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Mit Familienanschluß

Mit Familienanschluß

Titel: Mit Familienanschluß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Unsere Urlaubskasse sieht trübe aus. Entgegen allen Erwartungen haben wir bis jetzt schon mehr ausgegeben als voriges Jahr an der Nordsee.«
    Am Abend erlebten sie eine Art wundersamer Speisung. Als sie vom Strand zurückkamen, um zu Hause zu essen, lag auf dem Tisch im Wohnzimmer ein Kuvert. Von Onkel Theo.
    »Ihr Lieben alle«, schrieb er mit seiner steilen Sütterlinschrift, die nur noch Hermann Wolters lesen konnte. »Ihr seid so liebe Menschen, daß es immer eine Freude ist, Euch zu sehen. Bleibt so, wie Ihr seid, das tut meinem alten Herzen gut. Und rechnet nicht mit dem Pfennig, wenn das Leben so schön ist. Ich umarme Euch alle. Euer Onkel Theo.«
    Das war ein schöner Brief. Am schönsten aber war die Beilage: fünf Tausendmarkscheine.
    Wolters legte sie nebeneinander auf den Tisch. Noch niemand von der Familie hatte fünf Tausender in einer Reihe gesehen.
    »Und du haust ihm ein blaues Auge«, sagte Hermann Wolters atemlos. »Schäm dich, Walter.«
    »Im Gegenteil!« Walter legte seine Hand auf die Tausendmarkscheine. »Das Geld gehört mir. Es ist mein erstes Boxer-Honorar.«
    Man kann es verstehen – so fröhlich wie an diesem Abend war die Familie Wolters seit langem nicht gewesen.
    Vierzehn Tage gleiten wie Sand durch die Hände; es ist, als ob alle Uhren schneller ticken und die Stunden immer kürzer werden. Plötzlich ist das Ende der Ferien da, und man blickt erstaunt und betroffen zurück und fragt sich: Wo ist nur die Zeit geblieben? Fünf Wochen waren das? Sie sind ja gerast …
    Die Familie Wolters empfand die fünf vergangenen Wochen als eine Zeit, die im Sauseschritt an ihnen vorbeigelaufen war. Maßgebend daran beteiligt war vor allem Manfred, der während der ganzen Wochen nicht ein einziges Mal für Sensationen oder Aufregungen gesorgt hatte. Sogar Tante Frida war ohne Belastungen davongekommen, und gerade da hatte man mit heillosen Komplikationen gerechnet.
    Dorothea faßte die daraus rührende Erkenntnis so zusammen: »Wenn man es genau überlegt, hätten wir uns Eva sparen können. Manni hat sich fabelhaft benommen, er brauchte gar kein Kindermädchen. Der Junge kommt jetzt in ein Alter, wo er endlich vernünftig wird.«
    Hermann Wolters sah das ganz anders, natürlich! Er resümierte: »Ich betrachte Manfreds Wandlung als das Ergebnis von Evas Einfluß. Allein ihre Gegenwart genügte, um aus dem Kleinen einen Gentleman zu machen. So was steckt eben drin.«
    »Was?« fragte Dorothea.
    »Die Achtung vor der Frau! Ich behaupte: Ohne Evas Anwesenheit hätten wir hier fünf Wochen Chaos gehabt. Entweder hätte ein Liegestuhl gebrannt, oder ein Trampelboot wäre abgesoffen, oder Manfred hätte wieder abgelegte Büstenhalter geklaut – wie an der Nordsee. Evas Vorbild hat auf ihn abgefärbt, deshalb hat sich die Ausgabe gelohnt. Wir hatten herrliche Ferien, nicht wahr?«
    »Das stimmt. Aber wir können Eva nicht für immer bei uns aufnehmen, nur weil sie auf Manni einen so guten Einfluß hat. Oder soll der Familienanschluß über die Ferien hinausgehen?«
    »Man sollte Eva einmal fragen …«
    »Muckel! Da protestiere ich aber. Eva kann immer ein gern gesehener Gast bei uns sein, aber sonst ist unsere Familie groß genug. Oder fehlt dir etwas, wenn sie bald nicht mehr bei uns ist?«
    Das war eine Frage, die Wolters nie beantwortet hätte. Er brummte nur: »Blödsinn!« und verschanzte sich hinter seiner Zeitung und den Qualmwolken seiner Pfeife.
    Man soll das Ende einer Ferienreise nie vor dem tatsächlichen Ende loben, das heißt, bis zu dem Moment nicht, wo man wieder wohlbehalten in der eigenen Wohnung gelandet ist. Es gibt nämlich Dinge, die es gar nicht geben dürfte, und meistens treffen sie den, der sie am wenigsten gebrauchen kann.
    Bei Hermann Wolters war es sein uraltes Auto. Drei Tage vor Ferienschluß versagten die Bremsen, als man wieder einmal nach Diano Marina hinunterfuhr. Voller Geistesgegenwart steuerte Wolters den außer Kontrolle geratenen Wagen gegen eine Böschung und zog die Handbremse. Der Wagen machte einen Sprung nach vorn wie ein Raubtier und bohrte sich frontal in die zum Glück sandig weiche Erhebung.
    Wolters schrie noch: »Festhalten! Kopf einziehen!«, stemmte die Beine gegen das Bodenblech und schloß die Augen.
    Der Aufprall als solcher war im Grunde genommen harmlos. Es krachte allerdings dramatisch, die linke Hintertür flog aus den Angeln, Scheiben klirrten, die Hupe begann idiotischerweise zu lärmen, aber Hermann Wolters stürzte mit einem Hechtsprung

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