Mit Haut und Haar (German Edition)
ich aufwache, sehe ich diese Bilder vor mir. Ich werde sie einfach nicht los. Es zerreißt mich innerlich. Wir reden viel zu oft drüber, das macht es auch nicht besser. Aber ich kann einfach nicht vergessen was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe.«
»Es tut mir so leid«, sagte er.
»Das sagtest du schon.«
»Was soll ich denn sonst sagen?«
Clarissa zuckte mit den Schultern.
»Ich habe keine Ahnung, Daniel. Ich wollte dir nur endlich einmal sagen, was mir eigentlich so weh tut. Du glaubst, du hast zu Hause nichts mehr geboten bekommen und fühltest dich vielleicht dadurch im Recht, als du fremdgegangen bist. Bist ja nur ein Mann, brauchst das ja, nicht wahr?«
Daniel nippte nervös an seinem Glas.
»So denkt ihr Männer doch, oder? Die Frau ist irgendwie lustlos geworden, aber man ist ja ein Mann und braucht eben seine Befriedigung. Und nicht nur das. Man sehnt sich nach Liebe, nicht wahr?«
Er nickte. »Ja, ich hatte meine Sehnsüchte und ja, du hast recht, sie wurden mir nicht erfüllt. Ich wusste immer dass du mich liebst, Clarissa. Aber ich hatte meine Sehnsüchte, ja!«
»Siehst du Daniel, ich habe mich auch danach gesehnt, nach den gleichen Dingen wie du. Und ich fühlte mich unattraktiv! Ich dachte, es liegt an mir. Ich dachte, ich reize dich nicht mehr. Ich dachte, ich gefalle dir nicht mehr. Ich habe mich so angestrengt, ich habe Kleider angezogen von denen ich wusste, dass du sie magst, ich habe mich so frisiert wie du es mochtest. Ich habe auch sonst versucht, so zu funktionieren wie du es haben möchtest. Und trotzdem habe ich all das nicht bekommen, wonach ich mich gesehnt habe. Und dann gehst du fremd. Es war wie ein harter Schlag mitten ins Gesicht.«
»Clarissa, ich habe das nie so gesehen, ich dachte immer, dass du keine großen Ansprüche hast, dass du glücklich und zufrieden bist mit deinem Leben und so wie es läuft ...«
»Das war ich auch. Nur im Bett hätte es besser laufen können, da habe ich auch Mangel gelitten, genau wie du. Und auch sonst hatte ich jahrelang hier das Gefühl, einfach nur funktionieren zu müssen, Gewohnheit geworden zu sein. Weißt du Daniel, woanders hingehen und etwas Neues erobern und entdecken, und dabei leidenschaftlich sein, das ist echt nichts Schweres. Und es ist kein Beweis dafür, dass bei mir was nachgelassen hat. Wenn du von mir Leidenschaft erwartest, musst du sie auch selbst übrig haben. Ich dachte immer, du bist müde und dann habe ich Rücksicht genommen, das habe ich dir schon so oft gesagt. Du arbeitest viel und ich dachte lange, dass es nicht an mir liegt, aber irgendwann habe ich angefangen, mich selbst im Spiegel zu betrachten und mir zu überlegen, warum ich dir eigentlich nicht mehr gefalle.«
Clarissa erhob sich.
»Wohin gehst du jetzt?«
»Ich gehe ins Bett.«
»Jetzt schon? Es ist gerade mal neun Uhr! Ich habe extra den Kamin angezündet, Wein aufgemacht, ich dachte wir könnten...«
»Wir könnten was?« fragte Clarissa.
Stolz wirkte sie plötzlich, so stolz, wie sie da stand in ihrem feinen, weich fließenden Nachthemd. Die Seide raschelte und die Spitzeneinsätze des Nachthemdes schmeichelten ihrer Haut. Der Satinmorgenmantel war ihr rechts über den Oberarm nach unten gerutscht und gab ihre Schulter frei.
»Du bist so schön«, sagte Daniel plötzlich, und er sah sie voller ehrlicher Bewunderung an. » Du bist heute viel attraktiver als du es mit zwanzig warst, weil du heute eine reife Frau bist, eine Frau mit Lebenserfahrung, kein kleines Mädchen mehr. Das verleiht dir etwas Besonderes. Und du kannst mit jeder dreißigjährigen Frau mithalten, niemand würde dich auf dein wahres Alter schätzen, und vierzig ist für eine Frau heutzutage sowieso kein Alter!«
Erneut streckte er die Arme nach ihr aus und sie ließ sich erweichen, ließ sich auf seinen Schoß fallen und schmiegte sich an ihn.
»Ich bin ein Esel«, sagte er. » Bitte gib mir doch eine Chance, das alles wieder gut zu machen.«
Sie küsste ihn. Zum ersten Mal seit über einem Jahr küsste sie ihn, spielte mit ihrer Zungenspitze an seiner Zunge und sie spürte, wie sich unter ihr seine Männlichkeit regte. Ein wenig erschrak sie. Wollte sie das? Ja, das wollte sie. Sie hatte an diesem Tag schon Sex gehabt und das hatte ihr wieder Selbstvertrauen gegeben. Nun wollte sie Daniel. Den Mann, den sie trotz allem noch immer über alles liebte und den aufzugeben sie nicht bereit war. Vielleicht hatte Patrizia ihr mit ihrem Begehren, mit ihrer Leidenschaft,
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