Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
recht hatte, aber bisher hatte sie sich immer auf seine Ratschläge verlassen können. Sie ging noch ein paar Schritte und sonnte sich im Rampenlicht. Das ist mein großer Moment , dachte sie , der Moment, in dem das Leben beginnt, für das ich eigentlich bestimmt bin …
»Luuuuuce! Lucy Jo! Hier drüben, Herzchen, hier drüben!«
O nein, nein, nein, nein, nein.
Ritas Stimme – mit demselben rauen Akzent, den Wyatt Lucy in tagelanger, mühevoller Kleinarbeit abtrainiert hatte – durchschnitt den ohrenbetäubenden Lärm und ging ihrer Tochter durch Mark und Bein. Die Luft schien mit einem Wuschhhhhh aus Lucys Lungen zu entweichen, als sie diese Stimme hörte. Noch ehe sie sich bremsen konnte, hatte sie sich bereits umgedreht und ihre Mutter auf der anderen Seite des Absperrseils entdeckt. Rita, in ein grauenerregendes Paillettenkleid gequetscht wie eine Presswurst, hatte sich unter Zuhilfenahme ihrer Ellbogen den Weg durch die Phalanx der Fotografen freigeboxt und schien sich nun ein hitziges Wortgefecht mit der hochgewachsenen PR-Frau zu liefern, die dort Wache stand.
»Sie will mich nicht reinlassen, obwohl ich eine Karte habe!« Mit einer Hand griff sie in ihr ausladendes Dekolleté und fischte eine unverkennbar grün-goldene Einladungskarte für den Ball heraus. Sie sah der erschreckend ähnlich, die Lucy selbst bekommen hatte, und zwar in einem wirklich ungewöhnlichen handgearbeiteten Umschlag aus dicken Blättern und goldenem Garn. Und tatsächlich, den Umschlag hielt Rita in der anderen Hand. Lucy stöhnte gequält auf.
»Ich weiß ja nicht, wen Sie überfallen haben, um an diese Einladung zu kommen«, zischte das PR-Mädel höhnisch, »aber hier kommen Sie ganz bestimmt nicht rein.« Und damit drehte sie sich mit einem gemeinen Lächeln auf dem hübschen Gesicht zu Lucy um. »Ich meine, ich würde so was von margaux-t werden!« Die berühmt-berüchtigte Verlegerin hatte ein eigenes Verb inspiriert, das so viel bedeutete wie jemanden unauffällig, aber gründlich zur Schnecke zu machen.
Tu was, und zwar schnell. Lucy wünschte inständig, Wyatt wäre bei ihr. Der wüsste, was in so einer Situation zu tun ist, und sie könnte wieder fröhlich in die Kameras lächeln. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, ihre Mutter möge nicht losblöken, sie sei mit ihr verwandt oder was ähnlich Peinliches.
»Mach schon – sag ihr, dass du mich kennst, Schätzchen! Sag ihr, dass du meine…«
»Rita!«, brüllte Lucy, worauf beide Frauen sie verdattert anstarrten. »Ähm, könnten wir uns vielleicht ganz kurz unterhalten? Irgendwo, wo wir ungestört sind?« Wobei sie dem PR-Mädchen einen Blick zuwarf, den diese hoffentlich interpretieren würde als: »Meine Maniküre hat ganz offensichtlich ihre Pillen nicht geschluckt, aber ich bin so ein netter Mensch, dass ich mir an diesem für mich so wichtigen
Abend die Zeit nehme, mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist.« Perplex zuckte die PR-Frau mit den Achseln.
Anmutig hob Lucy ihr Kleid etwas an, um über das Absperrseil steigen zu können. Dann zog sie ihre Mutter außer Hörweite auf die Stufen zum Eingang. Sie durfte es nicht riskieren, mit ihrer Mutter zusammen fotografiert zu werden. Zum Glück waren gerade Giselle und Tom Brady angekommen, die vorübergehend sämtliche Aufmerksamkeit der versammelten Presse auf sich zogen.
» Taa-daa! Ich wette, du hättest nicht erwartet, mich heute Abend hier zu sehen, was?« Ritas Haare waren zu einem kunstvollen Vogelnest hochgesteckt, aus dem einzelne Strähnen wie lange Ranken herunterhingen, und sie trug ein Anstecksträußchen – ein Anstecksträußchen, wie zum Tanztee! – am Handgelenk. Sie sah aus wie eine Abschlussball-Königin für Arme. Das krönende i-Tüpfelchen ihres Looks war die klobige Kamera, die an ihrem Hals baumelte, sowie das Päckchen Hochglanzfotos unter dem Arm. »Wusstest du, dass George Clooney heute Abend auch kommt?« Rita wedelte mit einem Foto des Schauspielers herum. »Das lasse ich mir mit einer Widmung unterschreiben: ›Für Rita, eine sexy Mamasita! ‹ Schnucklig, was? Dieser Ball ist das reinste Promi-Mutterschiff!«
»Rita, was machst du hier?« Die Luft war kühler, wenn man nicht mitten im Schlachtengetümmel stand, und Lucy fror. Das schaffte auch nur Rita, ihr diesen großen Moment zu versauen. Das war das Schlimmste, das Egoistischste, was ihre Mutter je getan hatte, und das wollte schon was heißen.
»Ich wollte für dich da sein.« War Rita tatsächlich auch
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