Mit Haut und Haar (German Edition)
so wie er es tut, dann darfst du anders entscheiden. Dann können wir hier bleiben.«
Daniel warf ihr einen besorgten Blick zu. Wenn Clarissa derart gereizt reagierte, konnte es nicht nur an ihren Kopfschmerzen liegen. Die Kinder ergriffen die Gelegenheit, um sich in ihre Zimmer zu verziehen. Clarissa stand auf und räumte das Geschirr ab. Daniel erhob sich ebenfalls und half ihr dabei.
»War heute irgendwas?« fragte er.
Sie schüttelte den Kopf. »Wieso?«
»Weil – Kopfschmerzen. Am Nachmittag im Bett gelegen, das sieht dir gar nicht ähnlich, auch nicht mit Kopfschmerzen. Und eben warst du ziemlich gereizt.«
Clarissa seufzte. »Das ist wohl nicht mein Tag. Das ist alles. Mach dir keine Sorgen, morgen ist wieder alles okay.«
»Du möchtest nicht mit mir über irgendetwas sprechen?«
Sie fuhr herum, wirkte ein wenig erschrocken.
»Über was sollte ich mit dir sprechen wollen?«
»Keine Ahnung. Heute Morgen war noch alles in Ordnung. Heute Nachmittag warst du bei Patrizia in der Galerie. Oder bei ihr zu Hause. Wo eigentlich? Und seit du wieder hier bist, geht es dir offenbar nicht gut!«
»Es ist alles in Ordnung, Daniel. Wirklich.«
Daniel setzte sich wieder an den Esstisch, zündete sich eine Zigarette an und starrte sie so lange an, bis sie sich zu ihm setzte.
»Daniel, ich weiß nicht, was soll ich dir sagen? Ich war bei ihr zu Hause. Und sie hat ein wenig zickig reagiert, weil wir wegziehen, ich habe es ihr heute gesagt.«
»Das verstehe ich nicht«, antwortete er. »Ich weiß, dass ihr mittlerweile dick befreundet seid, aber gerade dann müsste sie es doch verstehen? Außerdem finde ich es nicht normal, Freundschaften lösen sich nicht auf, nur weil man irgendwohin zieht, wohin der andere vielleicht zwei Stunden fahren müsste. Und falls es aus geschäftlichen Gründen ist, das ist doch sowieso kein Problem. Du hörst ja nicht auf zu malen und deine Bilder kannst du ihr von Köln aus genauso zur Verfügung stellen.«
Clarissa schluckte. Er machte sich Sorgen. Er war auch misstrauisch. Es stand ein neuer Anfang an. Konnte sie mit Daniel einen neuen Anfang machen, wenn sie ihn auf einer Lüge, auf einem solchen Betrug aufbaute? Wäre es nicht besser, ihm ihren Betrug zu gestehen? Was würde geschehen? Konnte er ihr verzeihen? Würde er ihr verzeihen? Wäre ihre Ehe am Ende vielleicht genau da, wo sie vor etwas mehr als einem Jahr schon einmal gewesen war?
Sie hatte Angst dass es so kommen könnte.
Aber sie hatte auch vor Patrizia Angst. Ein innerer Instinkt sagte ihr, dass Patrizia es darauf nicht beruhen lassen würde. Sie hatte keine Ahnung, warum ihr Bauchgefühl ihr sagte, dass noch unangenehme Dinge bevorstanden, aber es hatte sie selten getäuscht. Sie hatte schon den ganzen Nachmittag über eine unbestimmte Angst in ihrem Inneren gefühlt, seit sie Patrizias Wohnung verlassen hatte. Aus diesem Grund nahm sie all ihren Mut zusammen, bevor sie vielleicht in der schönen Vorstellung versinken konnte, dass es besser war, wenn er es nicht erfahren würde. Eine innere Stimme sagte ihr, dass er es erfahren würde, auf die eine oder andere Art und wenn es tatsächlich so sein sollte, dann sollte er es lieber von ihr persönlich erfahren.
»Daniel«, sagte sie. Und atmete tief ein. »Du hast recht. Es gibt ein Problem. Wir müssen reden.«
Daniel erhob sich und schloss die Wohnzimmertür. Er hatte es geahnt. Clarissa hatte noch nie ihre Gefühle vor ihm verstecken können, er hatte gewusst, dass sie etwas bedrückte. Was immer es sein mochte, die Kinder mussten es nicht hören.
»Du kannst mit mir über alles reden, das weißt du doch. Sag es mir einfach. Sag mir einfach was dich bedrückt.«
»Daniel, ich weiß nicht wie ich anfangen soll. Du engagierst dich seit ... na ja seit...ach...!«
»Seit ich dich betrogen habe.«
»Ja«, sagte sie. »Seit damals engagierst du dich so sehr. Du gibst dir so viel Mühe. Du liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Wir haben unsere Ehekrise überwunden. Die Ehe mit dir ist wieder so wunderbar wie in unseren ersten Jahren, viel schöner noch, weil wir jetzt eine Vertrautheit haben, die wir früher nicht hatten. Und nun willst du einen neuen Anfang in Köln machen. Du musst die Wahrheit erfahren, aber das könnte das Ende unserer Ehe sein.«
Er musterte sie mit besorgtem Blick. »So ernst?«
Clarissa nickte traurig und sie schaffte es nicht, ihn anzusehen. Stattdessen lief sie zum Schrank, öffnete ihn und holte eine Flasche Cognac und zwei Gläser
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