Mit Haut und Haar (German Edition)
verständigt. Wir sollten ihren Leichnam abholen.«
Clarissa entfuhr ein leiser Aufschrei des Entsetzens.
»Sie sollten meine Leiche abholen?«
Schwarzkopf nickte.
Clarissa erhob sich und lief ans Fenster. Fröstelnd zog sie die Strickjacke enger um sich. Daniel saß auf dem Sofa und starrte auf den Boden. »Wer hat das in Auftrag gegeben?« fragte Clarissa schließlich. »Ich meine, Sie kommen doch nicht einfach so in ein Haus um eine Leiche abzuholen, da muss Sie doch jemand angerufen haben!«
»Nicht nur angerufen«, sagte Herr Schwarzkopf. »Die Dame war sogar bei uns. Aber es war von Anfang an eine merkwürdige Sache, wir hätten wissen müssen, dass etwas nicht stimmen kann.«
Clarissa setzte sich wieder in ihren Sessel.
»Sie erzählen mir das alles jetzt bitte von Anfang an«, sagte sie. »Ich werde seit Monaten mit anonymen Briefen belästigt, mein Hund wurde vergiftet und jetzt stehen Sie hier und wollen meine Leiche abholen! Wenn ich nicht bald herausfinde, wer dahintersteckt, werde ich wahnsinnig!«
Herr Schwarzkopf nickte.
»Die Dame rief zunächst an und wollte mir Ihren vermeintlichen Todesfall melden. Sie sagte, sie sei Ihre Schwägerin und ihr Bruder sei vor Trauer nicht in der Lage, diese Angelegenheiten zu übernehmen, also hätte er sie beauftragt.« Der Mann lehnte sich mit ernstem Gesicht zurück. »Mein Junior war am Telefon und meinte, wir könnten nicht einfach so in ein Haus gehen um eine Leiche abzuholen, was wir brauchen ist ein persönlicher Auftrag, jedenfalls wenn es um Privatleute geht. Auf Anruf kommen wir nur in Krankenhäuser oder Pflegeheime.« Er räusperte sich. »Da kennen wir einfach die Schwestern und Pfleger und wissen, dass es ernst ist, wenn sie uns anrufen.«
Clarissa nickte.
»Daraufhin erschien die Dame bei uns im Geschäft. Schwarz gekleidet und sie sah auch sehr verweint aus. Niemand hat sich was dabei gedacht. Sie hat angegeben, sie sei die Schwester Ihres Mannes, Frau Ostermann. Er hätte sie beauftragt, sich um alles zu kümmern. Ihre Todesursache hat sie mit plötzlichem Herzinfarkt angegeben.«
»Aha«, sagte Clarissa. »Na wer weiß, vielleicht erleide ich tatsächlich noch einen Herzinfarkt wenn das so weitergeht!«
»Wir wollten natürlich einen Totenschein sehen und einen Personalausweis. Die Dame fing an zu weinen und sagte, sie sei völlig konfus angesichts der Trauer über diesen plötzlichen Todesfall und schwor uns, sie würde beides morgen Nachmittag vorbeibringen. Hauptsächlich sollten wir nun erst einmal den Leichnam abholen, damit Herr Ostermann mit den Kindern nicht mit einer Toten im Haus übernachten muss.«
Herr Schwarzkopf schüttelte den Kopf, verständnislos angesichts der ganzen Situation. »Frau Ostermann, es tut mir sehr leid, mir ist ein solcher Fall noch nie untergekommen. Ich habe die Pietät von meinem Vater übernommen, bin mit diesem Geschäft groß geworden, noch nie habe ich so etwas erlebt. Der Wunsch nach Abholung des Leichnams erschien mir natürlich und vor allem glaubte ich der Frau natürlich auch, als sie sagte, sie hätte die Bescheinigung vergessen – und ihren Ausweis. Sie war sehr glaubwürdig. Sie hat uns sogar den Auftrag unterschrieben, aber der Name ist wahrscheinlich falsch. Und wegen der Blumenarrangements und allen anderen Dingen wollte sie morgen noch mal vorbeikommen – mit ihrem angeblichen Bruder. Und dann auch natürlich die Bescheinigung und ihren Ausweis nachreichen.«
Clarissa zündete sich eine Zigarette an. Ihre Finger zitterten.
»Wie sah sie aus?« fragte sie beinahe beiläufig.
Herr Schwarzkopf musterte seinen Kollegen und als dieser nickte, wandte er sich wieder Clarissa zu. »Sie war sehr schlank. Und sie hatte lange, auffällig rote Haare.«
»Wie lang?« fragte Clarissa.
»Bis zur Hüfte schätze ich«, sagte Herr Schwarzkopf.
»Locken?« fragte Clarissa.
»Ja. Lange, rote, lockige Haare. Sagt Ihnen das was?«
Clarissa nickte. »Ja.«
Herr Schwarzkopf erhob sich. »Sie sollten Anzeige erstatten«, sagte er. »Wir werden natürlich gerne aussagen, denn wir fühlen uns auch geschädigt. Auch wenn diese Angelegenheit hier nun mehr als peinlich ist. Es tut mir sehr leid Frau Ostermann.«
»Wann war die Frau bei Ihnen?«
»Heute am späten Nachmittag«, sagte Herr Schwarzkopf. »Sie bat uns, so schnell wie möglich zu handeln. Aber Leichentransporte in privaten Häusern – das machen wir immer erst nach Einbruch der Dunkelheit. Wegen der Nachbarn.«
»Gut«, sagte Clarissa.
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