Mit dir an meiner Seite
fummelte er an dem Haken. »Bin doch schon dabei! Gib mir zwei Sekunden.« »Er blutet! Du hast ihn verletzt!«
Will arbeitete unbeirrt weiter. Immer wieder schlug der Fisch mit der Flosse gegen seinen Handrücken. Der kleine Trommler war höchstens zwei Kilo schwer, aber verblüffend kräftig.
»Du brauchst viel zu lange!«, stöhnte Ronnie.
Behutsam zog Will nun den Haken heraus, drückte den Fisch aber weiterhin auf den Boden. »Willst du ihn nicht doch mit nach Hause nehmen, als Abendessen? Für ein paar Filets wird er schon reichen.«
Fassungslos schnappte Ronnie nach Luft, aber bevor sie ein Wort herausbrachte, hatte Will den Fisch schon wieder ins Wasser geworfen, wo er nach dem Aufklatschen untertauchte und verschwand. An einem Handtuch wischte sich Will das Blut von den Fingern.
Ronnie musterte ihn immer noch vorwurfsvoll. Ihre Wangen glühten vor lauter Anspannung. »Du hättest ihn gegessen, stimmt's? Wenn ich nicht dabei wäre, hättest du ihn mitgenommen, ich weiß es.«
»Nein, ich hätte ihn auf jeden Fall wieder ins Wasser geworfen.«
»Warum kann ich dir das nicht glauben?«
»Weil du vermutlich recht hast.« Er grinste sie an, dann griff er zur Angelrute. »Also - willst du den nächsten Köder anbringen, oder soll ich das machen?«
»Meine Mutter dreht völlig durch, weil sie die Hochzeit meiner Schwester plant - da muss alles perfekt sein«, erzählte Will. »Bei uns ist die Stimmung zurzeit etwas ... hysterisch.«
»Wann findet die Hochzeit denn statt?«
»Am neunten August. Und meine Schwester will unbedingt zu Hause feiern - was die Sache natürlich nicht erleichtert, weil meine Mom dadurch noch mehr unter Druck gerät.«
Ronnie grinste verständnisvoll. »Wie ist deine Schwester so?«
»Intelligent. Sie wohnt in New York. Ziemlich unabhängig und selbstständig. Sie hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einer anderen älteren Schwester, die ich kenne.«
Das schien Ronnie zu gefallen. Während sie jetzt den Strand entlangschlenderten, ging gerade die Sonne unter, und Will spürte, dass sich Ronnie immer mehr entspannte. Insgesamt hatten sie drei Fische geangelt und wieder ins Wasser geworfen, dann war er mit ihr nach Wilmington gefahren, wo sie auf einer Veranda am Cape Fear River einen Happen zu Mittag aßen. Er zeigte ihr die USS North Carolina, ein ausgemustertes Schlachtschiff aus dem Zweiten Weltkrieg, das am anderen Ufer lag und besichtigt werden konnte. Und während sie da saßen und sich unterhielten, stellte Will voller Verwunderung fest, wie leicht es ihm hei, mit Ronnie zu reden. Im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen, die er kannte, sagte sie, was sie dachte, und spielte keine albernen Spielchen, hatte aber gleichzeitig viel Humor. Das mochte er ganz besonders, auch wenn sich ihre witzigen Bemerkungen gelegentlich gegen ihn richteten. Im Grunde gefiel ihm alles an ihr.
Kurz bevor sie wieder am Haus ihres Vaters angelangt waren, rannte sie los, um nach dem Schildkrötennest zu sehen. Tatsächlich - der Drahtkorb war angebracht worden. Er bestand aus einem feinmaschigen Geflecht, das mit extralangen Stäben im Sand verankert war.
»Und das soll den Waschbär abhalten?«, fragte sie skeptisch.
»Ja, erfahrungsgemäß.«
»Aber wie kommen die kleinen Schildkröten später hier raus? Sie passen doch nicht durch die Löcher, oder?«
»Die Leute vom Aquarium entfernen den Korb, bevor die Jungen schlüpfen.«
»Woher wissen sie, wann das ist?«
»Das können sie genau berechnen. Die Eier brauchen etwa sechzig Tage, aber es hängt auch vom Wetter ab. Je heißer, desto schneller schlüpfen sie. Und du darfst nicht vergessen, dass das Nest nicht das einzige hier am Strand ist und schon gar nicht das erste, das sie beschützen. Sobald ein Nest frei wird, folgen die anderen meistens in einem Abstand von ungefähr einer Woche.«
»Hast du schon mal gesehen, wie die Schildkröten schlüpfen?«
Will nickte. »Ja, vier Mal.«
»Wie ist das?«
»Ziemlich verrückt, muss ich sagen. Wir entfernen kurz davor den Korb, und dann graben wir eine flache Rinne bis zum Wasser - der Rand muss allerdings so hoch sein, dass die Schildkröten nur in eine Richtung laufen können. Am Anfang bewegen sich nur ein paar Eier, aber man hat den Eindruck, als würde diese Bewegung ausreichen, um das gesamte Nest in Aufruhr zu versetzen. Und eh du dich's versiehst, rumort es überall. Wie in einem wild gewordenen Bienenstock. Die Schildkröten klettern übereinander, weil sie unbedingt aus dem
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