Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
zusammengebastelt hat.
»Herzsprung spüren wir, und berühr ich dich, riech dein Haar, Engelstränen liefen wie Zauberregen«, liegt direkt neben »Immer will ich dir ein Licht im kalten Fluss des Krieges sein. So dunkel ist der Abend, schau aus und flieg zu mir.«
»Oh«, mache ich ergriffen, und er fährt zu mir herum.
»Was ist denn? Magst du es nicht?«
»Doch. Sehr sogar.« Er lächelt erleichtert und wendet sich gleich wieder seiner Arbeit zu.
»Das macht solchen Spaß, du solltest es auch mal versuchen.« Aber ich winke dankend ab. Das habe ich nämlich bereits heimlich gestern Abend getan, als Lutz mal wieder eine Frau »zu Gast« hatte. Aber über »Ich will dich für immer lieben …« bin ich nicht hinausgekommen. Ehe ich Lutz das gestehen kann, klingelt glücklicherweise das Telefon.
»Amors Wichtel, Vivi Sonntag, was kann ich für Sie tun?«
»Guten Tag, hier spricht Laura Hansen«, ertönt eine weibliche Stimme vom anderen Ende der Leitung, und ich horche auf.
»Hallo Frau Hansen«, sage ich gespannt. Ich mache Lutz ein Zeichen. Endlich, endlich ruft mal eine Frau an. »Wie kann ich Ihnen helfen?«, frage ich in meinem fröhlichsten Tonfall und drücke beide Daumen.
»Tja, also«, kommt es zögerlich zurück, »ein Kollege hat mich auf Ihren, äh, Service aufmerksam gemacht und, …« Anscheinend weiß sie nicht so richtig, wie sie anfangen soll.
»Ich nehme an, Sie sind eine vielbeschäftigte Frau?«, erkundige ich mich, um ihr ein wenig auf die Sprünge zu helfen.
»Überbeschäftigte wäre der bessere Ausdruck«, gibt sie zurück, »ich bin Kontakterin in einer Werbeagentur und arbeite gut und gerne sechzig Stunden die Woche.«
»Ich verstehe«, nicke ich. »Da bleibt nicht viel Zeit für die Beziehung.«
»So gut wie gar keine.«
»Glauben Sie mir, ich weiß ganz genau, wovon Sie sprechen. Ich selber war lange als Unternehmensberaterin tätig. Wie sollen Sie denn neben Ihrem anstrengenden Job noch Geburtstagstorten backen oder Adventskalender basteln?« Eine rhetorische Frage, die ihre Wirkung zeigt.
»Ganz genau«, schallt es mit solcher Überzeugung durch den Hörer, dass ich Lutz bereits siegessicher den hochgereckten Daumen zeige. »Die Sache ist folgende: Ich habe vor zwei Wochen jemanden kennengelernt. Im Supermarkt, können Sie sich das vorstellen?«
»Nein«, antworte ich ehrlich.
»Nachdem mein Exfreund die Koffer gepackt hat, habe ich erst einmal mit dem Thema Männer abgeschlossen. Mein Leben ist auch so anstrengend genug.«
»Hm, hm, hm«, streue ich hier und da interessiert wirkend ein, während ich an meinem Rechner bereits die für Frau Hansen in Frage kommenden Pakete heraussuche.
»Und dann steht plötzlich an der Gefriertruhe dieser süße Typ vor mir und … Na ja«, unterbricht sie ihren eigenen Redefluss, »ist ja nicht so wichtig.«
»Oh doch«, widerspreche ich ihr sofort, »das ist sogar außerordentlich wichtig. Um so gut wie möglich für Sie arbeiten zu können, brauchen wir selbstverständlich so viele Details wie möglich über Ihren Partner und Ihre Beziehung.«
»Verstehe.«
»Um es etwas einfacher zu machen, haben wir einen Fragebogen ausgearbeitet, auf dem wir Sie alles Relevante der Reihe nach abfragen. Den würde ich Ihnen gerne per E-Mail zukommen lassen. Keine Sorge, das Ausfüllen dauert nur wenige Minuten. Ich hänge dann gleich noch unseren Katalog mit den einzelnen Dienstleistungspaketen an, wenn es Ihnen recht ist.«
»Sehr gerne. Wissen Sie, ich möchte das wirklich nicht wieder gegen die Wand fahren.«
»Ich weiß genau, was Sie meinen«, sage ich inbrünstig. Irgendwie fühle ich mich der Frau verbunden. Immer habe ich mich gefragt, ob ich eigentlich die Einzige auf der ganzen weiten Welt bin, die solche Probleme hat. Und plötzlich ist da jemand, dem es genau so geht. Zudem scheint sie etwa in meinem Alter zu sein.
»Geben Sie mir bitte Ihre Mail-Adresse«, sage ich und tippe sie direkt in die Empfängerleiste des Mailprogramms. »Leben Sie eigentlich in Hamburg?«, fällt mir dann noch ein, denn irgendwie höre ich einen leichten nordischen Einschlag in ihrer Sprache. Natürlich kann ich ihr das volle Angebot nur hier in der Umgebung anbieten und bin deshalb sehr erleichtert, als sie mit »Ja, in Eimsbüttel« antwortet.
»Na so was, ich auch«, rutscht es mir raus.
»Schon so spät, ich muss los«, sagt sie in dem Moment gehetzt, und ich nicke verstehend.
»Selbstverständlich. Die Mail geht in wenigen Minuten an Sie
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