Mit Fünfen ist man kinderreich
haben. Die Getränke gingen auf Kosten des Hauses!
Das Ende der Seebäderreise sah so aus: Ich bastelte einen seitenlangen Artikel über die Freuden eines Nordseeurlaubs zusammen, schrieb über Sonnenuntergänge, gesundheitsfördernde Wattwanderungen und jodhaltige Seeluft, während Rolf seine Annoncenaufträge sortierte. Nach Hause zurückgekehrt, jubelte die Anzeigenabteilung, die Redaktion war dagegen der Meinung, die permanente Sonnenbestrahlung müsse sich nachteilig auf die journalistischen Fähigkeiten meines Mannes ausgewirkt haben.
Kurze Zeit nach diesem Abstecher in die Werbebranche besuchte uns ein Bekannter. Er gehört zu den glücklichen Menschen, die so viel Geld haben, daß sie sich den Kopf darüber zerbrechen müssen, was sie damit machen könnten. Er machte etwas anderes als andere. Er kaufte ein ehemaliges Schlößchen an einem österreichischen See und ließ es zu einem Internat für die Töchter der oberen Zehntausend umbauen. Zwar hatte der gute Mann keine Ahnung, wie so ein Internat geführt werden muß, aber wenigstens kannte er einen Architekten, der zunächst einmal die Bauarbeiten in die Hand genommen hatte. Das notwendige Personal würde sich später wohl auch finden lassen. Größere Sorge bereitete ihm jetzt der vorgesehene Prospekt. Was nützt ein noch so schönes Internat, wenn die Zöglinge fehlen?
Nun gibt es genug Fotografen, die gegen entsprechendes Honorar alles ablichten, was von ihnen verlangt wird. Schwieriger ist es schon, etwas zu fotografieren, das gar nicht da ist! Das Schloß wurde derzeitig noch von Maurerkolonnen bevölkert, die auch noch eine ganze Weile dort ihr Unwesen treiben würden, von den vorgesehenen 22 Zimmern waren erst drei fertig, die Kaminhalle besaß bisher nur den Kamin und sonst nichts, und im Park standen statt der späteren Gartenmöbel im Augenblick noch Zementmischer. In einem Vierteljahr sollte zwar alles fix und fertig sein, aber dann mußten nach Ansicht des Bauherrn auch gleich die ersten Pensionärinnen einziehen. Schließlich war er kein Philanthrop, sondern Geschäftsmann. Rolf sei doch Hobby-Fotograf, und ob er nicht eine Idee hätte.
Natürlich hatte er eine. Wer läßt sich schon einen kostenlosen Urlaub entgehen, wenn man als Gegenleistung lediglich ein bißchen fotografieren muß. Außerdem sollte die Frau Gemahlin selbstverständlich mitkommen.
Als wir zum ersten Mal mit dem künftigen Töchterheim konfrontiert wurden, erhielt Rolfs Optimismus einen erheblichen Dämpfer.
Aber bekanntlich wächst der Mensch mit seinen Aufgaben. Ein Maler tapezierte im Schnellverfahren die drei fertigen Räume, ein Möbelgeschäft, dem ein größerer Auftrag in Aussicht gestellt wurde, lieferte leihweise das Mobiliar für ein Jungmädchenzimmer sowie ein Dutzend Klubsessel für die Kaminhalle. Nackte Holzpfeiler, die noch auf ihre Furniere warteten, wurden mit meterhohen Blattpflanzen drapiert, statt der fehlenden Bilder kamen Teppichbrücken (25,- DM pro Stück im Warenhaus!) an die Wände… und wenn man nun das Ganze im richtigen Blickwinkel fotografierte, die Möbel immer wieder umstellte und aus den fertigen Fotos die vorteilhaftesten Bildausschnitte vergrößerte, täuschte das Endprodukt ein komfortabel und geschmackvoll eingerichtetes Haus vor.
Nun ist ein Mädcheninternat ohne Mädchen nur eine halbe Sache. In der nahe gelegenen Stadt gab es ein Gymnasium, in dem Gymnasium gab es Mädchen! Nachdem wir den Direktor von unseren absolut lauteren Motiven überzeugt hatten, durften wir in der Prima nach freiwilligen Fotomodellen suchen. Wir fanden 17. Mehr Mädchen gab es nicht in der Klasse. Zu guter Letzt hüllte man mich in ein seriöseres Gewand, als meine Jeans es waren, in denen ich dort ewig herumlief, drückte mir eine Schallplatte in die Hand und ließ mich in der Kaminhalle im Kreise der Primanerinnen als musikliebende Respektperson agieren. Im Prospekt stand so etwas Ähnliches wie: Unsere Erzieherinnen sind jung genug, um auch Freundinnen ihrer Schützlinge zu sein.
Der fertige Prospekt, zu dem Rolf dann auch noch den Text schrieb, wurde ein voller Erfolg. Es kamen mehr Anmeldungen, als Plätze vorhanden waren, und vor lauter Begeisterung stellte der dankbare Auftraggeber unserer damals noch gar nicht existenten Tochter einen Freiplatz in seiner Nobelherberge in Aussicht. Wir wollten in fünfzehn Jahren darauf zurückkommen!
Diesen Prospekt bekam ein Möbelfabrikant zu Gesicht, den Rolf über die allgemeine Auftragslage zu
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