Mit Fünfen ist man kinderreich
welche muß es auch geben, wäre ja man sonst langweilig.«
Vierundzwanzig Stunden später klingelte das Telefon. Nachdem Felix alle ihm bekannten Flüche in mehreren Sprachen von sich gegeben hatte, berichtete er, daß sie jetzt in Schaffhausen festsäßen. Das Auto sei endgültig kaputt, das Zelt nachts zweimal zusammengebrochen, Marianne und die Kinder würden gleich mit dem Zug nach Hause fahren, und ob Rolf ihn nicht abholen könnte. »Ich kann doch den ganzen Krempel nicht mit der Bahn transportieren.«
Rolf fuhr also nach Schaffhausen, lud seinen gestrandeten Freund nebst Zelt, Angel und 27 Kartons ins Auto und karrte ihn zurück nach Heidenberg. Hier genoß Felix noch drei Tage lang Sonne, Gin und Landluft, dann schenkte er das Zelt den Jungs, tauschte in Heilbronn die erst kürzlich erworbenen Artikel gegen Fußballschuhe, Elektrorasierer und Fachliteratur über Camping ein, stellte Angel und 11 Kartons in den Keller (sie stehen heute noch da) und fuhr nach Hause.
Den Rest der Ferien verbrachten die Böttchers in einer kinderfreundlichen Familienpension im Sauerland.
8
Unsere Kinder sind fast alle im Winter geboren, was die Gestaltung der traditionellen Geburtstagspartys zwangsläufig einschränkt. Nur Sascha hat Glück. Sein Geburtstag ist am 12. September, und seine Chancen, daß der Himmel ein Einsehen hat und die Sonne scheinen läßt, stehen zumindest 5o:5o. In jenem Jahr waren sie relativ gut, wußten wir doch schon gar nicht mehr, wie Regen überhaupt aussieht. Das Spektakel würde also voraussichtlich im Freien stattfinden können.
Saschas neunter Geburtstag fiel auf einen Samstag. Wir konnten also damit rechnen, daß alle geladenen Gäste erscheinen und nicht teilweise von ihren Eltern zu Erntearbeiten aufs Feld abkommandiert werden würden. Auch Landwirte machen mal Pause!
Genaugenommen begannen die Geburtstagsvorbereitungen schon drei Wochen vor dem eigentlichen Termin, als mir Sascha die Rohfassung der Gästeliste vorlegte. Danach wollte er die gesamte männliche Dorfjugend zwischen 7 und 13 Jahren einladen, etwa zwei Drittel seiner Klassenkameraden sowie ein halbes Dutzend Mädchen, allesamt permanente Anwärter für Fleißzettel. Ich strich zunächst alle Namen aus, die ich noch niemals gehört hatte. Das war ungefähr die Hälfte und immer noch zu wenig. Dann reduzierte ich die Kandidaten so lange, bis neun übrigblieben. Das erschien mir akzeptabel. Sascha war anderer Meinung. Er kämpfte um jeden Gast mit einer Verbissenheit, als gelte es, Schiffbrüchige vor dem sicheren Tod des Ertrinkens zu retten. Schließlich einigten wir uns auf zwölf. Mit Sven und Sascha würden es also 14 Kinder sein, das ging gerade noch. Stefanie hatte ich von vornherein ausgeklammert. Seit sie sich bei einem Kindergeburtstag von Sven aus nie geklärten Gründen den Fuß verstaucht hatte und tagelang herumhinken mußte, zog sie es vor, an den turbulenten Gesellschaften ihrer Brüder nur noch als Zuschauerin teilzunehmen. Außerdem hatte ich die nicht unberechtigte Hoffnung, Sascha würde sich vielleicht in der noch verbleibenden Zeit mit einigen seiner vorgesehenen Gäste überwerfen und sie kurzerhand wieder ausladen. So etwas war schon öfter vorgekommen. Dieses Glück hatte ich jedoch in diesem Jahre nicht. Entweder war Sascha besonders friedfertig, was ich bezweifle, oder seine Kameraden bogen beginnende Streitigkeiten früh genug ab, um die schon in Aussicht gestellten Einladungen nicht zu gefährden.
Die Mädchenriege hatte ich meinem Sohn ausgeredet mit der Begründung, in seinem fortgeschrittenen Alter bleibe man zweckmäßigerweise unter sich, Mädchen würden da nur stören. Sascha fand das schließlich auch.
Eine Woche vor dem bedeutungsvollen Tag setzte er sich hin und bemalte Briefkarten. Den dazugehörigen Text überließ er mir. »Du kannst das viel besser, und mit der Schreibmaschine sieht es auch schöner aus!« Er versah die Karten später lediglich mit seinem Autogramm. Anschließend gab er keine Ruhe, bis ich Hannibal aus der Garage geholt und Sascha nach Aufeld gekarrt hatte, wo er eigenhändig die Briefe frankierte und in den Kasten warf. Meinen Vorschlag, er könne die Einladungen doch am nächsten Tag in der Schule verteilen, lehnte er ab. »Mit Briefmarke drauf sieht es doch viel wichtiger aus, und dann nehmen die Mütter das auch ernst!«
Kindergeburtstage wurden in Heidenberg im allgemeinen nicht besonders gefeiert. Das Geburtstagskind bekam ein Geschenk, natürlich auch einen
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