Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)
bitte.« Ohne mit der Wimper zu zucken, reiche ich ihr meine Kreditkarte. Dann verstaue ich den Beleg sorgfältig in meinem Portemonnaie und warte darauf, dass die Schnecke am Packtisch endlich in die Pötte kommt. In aller Seelenruhe friemelt sie jetzt schon seit Minuten an einer blöden Monsterschleife herum.
»Hören Sie«, sage ich und versuche, mir meine Anspannung möglichst nicht anmerken zu lassen, »ich habe es leider etwas eilig. Könnten Sie sich vielleicht ein bisschen beeilen? Bitte?« Sie sieht mich aus kugelrunden Augen an. Die Wimpern drumherum sind fingerdick getuscht.
»Aber Sie möchten ja auch, dass Ihre Geschenke schön verpackt sind, nicht wahr?«, fragt sie glockenhell und fährt in ihrem gemächlichen Tempo fort.
»Ja, schön und schnell, wenn es recht ist«, sage ich und lache gekünstelt.
»Gut Ding will Weile haben«, belehrt sie mich und hält mir das erste Päckchen unter die Nase. »Sehen Sie?«
»Wunderschön«, befinde ich pflichtschuldig, während sie den nächsten Karton zur Hand nimmt und ihn erst mal akkurat genau parallel zum Geschenkpapier ausrichtet. Ich scharre ungeduldig mit den Füßen auf dem Boden, sehe aber ein, dass ich im Moment nichts ausrichten kann. Stattdessen zücke ich mein Telefon und rufe noch mal bei Lutz an, der sich wiederum mit »Piet« meldet und mir ankündigt, jetzt loszufahren.
»Okay, bitte, fahr einen Umweg. Hör den Verkehrsfunk und fahr mitten rein in den dicksten Stau, okay?«
»Allet klar, Boss!« Verzweifelt beobachte ich die perfekt manikürten Fingernägel, die gerade scheinbar in Zeitlupe ein Stück Tesafilm abreißen.
»Hören Sie, wenn Sie sich etwas beeilen, zahle ich das«, versuche ich es mit Bestechung, aber die Dame lächelt mich verständnislos an und schüttelt bedauernd den Kopf.
»Unser Einpackservice ist kostenlos.«
»Das weiß ich doch. Aber wenn Sie etwas schneller machen könnten …?« Plötzlich sprühen die blauen Kulleraugen Gift und Galle, und auch das zarte Stimmchen von eben rutscht von einem Moment auf den anderen eine Tonlage nach unten.
»Wollen Sie es vielleicht selber machen?«, erkundigt sie sich scharf und hält mir herausfordernd das halbfertige Päckchen unter die Nase.
»Das wäre toll, danke«, sage ich erleichtert und trete ohne zu Zögern hinter den Packtisch.
»He«, ruft die Trulla, als ich sie zur Seite drängele. Damit hat sie wohl nicht gerechnet. In Nullkommanix sind auch Körperöl und Körperpflegecreme in glänzendes, rotes Papier eingeschlagen und mit einer dekorativen Schleife, Federn und Perlen verziert. Ich bediene mich reichlich an sämtlichem Schnickschnack, der zur Verfügung steht, und nehme mir auch das von ihr schon fertiggestellte Paket noch einmal vor. Dann stopfe ich alles zusammen in die bereitstehende Tüte, schenke der griesgrämig dreinsehenden Frau neben mir noch ein strahlendes Lächeln und rausche davon.
Deutlich besser gelaunt mache ich mich wieder auf den Weg ins Atlantic. Wer hätte gedacht, dass mir meine erst letzte Weihnachten erlernten Geschenkeinpackfähigkeiten einmal einen solchen Triumph bescheren würden? Im Hotelzimmer angekommen verlege ich die Kerzenschneise, die bislang in Richtung Bett führte, hinüber ins Badezimmer und schmücke auch die riesige, runde Marmorwanne mit den Whirlpool-Düsen mit mehreren Teelichtern. Dann drapiere ich das große, schneeweiße Badelaken wie ein Nest auf den breiten Rand und lege die Geschenke hinein, die sich blutrot davon abheben. Eine einzelne rote Rose aus dem Strauß quer darüber, fertig! In diesem Moment piepst mein Telefon.
SIND IN ZEHN MINUTEN DA.
Höchste Zeit, das Badewasser einzulassen und auch die Kerzen anzuzünden. Wenige Minuten später verbreitet sich ein sinnlicher Duft im Badezimmer, als ich den Schaum zugebe. Hmm, das war ja wirklich ein Glücksgriff. »Chanel Chance«, das muss ich mir merken. Ich werfe einen letzten prüfenden Blick zurück und nicke zufrieden. Die Wanne sieht im Kerzenschein aus wie eine wattige Wolke im Sternenhimmel. Kurz denke ich darüber nach, Anna eine Nachricht zu schreiben, aber eigentlich ist das Ganze selbst erklärend, glaube ich. Während ich den breiten Hotelflur hinunterlaufe, versuche ich Benjamin auf dem Handy zu erreichen, aber es geht nur die Mailbox dran.
»Na, ihr seid ja wirklich lustig«, sage ich statt einer Begrüßung, »also, ich habe Anna eine Duftserie gekauft und ihr ein Bad eingelassen. Hat einhundertfünfundachtzig Euro gekostet, darüber möchte
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