Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell
Autoren: Julia Schoening
Vom Netzwerk:
zwischen den beiden gibt. Aber ich glaube, das war was Berufliches. Mehr konnte ich noch nicht herausfinden. Niemand redet darüber.«
    Linda schüttelte lachend den Kopf. »Es ist wirklich unglaublich, du bist echt die Mutter der Gerüchteküche.« Dann wurde sie wieder ernst. »Halt mich auf dem Laufenden, wenn du mehr erfährst.«
    Kaum hatte Linda diesen Satz ausgesprochen, fragte sie sich, warum es sie eigentlich interessierte. Es ging sie doch nun wirklich nichts an. Trotzdem wollte sie aus irgendeinem Grund unbedingt mehr über Alexandra und Melanie wissen, war geradezu begierig danach.
    Karina zwinkerte ihr verschwörerisch zu. »Du kannst dich auf mich verlassen.«
~*~*~*~
    N ach fast sechs Stunden am OP-Tisch schmerzte Alexandras Nacken. Sie musste dringend zum Sport, um sich etwas zu lockern. Aber die Operationen waren gut gelaufen, besonders die mit Linda.
    Alexandra registrierte nicht zum ersten Mal, dass allein der Gedanke an Linda ihre Stimmung hob. So kannte sie sich gar nicht. Sicher, Linda war eine gute Ärztin – sie hatte zwar noch wenig Erfahrung, aber sie lernte sehr schnell. Eine Schülerin, wie Alexandra sie sich gewünscht hatte. Doch das war nicht alles.
    Es war nicht zu leugnen: Linda war überaus attraktiv. Sie hatte diese großen, grünen Kulleraugen, denen Alexandra nicht lange böse sein konnte – selbst wenn sie fest entschlossen war, genauso streng und bestimmt mit ihr umzugehen wie mit den übrigen Assistenzärzten. Und wenn Linda sich eine ihrer blonden Haarsträhnen hinters Ohr strich, wäre Alexandra ihr am liebsten dabei behilflich. Solche Gefühle waren ihr bisher fremd gewesen.
    Alexandra trat aus der Umkleidekabine und machte sich auf den Weg zu ihrem Büro. Sie lief schnell und zielstrebig, als könne sie so die Gedanken an Linda abschütteln. Die Arbeit war nicht der richtige Ort für irgendwelche Gefühlsregungen, die ohnehin zu nichts führten.
    »Alexandra.« Eine dunkle Stimme ließ sie herumfahren. Vor ihr stand Jochen Gärtner – Oberarztkollege und nun auch Konkurrent.
    »Du hast es schon gehört?«, fragte er. Auf seinen Lippen zeichnete sich ein siegessicheres Lächeln ab.
    »Die freie Stelle als Leitender Oberarzt.« Alexandra formulierte ihre Entgegnung als Feststellung, nicht als Frage. Von jetzt an galt es, Jochen gegenüber in jeder Situation die Oberhand zu behalten und sich keine Blöße zu geben, schon gar nicht die des Unwissens.
    Er nickte und schnalzte mit der Zunge. »Ich hoffe, du rechnest dir nicht zu viele Chancen aus. Nicht, dass ich dich am Ende trösten muss, weil ich die Stelle bekomme.« Er sah sie durchdringend an. »Denn ich werde sie bekommen.«
    Alexandra schnaubte verächtlich. »Das glaubst du doch selbst nicht.«
    »Wir werden ja sehen.« Jochens Stimme klang leicht überheblich.
    Alexandras Blick verdunkelte sich. Sie machte einen Schritt auf Jochen zu, so dass nur wenige Zentimeter sie trennten. »Das werden wir. Ganz sicher.« Sie sprach leise, fast flüsternd. »Wir wissen doch beide, dass nur die Hälfte deiner wissenschaftlichen Publikationen überhaupt angenommen wird und dass deine Assistenten im OP die Hauptarbeit erledigen. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass die Wahl des Chefs auf dich fällt.«
    Jochen schüttelte den Kopf. »Alexandra, Alexandra . . . Ich hätte nicht gedacht, dass du so naiv bist.« Er sah ihr direkt in die Augen. »Du entsprichst in vielen Punkten nicht dem Profil von Professor Rosenbusch.«
    Alexandra hielt seinem bohrenden Blick stand. »Warten wir es ab.« Doch in ihrem Inneren kochte es. Dieser arrogante Affe, was bildete er sich nur ein? Nur weil er ein paar Jahre älter und länger an der Klinik war als sie? Aber das eigentliche Problem war, dass er recht hatte mit seiner Einschätzung von Professor Rosenbuschs Kriterien. Das wusste er genauso gut wie sie.
    Alexandras Telefon klingelte. Auf dem Display las sie Lindas Namen. Eine höchst willkommene Unterbrechung. »Du entschuldigst mich?«, sagte sie betont höflich. »Ich muss weiter arbeiten.« Dann ging sie energischen Schrittes an Jochen vorbei. Sie holte einmal tief Luft und versuchte, ihre Wut hinunterzuschlucken, bevor sie den Anruf entgegennahm.
    »Der Histo-Befund ist gerade gekommen«, begrüßte Linda sie.
    Alexandra wusste sofort, dass Linda den Darmtumor meinte, den sie am Vortag entfernt hatten. Und allein Lindas Stimme reichte aus, um sie ihren Unmut über Jochen vergessen zu lassen. »Und, was ist es?«, fragte sie erfreut.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher