Mit Familienanschluß
energisch bestanden hatte.
Man muß es ehrlich eingestehen: Auf Männer wirkte Dorothea jetzt wie ein Blitz. Wer sie ansah, spürte das bis in die Zehenspitzen. Von ihren Kupferhaaren bis zu den schlanken Fesseln war sie geradezu vollkommen. Das Make-up verjüngte sie um zehn Jahre. Ein Mann, der behauptet hätte, dieses Märchen von Frau habe bereits erwachsene Kinder, wäre von anderen Männern niedergeschlagen worden.
Es gelang Dorothea, genau vierzehn Schritte zu tun, da tauchte schon ein Mann an ihrer Seite auf und schoß ein strahlendes Lächeln ab. Er hatte schwarze, mit vielen weißen Fäden durchsetzte Locken, ein markantes, kantiges Gesicht, war natürlich braungebrannt und trug einen hellgelben Seidenanzug mit einem hellroten Hemd, das bis zum Gürtel aufgeknöpft war. Auf seine schwarzbehaarte Brust schien er sehr stolz zu sein.
»Non ci conosciamo gia de viesta?« fragte er.
Das war ein dämlicher Anfang. Stümperhaft. »Kennen wir uns nicht schon vom Sehen?« hieß das, aber auf Italienisch klang es trotzdem wie Musik.
»No«, antwortete Dorothea kurz und ging weiter. Das Herz klopfte ihr bis zur Kehle.
»Scusi! E Lei la signora Bender?«
»No.«
»Il Suo nome, per favore?«
»Wolters.«
»Da dove viene?«
»Bamberg.«
»Oh! Bamberg! Grande cattedrale …«
»Si …«
»E qui gia da molto?«
»Sette giorni …« Dorothea warf den Kopf zurück. Sie hatte das Gefühl, daß alle Leute auf der Straße und der Piazza zu ihnen hinüberstarrten. »Mi lasci in pace!«
Aber der begeisterte Kavalier dachte gar nicht daran, sie in Ruhe zu lassen. Er blieb an ihrer Seite und redete weiter auf sie ein. Es war eine ungeheure Suada, und Dorothea überfiel allmählich Angst.
Es war unzweifelhaft, daß der schöne Mann sich nicht mit Worten abwimmeln ließ. Er wollte sie abholen, er lud sie zu einer Flasche Wein ein … Er legte ein südländisches Tempo an den Tag, dem Dorothea nicht gewachsen war. Walter mußte eingreifen. Wer weiß, was der standhafte Verehrer sonst noch alles an gemeinsamen Zerstreuungen vorschlug!
Der Weg über die Piazza kam Dorothea endlos vor. Aber der feurige Kavalier blieb unbeirrt an ihrer Seite.
»Vogliamo bailare?« fragte er.
Nein, Dorothea wollte nicht tanzen.
»Vogliamo fare una piccola in mia macchina?«
Auf keinen Fall! In seinem Auto wollte sie schon gar nicht spazierenfahren. Sicherlich besaß er einen dieser italienischen Luxusschlitten, bei denen junge Mädchen die Augen verdrehen. Aber sie war kein junges Mädchen mehr.
»Posso invitarla ad un ricevimento?«
Das war's! Der Anfang. Die Einladung zu einer Party. Schummriges Licht, breite Couches, Asti Spumante, Gitarrenmusik … Das Laster schritt an ihrer Seite!
Walter, wo bist du? Hilf mir doch!
»Questo vestito la sta proprio bene«, sagte der schöne Teufel unbeirrt.
Man muß es den italienischen Männern neidvoll zugestehen: Hat eine Frau bei ihnen wie ein Blitz eingeschlagen, dann verbrennen sie auch bis zur letzten Haarspitze. Ihr Stehvermögen ist enorm, ebenso ihre Phantasie. Wenn gar nichts mehr hilft, lobt man eben das Kleid. Das kommt immer an. Welche Frau hielte es auch aus, ein häßliches Kleid zu tragen!
»Dove abita?« fragte der Kavalier als nächstes.
Dorothea schwieg. Als ob sie ihre Adresse angäbe!
»Posso aceompagnar la a casa con la mia macchina?«
»No!«
Endlich war die Piazza überquert, endlich konnte sie die Trattoria betreten. Dorothea stürzte fast in das Lokal und war gar nicht mehr erstaunt, daß ihr Begleiter ihr ohne Zögern folgte.
Walter saß am Fenster, grinste ihr entgegen und zwinkerte ihr zu. »Du siehst zum Anbeten aus …«, sagte er. »Himmel nochmal, wie hübsch du bist, Mami! Richtig zum Verlieben …«
»Laß den Blödsinn, Walter. Der Kerl hinter mir läßt mir keine Ruhe.«
»Sein gutes Recht. So wie du über die Piazza gehoppelt bist … einfach Klasse! Die Sonne auf dem roten Haar, das neue Kleid, deine Beine und auch sonst … Da würde jeder Filmregisseur in Zuckungen verfallen.«
»Du hast alles gesehen?«
»Von Anfang an.«
»Der Kerl hat mir Anträge gemacht.«
»Ich lobe seinen Geschmack, Mami. Da ist er schon. Den schüttelst du nicht mehr ab.«
»Du mußt mir helfen, Walter!« sagte Dorothea flehend. »Bitte, Junge! Das geht doch nicht! Da gibt es eine Grenze …«
Der Kavalier kam an den Tisch, sah Walter kurz an und wies dann auf den freien Stuhl. »Scusi, posso sedermi vicino a Lei?«
»No!« Dorothea holte tief Luft. Jetzt muß
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