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Mit dir an meiner Seite

Mit dir an meiner Seite

Titel: Mit dir an meiner Seite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Morgen wurden noch verschiedene Untersuchungen gemacht, außerdem war ein längeres Gespräch mit dem Arzt vereinbart. Zwischen all diesen Terminen war er bestimmt sehr erschöpft und brauchte Ruhe. Aber Ronnie wollte in seiner Nähe sein, selbst wenn er schlief. Bald hatte sie keine Möglichkeit mehr dazu.
    Mit einem leisen Quietschen öffnete sich die Tür hinter ihr, und Will trat neben sie. Sie wandte den Blick nicht vom Ozean ab.
    »Jonah ist endlich eingeschlafen«, sagte Will. »Aber ich glaube, so ganz erfasst er den Ernst der Lage noch nicht. Er hat gesagt, dass die Ärzte eurem Dad bestimmt helfen können, wieder gesund zu werden, und dauernd wollte er wissen, wann er nach Hause darf.«
    Ronnie konnte nur nicken. Sie dachte daran, wie verzweifelt Jonah im Krankenzimmer geweint hatte. Schützend legte Will den Arm um sie.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte er.
    »Wie kann alles in Ordnung sein? Ich habe gerade erfahren, dass mein Vater im Sterben liegt und dass er vermutlich nicht einmal bis Weihnachten leben wird.«
    »Ich weiß«, erwiderte Will sanft. »Und es tut mir unendlich leid. Ich weiß, wie schwer das für dich ist.« Sie spürte seine Hand an ihrer Taille. »Ich bleibe heute Nacht am besten hier. Falls etwas passiert und du ins Krankenhaus musst, ist wenigstens jemand bei Jonah. Ich kann so lange hierbleiben, wie du mich brauchst. Ich werde bei der Univerwaltung anrufen und die Situation erklären. Die Vorlesungen fangen sowieso erst eine Woche später an.«
    »Du kannst nichts tun«, entgegnete Ronnie. Ihr Tonfall war streng und abweisend, aber sie war nicht fähig, ihre Stimme zu kontrollieren. »Und du kannst auch nicht verstehen, wie ich mich fühle.«
    »Ich habe auch schon jemanden verloren«, sagte er leise.
    »Das ist nicht das Gleiche!« Sie presste den Nasenrücken zusammen, um die Tränen zu unterdrücken. »Ich war so böse zu ihm! Ich habe aufgehört, Klavier zu spielen. Ich habe ihm an allem die Schuld gegeben, und ich habe drei Jahre lang kein Wort mit ihm geredet. Drei Jahre lang! Und diese Jahre kann ich nicht nachholen. Vielleicht wäre er nicht krank geworden, wenn ich nicht so wütend gewesen wäre. Vielleicht hat dieser zusätzliche Stress, den ich verursacht habe, seine Krankheit beschleunigt. Vielleicht ist alles meine Schuld!« Sie befreite sich aus Wills Armen.
    »Es ist nicht deine Schuld.«
    Er zog sie wieder an sich, aber sie versuchte, ihn fortzustoßen. Weil er sie trotzdem nicht losließ, trommelte sie mit den Fäusten gegen seine Brust.
    »Lass mich in Ruhe! Ich werde allein damit fertig!«
    Doch Will gab nicht nach, und als sie begriff, dass er sie weiterhin festhalten würde, hörte sie auf, sich zu wehren. Er drückte sie an sich, und sie weinte und weinte.
     
    Später lag sie in dem dunklen Zimmer und horchte auf Jonahs regelmäßige Atemzüge. Will schlief auf dem Sofa im Wohnzimmer. Sie wusste, dass es besser wäre einzuschlafen, aber sie fürchtete dauernd, das Telefon würde klingeln. Sie malte sich das Allerschlimmste aus: dass ihr Vater wieder einen Hustenanfall bekommen hatte, dass er noch mehr Blut verlor, dass man nichts mehr für ihn tun konnte...
    Auf dem Nachttisch neben ihr lag die Bibel ihres Vaters. Vorhin hatte sie darin geblättert, ohne recht zu wissen, wonach sie suchte. Hatte er bestimmte Passagen unterstrichen oder Seiten markiert? Sie entdeckte kaum Spuren ihres Vaters in dem Buch, außer dass sich alle Seiten abgegriffen anfühlten, was ein Zeichen dafür war, dass er mit dem ganzen Text sehr vertraut war. Es hätte sie gefreut, wenn er ihr durch kleine Signale etwas über sich selbst mitgeteilt hätte, aber nichts wies daraufhin, dass er einen bestimmten Vers interessanter gefunden hatte als andere.
    Ronnie hatte noch nie in der Bibel gelesen. Aber diese hier wollte sie studieren, um zu erfahren, was ihr Vater darin gefunden hatte. War sie ein Geschenk von Pastor Harris? Oder hatte er sie sich selbst gekauft? Wie lange befand sie sich schon in seinem Besitz? Es gab so vieles, was sie nicht über ihn wusste!, dachte sie wieder. Weshalb hatte sie sich nie die Mühe gemacht, ihn zu fragen?
    Ja - sie wollte ihm tausend Fragen stellen. Wenn sie schon bald gezwungen war, nur noch mit den Erinnerungen zu leben, wollte sie vorher wenigstens so viele Details wie möglich erfahren. Zum ersten Mal seit Jahren begann sie zu beten, und sie flehte Gott an, ihr genug Zeit zu geben, um diesen Vorsatz zu verwirklichen.
     

Kapitel 32
    Will
     
    Will

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