Mit Haut und Haar (German Edition)
Freunde werden bestimmt auch kommen.«
»Ja, aber du weißt schon was ich meine, oder?«
»Natürlich.«
»Mama, werden wir jetzt reich?« fragte Charlotte.
Clarissa lachte.
»Kind, wie kannst du nur solche Fragen stellen? Ich bin total nervös wegen Sonntag und du fragst mich, ob wir jetzt reich werden?«
»Charlotte, wir sind schon reich«, sagte Daniel.
Clarissa sah ihn fragend an.
»Weil wir uns haben.«
»Davon kann ich mir keine X-Box kaufen«, schimpfte Charlotte.
»Du würdest auch keine X-Box kriegen, wenn wir im Geld schwimmen würden. Irgendwann sicher mal, aber vorher schaust du, dass du in der Schule mehr Leistung bringst, liebe Tochter«, sagte Daniel. »Da mangelt es nämlich ein bisschen. Ich könnte dir locker eine X-Box kaufen, aber ich werde es nicht tun, solange du in deinem nächsten Zeugnis keine Verbesserung von mindestens einer Note pro Fach hast.«
»So schlecht sind meine Noten auch nicht«, sagte Charlotte. »Ich bewege mich im Durchschnitt.«
»Das ist schlecht. Du solltest eigentlich im oberen Durchschnitt liegen, schlau genug bist du jedenfalls. Du bist nur zu faul, aber das Thema hatten wir ja schon.«
Charlotte erhob sich.
»Ich gehe jetzt in mein Zimmer. Ich habe noch zu tun.«
»Braves Kind«, sagte Daniel grinsend.
»Du bildest dir doch nicht ein, dass sie jetzt lernen geht?« fragte Clarissa.
»Nein, aber ich freue mich dass wir den Rest des Abends für uns alleine haben. Nicht wahr Damian?«
Er bedachte seinen Sohn mit einem eindringlichen Blick.
»Das ist eklig«, sagte Damian. »Ihr seid echt aus dem Alter raus.«
»Gute Nacht mein Sohn«, sagte Daniel.
»Soll ich etwa schon ins Bett? Es ist gerade mal acht Uhr!«
»Du musst noch nicht ins Bett. Aber Eltern sind auch manchmal froh wenn sie sich mal für sich alleine haben. Auch wenn du das eklig findest.«
Als die beiden hinter laut zuknallenden Zimmertüren im oberen Stockwerk verschwunden waren, streifte Clarissa ihre Pumps ab und legte die Füße auf die Couch.
»Uff, das war ein harter Tag«, sagte sie.
»So?« fragte er, und sah ihr direkt in die Augen.
Clarissa errötete leicht. Ahnte er etwas? Sie fühlte sich wunderbar, wie von weichen, flauschigen Wolken durch die Luft getragen. Aber sie hatte auch ein schlechtes Gewissen. Unter normalen Umständen hätte sie sich mit Sicherheit niemals darauf eingelassen, ja, dessen war sie sicher. Auf dem Weg nach Hause hatte sie darüber nachgedacht. Aber sie lebte nicht unter normalen Umständen. Sie lebte mit einem Mann zusammen, den sie über alles liebte, der sie aber monatelang betrogen hatte. Und das vielleicht nicht zum ersten Mal, vielleicht war das nur der einzige Betrug den sie aufgedeckt hatte. Sie liebte ihn über alles, aber sie konnte seinen Betrug nicht vergessen. Und deswegen fühlte sie sich nicht wirklich schlecht. Nur ein bisschen. Sie hatte nichts getan, was er nicht auch getan hatte. Aber in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Sie hatte Patrizia heute Nachmittag all die Dinge gegeben, die sie ihm versagte, und das voller Lust und Leidenschaft.
»Vielleicht wirst du dich dran gewöhnen müssen«, sagte Daniel.
»Ach, daran könnte ich mich schon gewöhnen«, antwortete sie.
Er zog die rechte Augenbraue hoch, so wie er es immer tat, wenn er sich konzentrierte.
»Ja«, sagte sie. »Es tut schon sehr, sehr gut, weißt du? Ich meine, mir hat immer jeder gesagt, meine Bilder wären klasse, aber wenn so etwas von einem Menschen wie Patrizia kommt, ist das was ganz anderes. Sie hat Kunst studiert, sie besitzt diese Galerie und hat ständig mit Künstlern zu tun, sie hat einfach Ahnung. Und wenn so jemand um dich herumstreicht und dir immer wieder sagt, dass die Bilder phantastisch sind, die du da gemalt hast, dann ist das schon ein unglaublich gutes Gefühl.«
»Es tut dir gut«, sagte Daniel. »Das ist das Wichtigste. Du wirkst endlich mal wieder lebendig.«
»Ich wirke endlich mal wieder lebendig? Wie darf ich denn das verstehen?«
Daniel wurde rot.
»Ich meine nur ... ach lassen wir das.«
»Nein, jetzt möchte ich es wissen!«
Daniel beugte sich vor und zündete sich eine Zigarette an.
»Ach Liebling, du warst so – wie soll ich das sagen? Du warst im ganzen letzten Jahr von einer Traurigkeit begleitet, das kann man nicht wirklich beschreiben. Und ich mag das Thema auch nicht wieder aufwühlen, ich weiß ja wer diese Traurigkeit verursacht hat. Aber es ist so. Und heute strahlst du so. Du wirkst glücklich. Ausgeglichen.
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