, wenn die andere Seite bereit ist, die Bucht von Abra vorläufig zu vergessen.«
    »Vergessen Sie da nicht etwas? Was ist denn mit diesem holländischen Team, das anreist, und mit dem Interview, das ich machen werde? Sind das für Sie keine Änderungen der Pläne?«
    »Die einzige Änderung ist die, daß nun bei dem Interview ein Film oder Videoband in der Kamera sein wird. Bisher war es nur ein – wie nannten Sie das noch mal?«
    »Ein Probedurchlauf?«
    »Genau. Ein Probedurchlauf nach dem geheimen Treffen, um hinterher eine einfachere Erklärung für all das Kommen und Gehen zu haben.« Ich beugte mich vor und stützte mich mit den Ellenbogen auf die Rückenlehne des leeren Sitzes neben ihr. Sie langte herüber und tätschelte kurz meine Hände. »Mein Freund, Sie dürfen nicht den Fehler machen und davon ausgehen, daß diese Leute automatisch zuhören, wenn ein vernünftiger Kopf ihnen einen vernünftigen Vorschlag macht. Nur ein paar davon sind vernünftige und normale Männer. Manchmal habe ich das Gefühl, daß nicht mal der Patron vollkommen normal ist.«
    Sie sagte diese letzten paar Worte so beiläufig, daß ich im ersten Moment gar nicht richtig registrierte, wie merkwürdig sie waren. In der Zwischenzeit hatte sie die Tür

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