Mit Fünfen ist man kinderreich
runter, Haustür auf.
»Einschreiben?«
»Nein, Sie müsset eine Nachgebühr zahlen!«
»Können Sie das nicht gleich sagen?« Treppe wieder rauf, Portemonnaie suchen, liegt auf dem Kühlschrank, Treppe wieder runter. »Wieviel macht's denn?«
»Dreißig Pfennige.«
Ich habe keine dreißig Pfennige, nur fünfzig. »Stimmt so.«
»Ha, ich dank auch recht schön. Grüß Gott.«
Haustür zu, Treppe wieder rauf. Kleine Zigarettenpause, nur mal schnell den Brief lesen, Regina schreibt selten genug, und nie klebt sie genug Marken drauf. Was sie schreibt, klingt wie aus einer anderen Welt.
Theaterbesuch, Schaufensterbummel, Klassentreffen – selige Pennälerzeit! –, und zum Schluß fragt sie, wann ich wieder einmal nach Berlin komme. Die Ahnungslose! Na ja, wie sollte sie auch. Sie ist geschieden, hat nur ein Kind, das noch dazu von der Oma betreut wird, und einen Beruf, der ihr Spaß macht.
Halb elf. Höchste Zeit zum Einkaufen. Wenzel-Berta putzt Karotten. Schnitzel dazu? Quatsch, zu teuer, Frikadellen tun's auch. Hannibal springt ausnahmsweise gleich beim ersten Mal an und tuckert friedlich ins Nachbardorf. Beim Metzger ist es voll. Ich werde nervös, die Zeit wird langsam knapp. Endlich bin ich dran. Als ich bezahlen will, entdecke ich, daß ich das Portemonnaie vergessen habe. Natürlich, der Briefträger! Jetzt liegt es unten auf dem Dielentisch. Die Metzgersfrau beruhigt mich. »Machet Sie sich koi Sorge, dann zahlet Sie äbe das nächste Mal.« (Auch so ein Vorteil des Landlebens. Ist man erst einmal bekannt, kann man wochenlang ohne Geld einkaufen gehen.)
Gleich halb zwölf. Jetzt aber dalli. Hannibal spuckt, hustet, bricht seinen vorgesehenen Streik aber ab, rattert los. Eigentlich brauche ich noch Brot, aber das muß Sven am Nachmittag holen, jetzt habe ich keine Zeit.
»Frau Wenzel, können Sie schnell die Frikadellen fertigmachen? Ich muß die Mäuse füttern.« Wenzel-Berta macht.
Zehn nach zwölf. Die Zwillinge bekommen ihr Gemüsebreilein, werden gewaschen, gewickelt, zum Mittagsschlaf ins Bett gelegt. Sie sind anderer Meinung und brüllen. Nach fünf Minuten schlafen sie. Gleich eins. Wenzel-Berta geht, verspricht aber, am Nachmittag noch mal zu kommen und Wäsche zu bügeln. Wenn ich Orden verleihen könnte, bekäme sie einen von mir.
Die Frikadellen brutzeln in der Pfanne, die Kartoffeln kochen, der Tisch ist gedeckt… zehn Minuten Pause. Denkste! Sven ist schon da.
»Sascha kommt später, der muß laufen.«
»Warum denn nun schon wieder?«
»Die haben Karlchen eine Knallerbse unters Gaspedal geklemmt, und da hat er sie auf halber Strecke rausgeschmissen.«
So geht das nicht weiter. Rolf muß endlich mal ein ernstes Wort mit seinem Filius reden. Leider enden derartige Strafpredigten meist damit, daß er seinem Sohn Streiche aus seiner eigenen Schulzeit erzählt, die Sascha wie ein Schwamm aufsaugt und irgendwann wieder in die Praxis umsetzt.
Halb zwei. Sascha kommt angetrödelt, läßt den Anraunzer wie kaltes Wasser ablaufen und erzählt mir strahlend:
»Du hättest bloß mal dem sein Gesicht sehen sollen, als das plötzlich losknallte!«
»Dessen Gesicht.«
»Ist doch egal, jedenfalls hat der ziemlich blöde geguckt!«
Das Mittagessen verläuft friedlich. Nur Steffi ist nicht da. Suchaktionen sind sinnlos, es gibt zu viele Möglichkeiten, wo sie sein kann. Wahrscheinlich hat sie sich wieder bei irgend jemandem selbst eingeladen.
»Wie sieht es mit Hausaufgaben aus?«
»Ich hab' keine auf.« Natürlich Sascha.
»Stimmt ja gar nicht. Günther hat mir erzählt, ihr sollt einen Aufsatz schreiben.«
»Hab' ich ganz vergessen. Und außerdem geht dich das überhaupt nichts an!«
Sven trollt sich samt Ranzen auf die Terrasse, Sascha verschwindet Richtung Treppe.
»Hiergeblieben! Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!« (Idiotischer Spruch, aber den habe ich früher auch immer gehört.) Sascha mault, fügt sich aber.
Viertel nach zwei. Die Zwillinge haben ausgeschlafen, werden frisch gewickelt, bekommen ihren Obstsaft, marschieren in ihren Stall. Wollen nicht alleine bleiben, brüllen. Kriegen Zwieback in die Hand gedrückt, werden friedlich.
Drei Uhr, und die Küche sieht noch aus wie ein Schlachtfeld. Spülmaschine haben wir nicht, also do it yourself.
Es bimmelt. Telefon. »Schatz, ich komme heute nicht mehr nach Hause, sondern fahre weiter nach Karlsruhe. Bin morgen am Spätnachmittag zurück. Was machen die Kinder? Was wolltest du sagen? Meine Groschen sind alle, tschüs
Weitere Kostenlose Bücher