Mit dir an meiner Seite
Schildkröten unbehelligt das Wasser erreichen konnten.
Ronnie und Will halfen dabei, in dem flachen Graben, der zum Meer führte, den Sand ganz glatt zu streichen. Es wurde Absperrband angebracht, um neugierige Zuschauer auf Distanz zu halten. Die meisten jedenfalls. Jonah und Dad durften den abgesperrten Bereich betreten, aber auch sie hielten sich am Rand, um die Arbeit der Fachleute vom Aquarium nicht zu behindern.
Eigentlich hatte Ronnie keine Ahnung, was sie tun sollte, außer dafür zu sorgen, dass niemand dem Nest zu nahe kam. Sie war ja keine Expertin, aber weil sie ihr Osterei-Outfit anhatte, dachten die Leute gleich, sie müsste alles wissen. In der vergangenen Stunde hatte sie mindestens hundert Fragen beantwortet. Sie war stolz darauf, dass sie sich an alles erinnerte, was Will ihr über die Schildkröten beigebracht hatte, und zum Glück hatte sie auch das Informationsblatt über Karettschildkröten gelesen, das vom Aquarium für die Öffentlichkeit zusammengestellt worden war. Fast alles, was die Leute wissen wollten, stand auf diesem Zettel, aber offenbar war es leichter, jemanden zu fragen, als den Text zu lesen.
Außerdem verging durch diese Gespräche die Zeit schneller. Seit Stunden warteten sie jetzt schon hier draußen. Man hatte ihnen zwar versichert, dass die Jungen jede Minute schlüpfen konnten, aber Ronnie war sich da nicht so sicher. Den Schildkröten war es gleichgültig, ob ein paar kleine Kinder quengelig wurden oder ob jemand am nächsten Tag früh aufstehen musste.
Sie hatte gedacht, dass höchstens zehn Leute kommen würden, aber stattdessen hatten sich Hunderte entlang der Absperrung versammelt. In Wahrheit gefiel ihr das nicht, weil sie das Gefühl hatte, dass aus dem Ereignis eine Art Zirkusvorstellung wurde.
Für eine Weile zog sie sich deshalb auf die Düne zurück, und Will gesellte sich zu ihr.
»Wie findest du das?«, fragte er und deutete auf die Menschenansammlung.
»Ich weiß nicht recht. Und bis jetzt tut sich ja auch gar nichts.«
»Aber es dauert nicht mehr lange.« »Das sagen alle.«
»Du musst Geduld lernen, du junger Grashüpfer.« »Ich bin doch geduldig. Ich möchte nur, dass die Schildkröten endlich schlüpfen.«
Will lachte. »Ich bin schuld.« »Musst du nicht helfen?«
»Ich bin nur ehrenamtlich hier. Du bist diejenige, die einen Job im Aquarium hat.«
»Stimmt, aber für das hier werde ich nicht bezahlt, und eigentlich solltest du eine Weile an der Absperrung aufpassen, gerade weil du ehrenamtlich da bist.«
»Lass mich raten - die eine Hälfte der Leute fragt, was hier los ist, und die andere will Sachen wissen, die sowieso auf dem Informationsblatt stehen.«
»Richtig.«
»Und das hängt dir zum Hals raus?«
»Sagen wir mal, es macht nicht so viel Spaß wie das Abendessen neulich.«
An ihrem Geburtstag war Will mit ihr in ein gemütliches kleines italienisches Restaurant gegangen und hatte ihr eine Halskette mit einem silbernen Anhänger in Form einer Schildkröte geschenkt, die sie wunderschön fand und die ganze Zeit trug.
»Wie weiß man, dass es wirklich gleich so weit ist?«
Will deutete auf den Leiter des Aquariums, der sich gerade mit einem der Biologen unterhielt. »Wenn Elliot und Todd unruhig werden.«
»Klingt sehr wissenschaftlich.«
»Es ist wissenschaftlich belegt. Glaub mir.«
»Darf ich mich zu dir setzen?«
Will war vor ein paar Minuten gegangen, um noch zusätzliche Taschenlampen aus dem Truck zu holen. Jetzt stand ihr Vater an der Düne.
»Aber natürlich, Dad. Du brauchst nicht zu fragen.«
»Ich will dich nicht stören. Du scheinst in Gedanken versunken zu sein.«
»Ich warte nur - wie alle anderen auch.« Sie rückte ein Stück beiseite, damit er sich zu ihr setzen konnte. In der letzten halben Stunde waren sogar noch mehr Menschen gekommen, und Ronnie war froh, dass Dad die Erlaubnis hatte, sich innerhalb des abgesperrten Bereichs aufzuhalten. In letzter Zeit sah er oft sehr müde aus.
»Ob du's glaubst oder nicht - ich habe noch nie gesehen, wie Schildkröten schlüpfen.« »Wieso nicht?«
»Früher wurde darum nicht so ein Tamtam gemacht wie heutzutage. Klar, ich habe manchmal irgendwo ein Nest entdeckt und fand es schön, aber ich habe nie viel darüber nachgedacht. Einmal bin ich an einem Nest vorbeigekommen, in dem die Schildkröten in der Nacht zuvor geschlüpft waren. Überall lagen die Eierschalen herum. Aber das gehörte einfach zum Leben hier. Ich wette, damit hast du nicht gerechnet,
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