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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zwecks Aussprache. Die übrigen Familienmitglieder verzogen sich auf ihre Zimmer, nur Walter blieb in der Nähe, auf der Terrasse bei offener Terrassentür. Er hielt sein Versprechen, seine Mutter zu schützen. Auch gegen seinen Vater.
    »Ich erwarte eine Erklärung«, sagte Wolters steif, als Dorothea ins Zimmer kam.
    »Was soll ich da erklären?«
    »Du siehst wie eine Nutte aus!«
    »Verkehrst du so viel bei Nutten, um diese Vergleiche anstellen zu können?«
    Walter draußen rieb sich die Hände. Mami brauchte keine Hilfe, Mami war Klasse! Sie nahm sich den Alten zur Brust. Endlich – nach zwanzig Jahren Dienstmagd-Dasein!
    »Das war eine dumme Bemerkung!« sagte Wolters erregt.
    »Was kannst du von Nutten anderes erwarten? Es sei denn, du siehst mich als Hetäre. Das waren kluge Geschöpfe, beschlagen in Philosophie und schöngeistigem Wissen. Ich nenne nur Lais, Rhodopis und die berühmte Aspasia. Die Weltliteratur kennt die Hetärengespräche und …«
    »Mach mich nicht wahnsinnig!« schrie Wolters. Sein Herz jagte. »Du willst also in diesem Aufzug bleiben?«
    »Ja.«
    »Den Kindern zur Schande?«
    »Die Kinder sind begeistert.«
    »Und ich bin nichts? Eine Null?«
    »Du kannst dir wieder deinen Tanga anziehen«, erwiderte sie kühl. »Und deinen goldenen Anker vor die Brust hängen! Ich habe nichts dagegen.«
    Sie setzte sich, schlug die schönen, schlanken Beine übereinander und wippte mit den Fußspitzen. Wolters sah erst jetzt das Goldkettchen um ihre rechte Fessel und spürte, wie sein Herzschlag aussetzte. Nach diesem Anblick war es ihm unmöglich, noch gesetzte Worte zu finden.
    Er sprang auf, lief in den Garten und wunderte sich, daß er diese Szene überlebt hatte.
    Am Abend klingelte das Telefon.
    Natürlich hob Hermann Wolters ab und meldete sich. Eine kultiviert klingende Stimme war zu hören.
    »Pronto, chi parla?«
    »Wer ist da?« bellte Wolters.
    »Pronto, sono il Enrico Tornazzi. Posso parlare con la signora Dorothea …«
    »Sie Lümmel!« schrie Wolters. »Was wollen Sie?«
    »Aha. Sie sein der Butler«, sagte die angenehme Stimme. »Weiß schon. Holen an Telefon zauberhafte Hausfrau – presto, presto …«
    Zum ersten Mal in seinem Leben hätte Wolters jetzt einen Mord begehen können.

XII
    Im Zimmer war es seltsam still, als Wolters die Hand über die Sprechmuschel legte und sich umwandte.
    Walter knabberte an einer Salzstange, Gabi las verzweifelt in einem Modeheft, Eva blätterte in einem Buch, und Manfred bastelte an einem Modellflugzeug, das er morgen am Strand starten wollte.
    Nur Dorothea tat nichts. Sie saß mit übereinandergeschlagenen Beinen im Sessel, wippte mit dem Fuß, an dem sie das Goldkettchen trug, und rauchte eine Zigarette.
    Wolters mußte schon weit zurückdenken, um sich überhaupt zu erinnern, wann seine Frau das letztemal geraucht hatte. Soviel er wußte, hatte sie vor Manfreds Geburt mit dem Rauchen aufgehört und seitdem keine Zigarette mehr angerührt. Zehn Jahre lang also – und nun plötzlich saß sie da wie eines dieser Luxusweibchen vom Film und ließ sich von dem süßlichen Rauch einer Orientzigarette umspielen. Ein sittlicher Verfall, für den Wolters bis zu dieser Stunde keine Erklärung wußte.
    Jetzt allerdings ahnte er den Anstoß von Dorotheas Verwandlung.
    »Für dich!« sagte er heiser. »Ein gewisser Cockazzi …«
    »Tornazzi. Enrico. Oh, es ist Enrico!« Dorothea erhob sich schnell und schnippte gekonnt ihre Zigarette in den Aschenbecher. »Der Liebe …«
    »Wer ist Tornazzi?« fragte Wolters und wunderte sich, daß er noch Worte fand.
    »Ein Fabrikant aus Modena. Keramik. Vielleicht haben wir im Badezimmer sogar Kacheln von ihm an der Wand.« Dorothea schwebte heran, mit einem ekelhaften Lächeln, wie Wolters fand. »Er ruft wirklich an!«
    »Woher kennst du ihn?«
    »Wir haben heute mittag zwei Flaschen Chianti classico getrunken. Ein äußerst charmanter Unterhalter und sehr gebildeter Mensch. Fährt einen Maserati, ist Millionär und ein Liebhaber alles Schönen …«
    »Wieso haben wir einen Butler?« fauchte Wolters sie an.
    »Sagt er das?«
    »Ja! Er hält mich für deinen Butler.«
    »Wahrscheinlich, weil es für ihn undenkbar ist, daß eine Frau wie ich einen Ehemann besitzt …«
    »Bist du total verrückt geworden? Was soll denn das nun wieder heißen!« Wolters schluckte mehrmals. »Ich werde diesem Knaben jetzt sagen …«
    »Es ist mein Gespräch, Hermann. Bitte …« Dorothea streckte die Hand nach dem Telefonhörer aus.

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