Mit Haut und Haar (German Edition)
auch mit der Trauer um Sparky. In Frankfurt hättest du deine Freundinnen. Ablenkung. Was ist mit Anja?«
»Was soll mit Anja sein? Mit Anja telefoniere ich sehr oft, aber sie ist nun mal weit weg.«
Clarissa seufzte. »Daniel was soll ich sagen, natürlich vermisse ich meine Freunde. Ich hab mich nie einsam gefühlt, auch hier in Köln nicht. Aber jetzt, nachdem das mit Sparky passiert ist – und die Briefe vorher... ich weiß nicht.«
Er sah sie fragend an. Clarissa zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch nachdenklich in die warme Abendluft.
»Ich habe eben niemandem mit dem ich reden kann«, sagte sie. »Nur am Telefon. In den letzten Wochen wird mir immer mehr klar, wie sehr ich eine Freundin bräuchte, eine gute Freundin, so wie ich es gewohnt bin. Sicher, wir sind alle mobil, Köln ist nur zwei Autostunden von Frankfurt entfernt, aber alle haben Jobs und ein eigenes Leben. Es ist eben nicht mehr so einfach, seine Freunde zu sehen, wenn man so weit entfernt ist. Und es fällt mir nicht leicht, neue Kontakte zu knüpfen, wo sollte ich anfangen? Ich arbeite nicht, ich hab nur meine Familie und meinen Haushalt. Die Nachbarn hier sind komisch und ich bin auch hier in Köln der Meinung, dass man mit Nachbarn freundlich sein sollte, sich aber nicht näher anfreunden sollte. Die Kinder sind groß, die Elternabende sind auch nicht mehr das, was ich mal von früher her kannte, man lernt einfach niemanden kennen.«
»Du fühlst dich einsam.«
»Ja, ein wenig schon. Ich vermisse meine Freunde. Unsere Freunde.«
Er nickte.
»Ich verstehe dich«, sagte er.
Gegen zehn klingelte es an der Haustür. Daniel sah Clarissa verwundert an.
»Jetzt noch?« fragte er erstaunt und sah auf die Uhr.«
Clarissa zuckte mit den Schultern. »Wir haben pubertierende, halbwüchsige Kinder. Würde mich nicht wundern, wenn es Freunde von ihnen sind, die da klingeln.«
»Das geht nicht«, sagte Daniel streng. »Ich möchte nicht, dass unser Haus zum Bahnhof verkommt, wo jeder kommen und gehen kann wie es ihm beliebt. Irgendwann muss mal Ruhe sein, oder? Wir haben alle einen anstrengenden Tagesablauf und ab einer gewissen Uhrzeit klingelt man nicht mehr bei Leuten, oder?«
»Dann geh runter und sag es ihnen«, sagte Clarissa. Daniel erhob sich und ging nach unten. Er wirkte angespannt. Clarissa sah ihm nach und fragte sich, ob er wohl glücklich war mit diesem Leben, denn mit Sicherheit vermisste auch er seine Freunde. Hier in Köln hatte er seinen Beruf, der ihn sehr anstrengte und ausfüllte und seine Familie. Aber sie beide waren immer sehr darauf bedacht gewesen, ihre Freundschaften zu pflegen und sie beide hatten die gemeinsamen Abende unter Freunden genossen. Auch er musste sich in Köln ein wenig einsam vorkommen. In der Firma konnte er keine freundschaftlichen Kontakte knüpfen. Als Chef freundete man sich nicht mit Angestellten an, das war ein unausgesprochenes, aber gültiges Gesetz. Aus dem unteren Flur hörte sie leises Stimmengemurmel. Das verwunderte sie, denn sie kannte Daniel. Wenn es einer von Damians Freunden gewesen wäre, der da geklingelt hatte zu so später Stunde, würde er nicht so ruhig bleiben. Sie griff nach ihrer Strickjacke, zog sie über und tapste barfuß die Treppe nach unten. Daniel stand mit kreidebleichem Gesicht im Flur und mit ihm zwei Herren um die vierzig in schwarzen Anzügen und mit ernsten Gesichtern.
»Ist was passiert?« fragte sie erschrocken.
Daniel schüttelte den Kopf. »Liebling, geh wieder nach oben.«
»Ist das Ihre Frau?« fragte einer der Männer.
Daniel nickte. »Liebes, geh wieder hoch«, sagte er.
»Finden Sie nicht dass Ihre Frau davon erfahren sollte?« fragte der Mann.
Clarissa stieg die Stufen ganz nach unten.
»Was ist hier los?« fragte sie und sah zwischen den Männern und Daniel hin und her. Einer der Männer reichte ihr die Hand. »Pietät Schwarzkopf«, sagte er. »Mein Name ist Klaus Schwarzkopf. Ich bin der Inhaber.«
»Ein Bestattungsunternehmen?« fragte Clarissa erschrocken. »Was ist denn passiert?«
»Kommen Sie bitte mit ins Wohnzimmer«, sagte Daniel und lief voraus. Er deutete auf das Sofa. »Bitte nehmen Sie Platz.«
»Was ist hier los?« fragte Clarissa. Sie war weiß wie die Wand und ließ sich kraftlos in den Sessel fallen.
»Offensichtlich hat sich jemand mit Ihnen und mit uns einen Scherz erlaubt«, sagte Herr Schwarzkopf.
»Einen Scherz?«
Herr Schwarzkopf nickte. »Sie sind Clarissa Ostermann?«
»Ja.«
»Jemand hat uns
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