Mit Haut und Haar (German Edition)
sich nach unten in die Küche und bereitete Frühstück zu. Um halb sieben weckte sie die Kinder und setzte sich schließlich an den Tisch um ihre langsam eintrudelnden, am frühen Morgen noch etwas missgelaunten Familienmitglieder zu begrüßen. Nur Daniel setzte sich fröhlich, mit einem Lächeln auf den Lippen, an den Tisch.
Damian blickte zwischen seinen Eltern hin und her und schmierte sich dann ein wenig Butter auf seinen Toast.
»Hast du ein Problem, Junge?« fragte Clarissa.
Er schüttelte den Kopf.
»Sieht aber fast so aus«, sagte Daniel.
»Ihr wart ziemlich laut heute Nacht«, sagte Damian.
»Als wir heimgekommen sind? Tut mir leid.«
»Das meine ich nicht. Als ihr im Schlafzimmer wart.«
Charlotte kicherte.
»Damit wirst du leben müssen, Junge«, sagte Daniel, noch immer fröhlich. »Wir dürfen so was, wir sind seit vielen Jahren verheiratet.«
»Hört man nicht irgendwann mal damit auf?« fragte Damian.
»Klar.«
»Und wann ist das?«
»Keine Ahnung, so mit siebzig oder achtzig ... kommt drauf an.«
Damian verzog das Gesicht. »Das ist ekelhaft.«
»Nein, das ist normal«, sagte Clarissa. »Es wird gar nicht mehr lange dauern, bis du damit anfängst, ich schätze da werden wir auch mit gewissen Geräuschen leben müssen.«
»Ihr glaubt doch nicht etwa, dass ich so was hier machen würde, wenn ihr nebenan seid?« Er schüttelte den Kopf. »Sicher nicht.«
Daniel tätschelte seinem Sohn den Arm.
»Sicher doch, Junge. Da bin ich mir sogar ganz sicher.«
Damian schüttelte wieder nur den Kopf. »Da irrst du dich. Würde mich nervös machen, wenn ich wüsste dass ihr nebenan seid und zuhört.«
»Würden wir gar nicht«, sagte Clarissa glucksend. »Wir würden einfach den Fernseher lauter machen und nicht hinhören. Wäre übrigens ein guter Tipp auch für dich. Mach doch einfach deine Musik etwas lauter und schon hörst du deine ekligen, alten Eltern nicht mehr.«
Damian erhob sich und griff nach seiner Jacke, warf sich im Rausgehen seinen Rucksack über und verabschiedete sich missmutig.
Charlotte saß noch seelenruhig am Tisch, sie hatte etwas später Schule.
»Ich fand es nicht so schlimm«, sagte sie.
»Darüber bin ich hocherfreut«, antwortete Clarissa.
»Naja, ich freue mich ja wenn es bei euch gut läuft. Nancys Eltern lassen sich scheiden. Da läuft gar nichts mehr.«
»Sie lassen sich scheiden?« fragte Clarissa nach. Sie kannte die Eltern von Charlottes Freundin recht gut.
Charlotte nickte. »Ihre Mutter hat einen Freund und ihr Vater ist dahinter gekommen. Aber jetzt hat er auch eine Freundin. Ich mag im Moment überhaupt nicht hingehen, die haben nur Zoff. Nancy ist froh über jede Minute die sie nicht zu Hause verbringen muss. Die haben irgendwie vergessen, dass sie auch noch da ist, die sind nur am Rumbrüllen.« Sie lachte. »Nee, da hör ich nachts lieber meinen Eltern zu ...«
Clarissa fand das Thema langsam unangenehm.
»Wann wirst du heute Abend zu Hause sein?« fragte sie ihren Mann.
»Gegen sieben, wie fast immer. Kannst pünktlich mit mir rechnen.«
»Fein. Ich muss nämlich heute noch mal in die Galerie.«
Charlotte zuckte zusammen. »Wie lief es denn gestern?« fragte sie ein wenig schüchtern.
»Sehr gut«, sagte Daniel. Er sah seine Tochter streng an. »Und eure Mutter hätte sich gefreut, wenn ihr dabei gewesen wäret, denn es war ein besonderer Tag für sie.«
»Ach Papa«, sagte Charlotte. »Den ganzen Sonntag über gab es tolle Filme im Fernsehen und da sollten wir in einer Galerie rumstehen?«
»Nicht in einer Galerie rumstehen«, sagte Daniel ärgerlich. »In der Galerie eurer Mutter beistehen, die zum ersten Mal ihre Bilder dort ausgestellt hat. Moralische Unterstützung geben. Als Familie auftreten, verstehst du? So wie du es auch immer recht gerne hattest, wenn deine Mutter zu deinen Theatervorführungen in der Schule gekommen ist.«
Clarissa trank seelenruhig ihren Kaffee und rauchte ihre morgendliche Zigarette dazu. Sie fand es in diesem Moment wirklich gut, dass Daniel – seit langer Zeit mal wieder – eine Diskussion über Grundsätze mit einem seiner Sprösslinge führte und mochte sich nicht einmischen, denn Daniel sprach ja auch ihre Meinung aus.
»Das ist was anderes«, sagte Charlotte.
»Aha. Und warum?«
»Weil alle Eltern an solchen Aufführungen teilnehmen, weil sie einfach stolz auf ihre Kinder sind!«
»Weil ihre Kinder etwas ganz Besonderes auf die Beine gestellt haben, nicht?«
Charlotte nickte.
»Siehst du?
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