Mit Fünfen ist man kinderreich
interessierten ihn auch herzlich wenig. Lesen mußte er in der Schule genug, und seine Freizeitlektüre beschränkte sich auf Comic-Hefte, deren tiefsinnige Sprechblasentexte wie ›Auf ihn mit Gebrüll!‹ oder ›Kicher-kicher‹ seinen geistigen Ansprüchen momentan noch völlig genügten.
Da war das brieftaschengroße Transistorradio doch etwas ganz anderes! (Sascha ließ es dann auch so lange laufen, bis die Batterien leer waren; Geld für neue hatte er natürlich nicht mehr, und so verschwand es erst einmal in der Versenkung. Soweit ich mich erinnere, hat er es später gegen eine Fahrradhupe mit Dreiklangton eingetauscht).
Nachdem ich das Geburtstagskind mit Mühe und Not davon abgehalten hatte, in faschingsmäßiger Wildwestverkleidung zur Schule zu gehen, verschwanden die beiden Knaben.
Wenzel-Berta erschien mit Leiterwagen, darauf vier Torten. Eine davon, in Größe und Form den amerikanischen Hochzeitskuchen nicht unähnlich, kam außerplanmäßig und war als Geschenk für Sascha gedacht. Die Herrlichkeiten verschwanden erst einmal im schnell ausgeräumten Kühlschrank.
Rolf wurde in Marsch gesetzt, mußte vom Metzger die vorbestellten Würstchen, vom Bäcker die Brötchen und vom ›Löwen‹ den Sprudel holen. Die Sahne hatte ich vergessen, deshalb durfte er noch mal umkehren. Seine Laune sank, die Außentemperaturen stiegen!
Ich stand unterdessen auf der Leiter und versuchte, Nägel in die Terrassenwände zu schlagen. Wenn man zwei linke Hände hat, geht so etwas natürlich im wahrsten Sinne des Wortes schief. Eine halbe Packung Stahlstifte hatte ich schon krummgeklopft. Rolf murmelte etwas von »keine Ahnung haben« und »auf eine Fuge treffen« und löste mich ab. Dann schrie er nach Heftpflastern. Die Nägel waren noch immer nicht drin! Wenzel-Berta holte ihren Angetrauten. Eugen nahm die Sache in die Hand, und etwas später saßen die Nägel bombenfest (wir haben sie auch nie wieder rausgekriegt!). Wir spannten eine Wäscheleine kreuz und quer über die Terrasse und hängten Papierschlangen daran auf. Ich hatte für diese Arbeit eine gute halbe Stunde kalkuliert. Nach zwei Stunden waren wir noch immer nicht fertig!
Wenzel-Berta pustete inzwischen mit der Fußballpumpe Luftballons auf, die wollten wir zwischen die Luftschlangen hängen. Als ich den vierten befestigte, platzte der erste. Der zweite knallte auch, der dritte schrumpfte zu einer Birne mit Sorgenfalten zusammen. Die Hitze! Also hängten wir die Ballons in die Büsche im Garten, wo es Schatten gab, aber da wurden sie auch zusehends kleiner und sahen zum Schluß aus wie schlecht versteckte Ostereier. Rolf suchte Plätze für die Lampions, die später die abendliche Szenerie beleuchten sollten, fand keine, hängte sie schließlich an die Wäschespinne. Eugen begutachtete das Ergebnis, marschierte los und kam mit langen Bambusstangen wieder. »Die sind von den Bohnen. Aber die habe ich schon raus!« Mit vereinten Kräften wurden die Stangen in den Boden gerammt – mein schöner Rasen! – und waren ideale Laternenpfähle.
Mittagspause! Sven bekleckerte sich mit Tomatensoße, Steffi kam zu spät, und Sascha hatte plötzlich keinen Appetit mehr auf Spaghetti – es wurde eine rundherum gemütliche Mahlzeit. Nach dem Essen holten die Jungs die Tische, die wir uns im ›Löwen‹ geliehen hatten. Ich war schon tagelang mit dem Zentimetermaß herumgelaufen, hatte die Quadratmeter unserer eigenen Tische mit der Zahl der erwarteten Gäste multipliziert und war schließlich zu dem Ergebnis gekommen, daß der Platz auch bei minimalsten Raumansprüchen nicht reichen würde. Und ich kannte den Bewegungsdrang von Zehnjährigen! Außerdem hätten die Kinder auf verschiedenen Ebenen essen müssen.
»Bringt noch ein paar Stühle mit!« rief ich meinen Sprößlingen hinterher, denn bis zum letzten Küchenhocker waren sämtliche Sitzgelegenheiten verplant.
Die Tische kamen, die Stühle auch, und da man heutzutage keine meterlangen Tafeltücher mehr zur Hochzeit bekommt, behalfen wir uns mit Bettlaken. Außerdem hatte ich Partygeschirr aus Pappe gekauft, einmal, um den Abwasch zu sparen, zum anderen, weil mein normales Geschirr bei Kinderfesten regelmäßig um diverse Teile dezimiert worden war. Die jugendlichen Gäste waren begeistert und benutzten später ihre leeren Becher als Wurfgeschosse. Ich kam mir vor wie in einem antiautoritären Kinderladen!
Aber noch war es nicht soweit. Rolf hatte Tischkarten gezeichnet, die Sascha nun mit der Miene
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