Mit dir im Paradies auf Erden
schmerzhafte Erfahrung für ihn gewesen, sie so zu sehen. Er hatte das Gefühl gehabt, von der Vergangenheit eingeholt zu werden.
Ärgerlich über sich selbst schüttelte er den Kopf. Wo war sein nüchterner Verstand geblieben, auf den er sich eigentlich stets verlassen konnte? Nur gut, dass Fleur morgen abreiste und sein Leben wieder in die gewohnten Bahnen zurückkehrte.
8. KAPITEL
Es war später Vormittag, und Fleur traf die letzten Vorbereitungen für die Rückfahrt nach London. Sebastian hatte ihr das Auto vors Haus gefahren und den Koffer verstaut. Dann hatte er sich verabschiedet, nicht ohne sie auf eine unverbindliche Art einzuladen, bei Gelegenheit doch einmal wieder auf Pengarroth Hall vorbeizuschauen.
Ein letztes Mal blickte sie sich im Zimmer um, dann nahm sie ihr Handgepäck und ging nach unten in die Küche. Pat stand mit traurigem Gesicht an der Spüle, während Benson wie gewöhnlich schlafend in seinem Korb am Herd lag.
Fleur bückte sich, um ihm den Kopf zu streicheln. „Du wolltest mir zwar nicht gehorchen, alter Freund“, meinte sie zärtlich, „trotzdem wirst du mir fehlen.“
„Sie werden uns noch viel mehr fehlen.“ Pat war den Tränen nahe.
Es war ein trauriger Abschied. Fleur versprach auf dieselbe unverbindliche Art wie Sebastian, bald einmal wiederzukommen, was ihrer festen Überzeugung nach jedoch niemals passieren würde. Es war klüger, einen Schlussstrich unter das Kapitel Pengarroth Hall zu ziehen und sich wieder der Arbeit zu widmen.
Als sie am oberen Tor vorbeifuhr, musste sie lächeln und an ihr erstes Zusammentreffen mit Sebastian denken, als er sie auf einem Baumstumpf sitzend in der Dämmerung gefunden hatte. Eine Erinnerung führte zur nächsten, und ihr Lächeln verstärkte sich. Schöner hätte sie Weihnachten und Silvester wirklich nicht verbringen können.
Einzig und allein die Tatsache, dass sich ihre Gedanken immer wieder zu Sebastian verirrten, störte ihr Glück. Obwohl Fleur sich verbot, Pats Worte auch nur eine Sekunde lang ernst zu nehmen, gingen sie ihr nicht aus dem Kopf.
Sie war für Sebastian eine Besucherin gewesen, die er seiner Schwester zuliebe zuvorkommend behandelt hatte, aber niemals eine Frau, die ihm etwas Besonderes bedeutete. Er wollte sich emotional nicht binden, das hatte er ihr mehrmals zu verstehen gegeben, wenn ihr Gespräch dieses Thema berührte. Und selbst wenn er an einer Beziehung interessiert wäre, hätte er die Möglichkeit, unter einer Vielzahl von Kandidatinnen zu wählen, die in denselben gehobenen gesellschaftlichen Kreisen verkehrten wie er. Eine Frau wie sie war für ihn in jeder Hinsicht indiskutabel, davon war sie überzeugt.
Trotzdem, wenn sie daran dachte, was vor einigen Nächten in ihrem Schlafzimmer passiert war, regte sich ihre Sehnsucht … Wie schön es gewesen war, in seinen Armen zu liegen und sein leidenschaftliches Begehren zu spüren.
Hatte dieser Kuss auch Sebastian etwas bedeutet? Oder war er nicht lediglich den Instinkten eines jeden gesunden Mannes gefolgt? Fleur zuckte die Schultern. Es war schwer zu beurteilen und außerdem gleichgültig, denn es hatte ihr freundschaftliches Verhältnis nicht beeinflusst. Weder Sebastian noch sie hatten den Vorfall jemals wieder erwähnt.
Und doch … sie konnte ihm nicht gleichgültig gewesen sein, sonst ließe sich sein einfühlsames Verhalten in der Kathedrale nicht erklären. Überhaupt waren die Stunden mit Sebastian wunderbar gewesen. Zwischen ihnen hatte eine Harmonie und ein unausgesprochenes Einvernehmen geherrscht, das eigentlich nur schon lange miteinander vertraute Paare erlebten.
Um auf andere Gedanken zu kommen, schob Fleur eine CD ein. Die unsterblichen Arien aus den Opern von Verdi ließen Fleur ihre Melancholie überwinden und halfen ihr, die übliche Gelassenheit zurückzugewinnen.
Der Verkehr wurde dichter. London war nicht mehr weit. Fleur fühlte sich mit jedem Kilometer leichter und freier und war froh, vorzeitig abgereist zu sein. Sebastians Vorwürfe, sie sei auf Rudy Malones Annäherungsversuche eingegangen, hatten sie tiefer verletzt, als sie sich eingestehen wollte.
Doch auch diese aus der Luft gegriffenen Beschuldigungen hatten ein Gutes, denn sie hatten ihr Sebastians wahres Gesicht gezeigt. Er ertrug es einfach nicht, wenn sich nicht alles um ihn drehte. Er gehörte genau zu dem Typ Mann, den es unbedingt zu meiden galt.
Sebastian arbeitete mit Frank im Wald. Sie kennzeichneten die Bäume, die gefällt oder ausgeschnitten werden
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