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Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition)

Titel: Mit freundlichen Küssen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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Immerhin hat er sie betrogen. Mit einer anderen Frau geschlafen. Und dennoch scheint sie ihn wieder in ihr Leben lassen zu wollen. Während Simon mich einfach so aus seinem geschmissen hat. Und dabei war ich doch gar nicht so schlimm. Ja, ich sehe ein, dass ich Fehler gemacht habe. Große Fehler. Aber ich habe daraus gelernt. Heute würde ich alles anders machen. Nur ist es dafür jetzt zu spät. Seit der Vernissage habe ich nichts mehr von ihm gehört. Und dabei habe ich mir solche Mühe mit seinem Geburtstagsgeschenk gegeben. Die selbstgestrickten Ringelsocken, die er eigentlich schon zu Weihnachten bekommen sollte, hat er natürlich gekriegt. Und dazu einen Hubschrauberflug über Hamburg. Im Cockpit, neben dem Piloten. Simon ist nämlich ein absoluter Hubschrauberfan und will unbedingt irgendwann selber den Flugschein machen. Ich habe einen wunderschönen Gutschein in Form eines Bilderrätsels gemalt. Natürlich aufwendigst und liebevoll verpackt. Mit ganz vielen Herzchen. Fast eine Stunde lang habe ich an der Geburtstagskarte gefeilt, um den richtigen Ton zu treffen. Nicht kitschig, aber innig. Und dann habe ich mich in die Küche gestellt, um eine zweistöckige, herzförmige Nuss-Sahne-Torte mit Marzipanüberzug zu backen. Zum Schluss war alles perfekt. Mit ziemlicher Sicherheit das schönste Geburtstagsgeschenk, das er jemals bekommen hat. Wenn ich Laura glauben kann. Deren Namen musste ich nämlich schweren Herzens unter die Glückwünsche setzen. Und ihrer wenn auch kurzen, so doch dankbaren Mail nach zu schließen, hat sie eine Menge Lorbeeren für mein Werk eingestrichen. Grrr. Na ja, das Wichtigste ist aber doch, dass Simon sich gefreut hat. In diesem Moment klingelt mein Telefon.
    »Hallo?«, melde ich mich, und mir bleibt beinahe das Herz stehen, als ich Simons Stimme höre.
    »Vivi, ich bin es.«
    »Hallo«, krächze ich. Mehr fällt mir nicht ein. Mein Kopf ist wie leer gefegt, mein Herz pumpert wie nach einem Hundertmetersprint.
    »Hallo.« Er scheint ebenfalls etwas verlegen zu sein. »Wie geht es dir?«
    »Ganz gut, na ja«, sage ich und lache freudlos. »Und dir?«
    »Na ja.« Also, entweder ist er nicht überglücklich und total verliebt, oder er ist einfach nur höflich.
    »Ähm, herzlichen Glückwunsch nachträglich zum Geburtstag«, sage ich dann. »Ich wusste nicht, ob du …« Ich lasse den Satz unausgesprochen im Raum stehen. »Aber ich habe den ganzen Tag an dich gedacht.« Das entspricht ja nun auch vollends der Wahrheit. Auch die Tage vorher schon. »Also, ich habe es nicht vergessen, wirklich nicht«, beteuere ich, denn plötzlich habe ich Angst, dass er genau das denken könnte.
    »Das glaube ich dir«, antwortet er, und es hört sich an, als würde er lächeln. »Vielen Dank.« Einen Moment lang schweigen wir uns an. Ich suche krampfhaft nach einem Gesprächsthema. Ich will nicht wieder auflegen. Es tut so gut, seine Stimme zu hören.
    »Was gibt es denn?«, erkundige ich mich schließlich und muss plötzlich an Lutz denken. Und an seine Befürchtung, was Luisa ihm wohl sagen möchte. Ist Laura etwa schwanger? Das würde ich nicht überleben. Ich halte den Atem an.
    »Hast du Lust, mit mir ein bisschen spazieren zu gehen? Um die Alster oder so?«
    »Was, jetzt?«
    »Ja. Ich meine, falls du Zeit hast. Ach so, na, du machst bestimmt was mit deinem Freund«, lenkt er ein, und ich schüttele heftig den Kopf.
    »Nein, nein«, sage ich, als mir klar wird, dass er mich gar nicht sehen kann, »ich habe Zeit.«
    »Schön.« Er scheint sich zu freuen. »Treffen wir uns in einer halben Stunde an Bodos Bootssteg?«
    »Geht auch in einer Stunde?«, frage ich nach einem Blick in den Flurspiegel.
    »Na klar. Bis dann!«
    »Ja, bis dann!«, sage ich und sprinte noch im Auflegen in Richtung Badezimmer. Was ziehe ich bloß an? Und meine Frisur? Scheitel rechts oder links, verwuschelt oder ordentlich? Und welches Parfüm?
     
    Ich höre mein eigenes Blut in den Adern rauschen, als ich exakt fünfundfünfzig Minuten später Simon an das weißgetünchte Bootshaus gelehnt stehen sehe. Obwohl ich am liebsten mit ausgebreiteten Armen auf ihn zustürzen würde, zwinge ich mich dazu, mein Schritttempo beizubehalten. Es ist mittlerweile so dunkel, dass man eigentlich nur noch Umrisse erkennen kann, vor allem hier, wo es kaum Beleuchtung gibt. Dennoch ist es unverkennbar Simon, der jetzt den Kopf hebt und sich von der Wand abstößt. Seinen schlaksigen Körper, die Art, wie er sich bewegt, mit geradem Rücken und

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