Mit Haut und Haar (German Edition)
verstehe ich das«, sagte Charlotte. »Wenn ich an Mamas Stelle gewesen wäre, ich hätte mich scheiden lassen.«
»Statt dessen hatte ich auch ein Verhältnis, später zwar, aber mir ist der gleiche Fehler passiert wie eurem Vater«, sagte Clarissa, und sie sah ihrer Tochter in die Augen. »Und eigentlich wollten wir nicht dass ihr das alles erfahrt. Wir haben durch diese Sachen beide viel Schmerz verkraften müssen, aber wir haben dadurch auch gesehen, wie sehr wir uns noch lieben und dass wir zusammen bleiben möchten. Scheidung war kein Thema bei uns. Also wollten wir euch all das ersparen. Papa und ich mussten einfach lernen, wieder ganz normal miteinander umzugehen und das ist uns auch gelungen.«
»Wir haben nur nicht verstanden, mit wem ihr beide eure Verhältnisse hattet«, sagte Damian.
»Ich mit einer Sekretärin meines Geschäftspartners«, sagte Daniel ehrlich.
»Und ich mit Patrizia«, sagte Clarissa.
»Mit einer Frau?« rief Damian erschrocken aus. »Mama, du bist lesbisch?« »Nein«, sagte Clarissa. »Ich bin nicht lesbisch. Aber für eine Weile hat Patrizia mich sehr glücklich gemacht. Und wahrscheinlich hat sie mir das Selbstvertrauen zurückgegeben, das ich verloren hatte durch die Sache mit Papas Verhältnis. Und in den Jahren davor.«
Damian schüttelte fassungslos den Kopf. »Das mit den Briefen wolltet ihr auch geheim halten«, sagte Charlotte. »Nur, warum?«
»Weil wir euch nicht beunruhigen wollten. Uns beiden haben diese Briefe Angst gemacht. Aber die Polizei meinte, die wären nicht so ernst zu nehmen wie es uns erschien.«
»Und jetzt ist Sparky tot«, sagte Damian mit finsterer Miene.
Clarissa nickte.
»Und ihr meint nicht, dass das was mit den Briefen zu tun hat?«
»Doch«, sagte Daniel. »Das denken wir, aber die Polizei meint, das könnten auch voneinander unabhängige Leute sein, die uns einfach nur schaden möchten.« »Soso«, sagte Damian. »Die Polizei denkt!« Er wirkte plötzlich unglaublich erwachsen. »Und das jetzt eben? Der Leichenwagen? Diese zwei Typen in schwarz die unsere angeblich tote Mutter abholen wollten? Was geschieht jetzt?« »Wir haben eine Beschreibung von der Frau erhalten, die diese Pietät beauftragt hat«, sagte Daniel. »Anhand dieser Beschreibung wird man sicher herausfinden können, wer das war. Ich bin sicher, dass dieser Spuk bald ein Ende hat.«
»Und bis dahin seid ihr sehr vorsichtig«, sagte Clarissa. »Man weiß nicht was noch alles passiert. Lasst niemanden ins Haus den ihr nicht hundertprozentig kennt. Steigt in kein Auto ein. Sprecht nicht mit fremden Menschen. Wir müssen erst wissen wer dahinter steckt bevor wir uns wieder sicher fühlen können.« »Glaubst du wir sind in Gefahr?« fragte Charlotte mit Tränen in den Augen. »Charlotte«, sagte Clarissa. »Ich weiß nicht was ich glauben soll. Ich weiß nur dass jemand, der anonyme Briefe schreibt, einen wehrlosen Hund tötet und mir ein Beerdigungsinstitut auf den Hals hetzt, wahrscheinlich noch mehr Ideen hat, wie man uns schaden könnte.«
»Wir dachten wirklich, wir hätten das alles vor euch verbergen können«, sagte Daniel. »Es tut mir leid, dass ihr das alles trotzdem mitbekommen habt. Ihr habt euch bestimmt tausend Fragen gestellt und das hat euch sicher gequält. Das tut mir am allermeisten leid an der Sache.«
»Und mir erst«, sagte Clarissa.
»Das war also eine Frau, die das Institut beauftragt hat?« fragte Damian. Er ging nicht auf die Entschuldigungen seiner Eltern ein.
Clarissa nickte.
»Deine Geliebte vielleicht, Papa.«
Daniel schüttelte energisch den Kopf. »Nein. Es ist zwei Jahre her. Ich hab mit ihr lange nichts mehr zu tun. Es war eine Frau mit langen, roten, lockigen Haaren.«
»Patrizia«, sagte Damian.
Clarissa nickte. Sie begann zu weinen und lief nach oben ins Schlafzimmer. »Warum hast du nie was gesagt, Sohn?« fragte Daniel mit ernstem Gesicht.
»Weil wir beide gehofft haben, dass ihr euch wieder einkriegt«, antwortete Charlotte anstelle ihres Bruders. »Überall lassen sich die Leute scheiden, wir hatten Angst dass ihr euch auch scheiden lasst. Und dann sah es irgendwann so aus, als wäre wieder alles in Ordnung und da wollten wir euch nicht mehr drauf ansprechen.«
-31-
Eine Woche später klingelte Herr Meierhofer an der Haustür. Glücklicherweise war auch Daniel bereits zu Hause. Er arbeitete derzeit nur so viel wie nötig und versuchte, so viel wie möglich bei Clarissa zu sein, um ihr wenigstens ein scheinbares Gefühl von
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