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Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schoening
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»Kein normaler Darmkrebs, oder?«
    »Nein. Du hast recht. Kein Darmkrebs. Die Pathologen schreiben, dass es ein Angiomyolipom sei.«
    »Das ist wirklich seltsam.« Alexandra suchte in ihrem Gedächtnis nach einem ähnlichen Fall, konnte sich aber an keinen erinnern. »In Ordnung, vielen Dank.« Sie legte auf. Dieser Sache musste sie auf den Grund gehen. Daraus ließe sich bestimmt etwas Interessantes machen – zumindest ein Fallbericht. Und dann wäre sie Jochen wieder einen Schritt voraus.
~*~*~*~
    » M öchtest du noch ein Stück Torte, Liebling?« Simone Willer sah ihre Tochter fragend an. Ihre Hand hatte sie in Richtung von Lindas Teller ausgestreckt. Sie hatte schon ein Stück auf den Tortenheber genommen.
    »Ja, gern«, antwortete Linda, auch wenn sie keinen Appetit auf ein zweites Stück Schokoladentorte hatte. Ihre Mutter würde ohnehin nicht aufgeben, ihr eins andrehen zu wollen.
    »Für dich auch noch?« Simone wandte sich ihrem Mann zu.
    »Gern.« Richard Willer reichte seiner Frau den Teller. »Und, Linda, wie läuft es auf der Arbeit? Hast du die ersten zwei Wochen gut überstanden?«
    Linda nickte, während sie einen Schluck von ihrem Kaffee nahm.
    »Durftest du denn schon in den OP?«, fragte ihr Vater.
    »Ja, schon ein paar Mal«, erwiderte Linda knapp. Sie hoffte, ihr Vater würde das Thema nicht noch weiter vertiefen. Es endete ohnehin immer mit den gleichen Anschuldigungen und herablassenden Bemerkungen.
    Richard Willer kniff die Augenbrauen zusammen. »Jetzt lass dir doch nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen.« Er hob die Stimme. »Wir sind schließlich deine Eltern und wollen wissen, wie es dir gefällt.«
    Linda senkte den Blick. Wenn es nur wirklich das wäre, was ihr Vater von ihr wollte. »Es gefällt mir sehr gut«, erklärte sie resignierend. »Ich durfte schon bei einigen Operationen assistieren, und Alexandra war jedes Mal sehr zufrieden mit mir.«
    »Alexandra?«, hakte ihr Vater nach.
    »Meine Oberärztin. Alexandra Kirchhoff.«
    »Alexandra Kirchhoff?« Er richtete sich kerzengerade auf. In seiner Stimme schwang Misstrauen mit.
    Linda wurde hellhörig. »Kennst du sie?«
    Ihr Vater gab ein abschätziges Geräusch von sich. »Genug, um zu wissen, dass man mit ihr nicht zusammenarbeiten kann.«
    »Woher kennst du sie denn?«, wollte Linda wissen. Jetzt war sie doch neugierig. Schließlich gab es beruflich eigentlich keine Überschneidungspunkte zwischen Alexandra und ihrem Vater.
    Doch der wiegelte ab: »Das ist doch völlig unwichtig. Aber dass du ausgerechnet bei der anfangen musstest.« Er schüttelte den Kopf.
    »Sie ist sehr nett. Und sie war es auch, die sich beim Chef dafür eingesetzt hat, dass ich auf ihre Station komme«, verteidigte Linda Alexandra – auch wenn sie gar nicht genau wusste, warum sie sich überhaupt rechtfertigen musste.
    »Was? Das glaube ich einfach nicht.« Ihr Vater schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Diese . . .« Er brach ab.
    »Was hast du denn für ein Problem mit ihr?«, fragte Linda verwundert.
    »Vergiss es einfach. Du wirst es schon merken.«
    Das war wieder einmal so typisch für ihren Vater. Wenn es irgendwie unangenehm zu werden schien, wich er ihr einfach aus. Linda schluckte ihren Groll hinunter. »Du kannst mich nicht einfach so abspeisen. Was hast du gegen Alexandra? Woher kennst du sie?«, setzte sie noch einmal nach.
    »Das werde ich jetzt nicht mit dir diskutieren.« Ihr Vater klang deutlich angespannt.
    Linda kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es nichts brachte, weiter zu bohren. Wenn er über etwas nicht reden wollte, war er stur.
    Nun sah er sie mit versteinerter Miene an. »Wenn du dein Talent nur nicht so verschwenden würdest.«
    Linda lockerte den Knoten ihres hellblauen Halstuches. Sie hatte das Gefühl, ihre Kehle werde davon eingeschnürt. »Das tue ich nicht«, sagte sie nachdrücklich.
    »Viszeralchirurgie . . .« Richard Willer schüttelte den Kopf.
    »Papa . . .« Linda richtete sich in ihrem Stuhl auf. Mit jedem Wort wurde sie lauter: »Ich weiß, dass dir das nicht passt, aber es wird sich an meiner Entscheidung nichts ändern. Also, akzeptier das endlich.«
    Der Tonfall ihres Vaters wechselte ins Anklagende: »Was habe ich denn falsch gemacht? Ich habe dir doch alle Möglichkeiten geboten.«
    Linda biss sich auf die Unterlippe. »Mich begeistert die Neurochirurgie einfach nicht so sehr wie dich.«
    »Richard«, mischte sich nun Lindas Mutter ein. »Lass das Kind doch in Ruhe.

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