Mit dir ins große Glueck
Haustür ging auf. "Komm herein, Gerd. Ich glaube dir. Aber ich weiß, dass Mami dir nicht glauben wird."
"Danke, Micky." Gerd strich dem Mädchen über das schimmernde Haar. "Was soll ich tun? Ich will deine Mutter nicht verlieren. Sie bedeutet mir eine ganze Menge."
"Ich weiß." Das Mädchen senkte den Blick. "Sie hat mir verboten, ans Telefon zu gehen. Und jetzt?" Fragend blickte sie ihn an. "Was machen wir jetzt?"
"Hast du mir ein Stück Papier und etwas zu schreiben? Ich werde ihr einen Brief hinterlassen. Vielleicht habe ich ja Glück, und sie reagiert darauf."
Wenig später brachte Micky das Gewünschte, und Gerd schrieb seinen Brief. "Gib ihn ihr bitte, wenn sie heute Abend heimkommt." Er tippte das Mädchen an der Nasenspitze an. "Kopf hoch, kleine Micky", sagte er zärtlich. "Ich bin sicher, wenn wir beide zusammenhalten, wird alles in Ordnung kommen."
"Na, ich weiß nicht", antwortete Michaela zweifelnd. "Sie begleitete Gerd noch bis zur Haustür, dann schloss sie hinter ihm wieder sorgfältig ab. Ein kleines bisschen Hoffnung war zurück-gekehrt in ihr junges Leben. Gerd war wieder da, und er war so groß und stark. Er würde alles in Ordnung bringen.
* * *
Melanie dachte gar nicht daran, Gerds Brief zu beantworten. Sie hatte ihn zwar gelesen, doch dann zusammen mit den Fotografien ad acta gelegt. So sehr Micky auch bettelte, es kam keine Reaktion von der Mutter.
Die Tage vergingen, Gerd rief nicht mehr an, und Michaela verlor das bisschen Hoffnung wieder, das sie für eine Weile gefunden hatte. Heute war Samstag, und Melanie versuchte, Wochenendstimmung aufkommen zu lassen, aber es wollte ihr nicht gelingen. "Was hältst du davon, wenn wir einen ausgedehnten Einkaufsbummel machen, Micky?" schlug sie vor.
Die Neunjährige schüttelte den Kopf. "Kein Bedarf, danke, Mami", sagte sie nur und vergrub ihr Gesicht im zottigen Fell ihres Hundes. "Trevor will auch nicht allein bleiben, nicht wahr, mein Kleiner?"
"Dann eben nicht." Melanie schien beleidigt zu sein. "Hast du nicht noch Hausaufgaben zu erledigen?"
"Ich muss lernen für die Klassenarbeiten nächste Woche." Das Mädchen erhob sich vom Boden und ging nach draußen. Trevor folgte ihr.
Melanie fühlte sich kreuzunglücklich. Alles war schiefgelaufen in der letzten Zeit. Angefangen hatte es mit der Scheidung von Walter, und so war es gerade weitergegangen. Im Augenblick jedenfalls befand sie sich am tiefsten Punkt ihres Lebens. Wie sollte sie da jemals wieder herausfinden?"
Es läutete. Gerd! Das Herz der jungen Frau begann heftig zu klopfen. Sie ging nach draußen, doch es war nur der Postbote, der ein Einschreiben brachte. Enttäuscht kehrte sie wieder ins Wohnzimmer zurück.
In der Post war nichts Besonderes, und auch der restliche Samstag verlief so eintönig wie alle Samstage zuvor. Der Sonntag wurde auch nicht viel besser. Melanie und Micky gingen am Nachmittag eine Weile spazieren, und die Neunjährige zog sich schon früh am Abend mit einem Buch in ihr Bett zurück.
Melanie konnte nicht schlafen. Rastlos wanderte sie im Haus hin und her, von einem Zimmer ins andere, starrte aus dem Fenster und wischte mit den Fingerspitzen imaginären Staub von den Möbeln. Sie fühlte sich richtig heimatlos.
Immer wieder wanderte sie zum Telefon, nahm den Hörer ab und wählte Gerds Nummer. Doch ehe es läuten konnte, legte sie wieder auf. Gerade wollte sie ebenfalls zu Bett gehen, da läutete es an der Haustür. Wieder stieg Hoffnung in ihr auf. Sollte Gerd endlich...? Leichtfüßig lief sie zur Tür und öffnete. Sie hatte ganz vergessen, die Sicherheitskette vorzulegen. "Gerd, ich..."
"So, dann hast du mich also gar nicht erwartet, Süße?" Walter Saur drückte die Tür nach innen auf, stieß Melanie zur Seite und betrat die Wohnung. Zufrieden grinsend blickte er sich um. "Du hast meine Bilder bekommen? Sind gut geworden, nicht wahr? Ich hoffe, ich habe damit meinen Nebenbuhler aus dem Rennen gedrängt."
"Verschwinde, Walter." Melanie zitterte vor Angst. "Ich rufe die Polizei, wenn du nicht sofort gehst."
"Lass den Unsinn, meine Süße. Kannst du dich denn nicht mehr daran erinnern, wie schön es war, als wir noch verheiratet waren?" Sein alkoholgeschwängerter Atem streifte sie. Mit süffisantem Lächeln torkelte er auf sie zu. Er musste eine ganze Menge getrunken haben, so wie er sich bewegte.
Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen
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