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Mit einem Bein im Modelbusiness

Mit einem Bein im Modelbusiness

Titel: Mit einem Bein im Modelbusiness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Mario und Amend Galla
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Leute von HUGO BOSS wussten zwar mittlerweile von meinem Handicap; was ihnen aber niemand gesagt hatte, war, dass meine Beine noch nie auf einem Laufsteg gestanden hatten. Selbst früher, während eines Cluburlaubs mit meiner Mutter, hatte ich mich konsequent geweigert, bei der dämlichen Kindermodenschau mitzumachen, weil ich diesen nervenden Animateur so ätzend fand und viel lieber Karaoke singen wollte. Aber hey, ich lief ja nur auf der Jahrespräsentation einer der bekanntesten Modemarken der Welt.
    Ich spürte meine Beine nicht mehr, so aufgeregt war ich. Und als hätte ich nicht schon genug damit zu tun, meine Nervosität in den Griff zu bekommen, drückte mir eine Mitarbeiterin auch noch eine Tasche in die Hand.
    » Was soll ich denn damit?«, fragte ich überrascht.
    » In deiner Hand halten!«
    » Und wie?«
    Dann kam auch schon Ingo, der Chefdesigner, dazu, um mich zu beruhigen.
    » Hey Mario, alles ist cool«, sagte er sanft. » Weißt du, alles ist gut. Denk nicht darüber nach, ob du was falsch machen könntest. Geh einfach raus und lauf. Gleich ist alles vorbei. Du schaffst das!«
    Diese Worte waren enorm wichtig für mich, denn mit dem Druck, vor so vielen Menschen nicht zu versagen, musst du erst mal klarkommen. In solchen Momenten brauche ich das, dieses Gefühl, nicht allein zu sein. Die Schlange vor mir wurde kleiner und kleiner, und dann hieß es auch schon: » Mario, go!«
    Showtime, Baby! Während der ersten Meter auf dem Laufsteg konnte ich noch die Umrisse der Menschen aus dem Publikum erkennen, die aber schon im nächsten Augenblick zu einer einzigen schwarzen Masse verschmolzen.
    » Blue Steel, Mario. Blue Steel!«, sagte die Stimme in meinem Kopf. » Mach deinen Modelblick, Alter! Blue Steel, Blue Steel!«
    Ich biss die Zähne zusammen, lief bis nach vorne – meine Augen fokussiert auf einen nicht vorhandenen Punkt irgendwo im wabernden Scheinwerferlicht – und ging auf der anderen Seite wieder zurück. Der Laufsteg kam mir endlos vor, als wäre ich gerade von Hamburg nach Berlin gelaufen. Nach zwanzig Sekunden war alles vorbei.
    Mein Herz raste vor Aufregung, Erleichterung, Glück und was weiß ich noch alles. Ich fühlte mich wie auf Droge, meine Haut war ganz warm, und ich spürte eine Energie in mir, die meinen ganzen Körper vibrieren ließ – unglaublich!
    Am Ende der Show liefen alle Models noch einmal zusammen mit Ingo Wilts über den Laufsteg, um das große Finale zu zelebrieren. Die Regeln dafür sind schnell erklärt: Je bekannter du bist, desto näher wirst du am Designer platziert, damit die Fotografen die spektakulärsten Bilder bekommen. Ich rückte dafür von meinem elften Platz bis auf die dritte Position vor, womit ich nie im Leben gerechnet hätte. Da wurde mir bewusst, dass ich wohl alles richtig gemacht hatte und sie zufrieden mit mir waren. Mehr noch, ich war endlich drinnen im Game. Und ich war gekommen, um zu bleiben.
    Auf zur Aftershow-Party. Aus dem Nichts hatte HUGO BOSS eine wunderschöne Location aus dem Boden gestampft, mit handgeschnitzten Eisfiguren, einem künstlichen Irrgarten mit Marmor mitten im Zelt und natürlich jeder Menge Bars. Ich fühlte mich noch immer, als hätte ich gerade einen zehnstündigen Sex-Marathon hinter mir – müde und aufgeputscht zugleich.
    » Was darf’s sein?«, lächelte der Barkeeper.
    Ich schaute mich um. Die Auswahl war groß: Champagner, Wodka, Cocktails …
    » Ist doch alles umsonst, oder?«, fragte ich sicherheitshalber.
    » Ja, klar. All for free! Such dir aus, was du willst!«
    Ich bestellte ein Bier. Wie gerne hätte ich mir eine Pulle Schampus an den Hals gesetzt, aber meine Gedanken kreisten schon wieder um den morgigen Tag. Um 6 Uhr musste ich am Flughafen in Stuttgart sein, um pünktlich um 9.30 Uhr beim NDR auf der Matte zu stehen. Ja, montags gehen normale Menschen nämlich wieder zur Arbeit. Verdammter Mist!
    Ich nippte an meinem Bier und spielte Promigucken. Viele kannte ich aus dem Fernsehen – Schauspieler, Seriendarsteller und Moderatoren, aber eher von der Sorte, von denen man nur die Gesichter und selten die Namen kennt. An der nächsten Bar traf ich meinen Booker, der extra aus Hamburg gekommen war, um mich wichtigen Leuten aus der Branche vorzustellen. Alle paar Meter schüttelte ich irgendwelche Hände, sagte brav meinen Namen, aber mein Speicher hatte schon längst den Daten-Overkill erreicht. Ich lief total verstrahlt durch die Gegend und konnte den Abend gar nicht so genießen, wie ich gerne

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