Mit Fünfen ist man kinderreich
verhinderten die zunehmenden Entfernungen seine Mitwirkung –, er wurde Svens Patenonkel, war Saschas Verbündeter bei allen möglichen Dummheiten und wollte sogar Steffi adoptieren, weil er der Meinung war, ich eigne mich nicht zur Erziehung von Mädchen. Im übrigen war er überzeugter Junggeselle mit einem ausgeprägten Hang zur Sparsamkeit. Seine Freundinnen wählte er weniger nach dem Äußeren als vielmehr nach ihren hauswirtschaftlichen Fähigkeiten aus. Waren seine Strümpfe wieder einmal alle sauber und seine Hemdenknöpfe ordnungsgemäß mit Fäden statt mit Alleskleber befestigt, erklärte er seiner jeweiligen Wohltäterin ziemlich unverblümt, man passe wohl doch nicht so richtig zusammen und eine schnelle Trennung sei das vernünftigste.
Diese Methode klappte jahrelang, und so waren wir ziemlich überrascht, als plötzlich eines schönen Tages morgens um vier das Telefon klingelte und Felix verkündete, er habe soeben geheiratet. »Meine Güte, muß der Kerl blau sein!« war Rolfs Kommentar, nachdem er den Hörer wiederaufgelegt hatte. Aber hier irrte der Meister: Er wußte nur nicht, daß sein Freund ein paar Wochen zuvor in die Staaten gereist war, dort ein kürzlich aus Deutschland eingewandertes Mädchen kennengelernt, sich Hals über Kopf verliebt und seine Angebetete in einem kleinen Provinznest abends um zehn Uhr geheiratet hatte. Übrigens auch in Amerika eine durchaus nicht übliche Zeit für eine Trauung!
Allen gegenteiligen Prognosen zum Trotz wurde die Ehe ausgesprochen glücklich, was nicht zuletzt die inzwischen drei und vier Jahre alten Sprößlinge Max und Moritz beweisen. Felix erfindet zwar immer noch irgendwelche vermeintlich zeit- und arbeitssparende Geräte, nur beschränkt sich sein Tatendrang jetzt auf seine private Sphäre, und ich brauche seine Schöpfungen nicht mehr auszuprobieren. Ich weiß nur, daß er seit Jahren an einem System bastelt, das Babywindeln überflüssig machen soll. Vielleicht liegt hierin der Grund, daß sein Sohn Moritz noch nicht ›stubenrein‹ ist!
Am Spätnachmittag des nächsten Tages keuchte ein abenteuerliches Gefährt den Hügel herauf, hustete kurz und blieb auf halber Höhe stehen. Heraus sprang ein bärtiger Mann, griff sich zwei herumliegende Feldsteine und klemmte sie schnell unter die beiden Hinterräder. Es war Felix! (Jetzt hatte sich dieser Mensch doch tatsächlich einen Vollbart wachsen lassen!)
»Die Handbremse ist im Eimer«, erklärte er sein merkwürdiges Tun, bevor er mich liebevoll umarmte.
»Wie gefällt dir meine neue Kutsche?« Damit wies er auf sein Vehikel, das ganz offensichtlich irgendwann einmal ein VW gewesen war, durch diverse An- und Umbauten aber mehr wie ein Mittelding zwischen Amphibienfahrzeug und Karussellauto aussah. Gekrönt wurde das Ganze von einem gefährlich schwankenden Aufbau auf dem Dach. Zu allem Überfluß war dieser rollende Blechhaufen in verschiedenen Farbtönen lackiert, wobei auf der einen Seite Grün, auf der anderen Blau dominierten.
»Was meinst du, was das für widersprüchliche Zeugenaussagen gibt!« begründete Felix seine fahrende Litfaßsäule. Er verfügt noch aus früheren Jahren über einschlägige Erfahrungen.
Inzwischen hatte sich auch die übrige Familie aus dem vollgestopften Fahrzeug befreit. Marianne sah ziemlich mitgenommen aus, Max und Moritz guckten mißtrauisch, wollten nicht guten Tag sagen, wollten nicht das schöne Händchen geben, wollten keinen Diener machen, quengelten.
»Die sind hundemüde«, sagte Marianne. Minuten später hingen die müden Knaben mit schokoladeverschmierten Händen an meinen weißen Hosen. Die hatte ich gerade erst angezogen. Der Gäste wegen!
Sven und Sascha kamen den Berg heraufgestürmt. Sie hatten schon den ganzen Nachmittag über auf der Lauer gelegen und sich dann entschlossen, dem Besuch entgegenzugehen.
»Warum habt ihr denn nicht angehalten?« fragte Sven empört, »ihr habt uns doch gesehen!«
»Konnte ich nicht, dann wäre die Karre nicht mehr angesprungen. Irgendwas stimmt mit der Batterie nicht. Gibt es hier eine Werkstatt?«
»Nee, nicht mal Benzin.« Sascha besah sich mit kugelrunden Augen das Fahrzeug, bevor er ungläubig fragte: »Sag mal, Onkel Felix, ist das da dein neues Auto?«
»Wie hast du die Mühle überhaupt durch den TÜV gekriegt?« wollte Sven wissen.
»Na ja, fabrikneu ist es natürlich nicht, aber zumTÜV muß ich erst nächstes Jahr. Und es funktionierte alles tadellos. Bis gestern«, fügte er etwas kleinlaut
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