Mit der Zeit
österreichischen Grenze?«
»Tarvisio in Italien. Mit dem Auto etwa eineinhalb Stunden von hier. Aber wir müßten es bis dahin ohne Hilfe schaffen.«
»Und sobald wir die Petrucher verlassen, wird sich ein Rasmuk-Kommando hinter uns klemmen.«
»Die werden nicht losschlagen, solange der Herrscher noch zu nahe ist. Die warten den rechten Augenblick ab.«
»Lange bestimmt nicht. Die nehmen auf die österreichische Neutralität keine Rücksicht.«
Später, als wir still im Bett lagen, sagte ich: »Haben wir ausreichend Geld zur Verfügung?«
»Wofür?«
»Warum sollten wir nicht einen Hubschrauber chartern?«
»Ich habe die Chartergesellschaften heute abend angerufen. Es sind zwei, und es gibt einen Flugplatz, nicht weit von hier, von dem aus sie uns an jeden Ort innerhalb ihrer Reichweite fliegen würden.«
»Na also …«
»Unglücklicherweise liegt dieser Flugplatz drei Kilometer nördlich von Klagenfurt. Wir müßten also nicht nur die siebzig Kilometer von der Petrucher hierher zurückfahren, sondern darüber hinaus weitere fünfzehn Kilometer bis zu dem Flugplatz. Chartermaschinen dürfen nicht ohne Sonderzulassung – die wir nicht bekommen könnten – an nicht genehmigten Orten landen. Und überhaupt, was würden die Rasmuk-Leute wohl tun, wenn wir auf einen Flugplatz oder ein offenes Feld zugingen, von dem uns offensichtlich ein Hubschrauber abholen könnte?«
»Blitzschnell zuschlagen?«
»Ich glaube schon. Haben Sie noch andere Ideen?«
»Ich wüßte da eine Möglichkeit, aber ich muß erst noch ein wenig darüber nachdenken, bevor ich sie rauslasse. Was meinen Sie: wie sieht wohl der Herrscher mittlerweile dieses Fernsehinterview, das ich zu machen habe? Sie haben doch gesagt, daß er es nicht mag, wenn Pläne geändert werden. Wie hat ihm der Patron bloß diese Änderung verkauft? Und hat er sie restlos akzeptiert? Sicher, das Interview wird nach wie vor gebraucht, als Tarnung für sein großes Treffen im Hinterzimmer. Aber wie wird er an die Sache herangehen? Wird er nun mit einem echten oder vorgetäuschten Interview rechnen, oder mit einer Mischung aus beiden? Können Sie das abschätzen?«
Sie starrte zur Decke. »Mehr als das. Ich kann es ganz genau sagen. Wenn die Vorbereitungen für die Dreharbeiten und das Interview mit viel Zeremoniell und großem Ernst gemacht werden, wenn er dabei im Mittelpunkt steht und alle an seinen Lippen hängen, um sich ja kein Wort von ihm entgehen zu lassen, dann betrachtet er das Ganze als real. Hilft Ihnen das weiter?«
»Sehr.«
»Dann lassen Sie mich noch deutlicher werden. Wie lange macht es einem kleinen Jungen Spaß, mit einem Spielzeug-Maschinengewehr zu spielen? Ich will es Ihnen sagen: nur solange es laut genug knallt, um die Szene, die der Junge gerade durchspielt, real erscheinen zu lassen. Der Herrscher ist da genauso.« Sie wandte mir ihr Gesicht zu und sah mich an. »Nicht soviel nachdenken. Schlafen ist jetzt viel wichtiger.« Sie lächelte. »Und um Ihnen böse Träume zu ersparen, will ich Ihnen etwas streng Geheimes anvertrauen. In dem Ortofilm-Kastenwagen haben wir vier gute Sturmgewehre und jede Menge Munition versteckt. Wir haben das alles von Stresa mitgebracht.«
»Keine Träume, sagen Sie?«
»Keine bösen Träume. Die Möglichkeit, mein Lieber, daß wir mit einem Rasmuk-Team um unser Leben kämpfen und ein paar von ihnen würden töten müssen, war immer gegeben. Und ich glaube, jetzt ist dieser Fall eingetreten.«
Aus ihrem Mund klang das irgendwie wie ein gemischtes Doppel im Tennis, auf einem Rasenplatz im Mai, aber mir fielen nicht die passenden Worte ein, mit denen ich es ihr hätte sagen können. Sobald sie weg war, holte ich aus der Schreibtischschublade die Mappe, die ich dort gesehen hatte und die Ansichtskarten von dem Gasthaus und Briefpapier enthielt. Dann setzte ich mich hin und schrieb Christian Rainer einen Brief.
Die erste Seite ging so:
Lieber Herr Rainer,
ich schreibe Ihnen diesen Brief um ein Uhr morgens und werde dafür sorgen, daß er Ihnen zum Frühstück gebracht wird.
Nach unserem Gespräch heute abend und nach dem, was Mme. Chihani mir zu sagen hatte, sehe ich mich gezwungen, meine Einstellung zu dem Petrucher-Interview neu zu überdenken. Ich glaube nun, daß Sie recht haben und daß ich mich irrte.
Dieser Mann, der alle Kontakte zu den Medien meidet, tut das mit dem Argument, daß seine Privatsphäre geschützt werden muß und daß ihm Publicity, die seiner Person gilt, zuwider ist. Seine
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