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Mit Herz und Skalpell

Mit Herz und Skalpell

Titel: Mit Herz und Skalpell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Schoening
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so nennen durfte. Es war der reinste Luxus. Modern und topausgestattet, das erkannte Linda auf den ersten Blick. Der Höhepunkt war der amerikanische Kühlschrank mit Icemaker.
    »Wow«, verlieh Linda ihrer Bewunderung Ausdruck. »Hier macht Kochen bestimmt Spaß.«
    Alexandra zuckte mit den Schultern. »Ehrlich gesagt ist so eine Küche bei mir Verschwendung. Ich habe sie fast noch nie benutzt.«
    Linda, die gerade mit einem Finger über das Feld des Induktionsherdes fuhr, hielt inne und sah sie überrascht an. »Wirklich nicht?«
    »Meine Kochkünste halten sich arg in Grenzen. Du würdest sofort wissen, was ich meine, wenn du mal etwas probiert hättest.« Alexandra zog eine Grimasse.
    »Es gibt etwas, was du nicht kannst?«, entfuhr es Linda. Schon im nächsten Augenblick tat es ihr leid.
    Doch Alexandra zwinkerte ihr zu. »Du würdest dich wundern . . . Aber lass uns weitergehen. Ich kann dir noch meine beiden Badezimmer zeigen.«
    Noch während Linda zu begreifen versuchte, warum eine einzelne Person zwei Badezimmer benötigte, betraten sie schon das kleinere Bad mit einer ebenerdig begehbaren Dusche, das allein doppelt so groß war wie Lindas Badezimmer. Das zweite Bad war die reinste Wellnessoase.
    »Dieses Zimmer würde ich nie wieder verlassen«, sagte Linda, als Alexandra ihr die Whirlpoolfunktion der Badewanne erklärt hatte.
    »Tja . . .« Alexandra führte sie wieder in den Flur. »Eigentlich habe ich gar keine Zeit, das alles zu genießen. Ich habe diese Wohnung hauptsächlich wegen des Balkons genommen. Mach es dir doch schon mal im Wohnzimmer bequem – ich hole das Buch und etwas zu trinken.«
    Richtig. Das Buch. Deswegen war sie hier. Es war kein gemütlicher Freundinnenabend oder gar mehr . . . Es ging um die Arbeit. Zumindest vordergründig.
    Im Wohnzimmer angekommen, sah sie sich noch einmal um. Das riesige Aquarium an der Wand, die der Fensterfront gegenüber lag, hatte sie vorhin gar nicht wahrgenommen. Nun erinnerte sie sich wieder daran, dass Alexandra ihr in München davon erzählt hatte. Es schwammen nur wenige, aber dafür besonders bunt schillernde Fische zwischen den Grünpflanzen herum. Das Aquarium war wie alles in dieser Wohnung: exquisit, aber nicht protzig, auf das Wesentliche beschränkt, dafür von hoher Qualität.
    Linda ließ ihren Blick durch die Regale schweifen. Es gab jede Menge Bücher, aber Familienfotos fand sie nicht, nur einige Aufnahmen von einer jüngeren Alexandra. Mit ihrem Abiturzeugnis, mit ihrer Promotionsurkunde. Ein Foto zeigte Alexandra als Teenager – Linda schätzte sie auf sechzehn. Sie nahm das gerahmte Bild in die Hand. Alexandra reckte stolz einen Pokal in die Höhe. Sie hatte sich seitdem kaum verändert, fand Linda: Auch damals trug sie die Haare lang, ihr Gesicht war von scharfen Konturen geprägt, und ihre Attraktivität war unübersehbar.
    »Oh, du hast meine Fotos entdeckt.«
    Linda schreckte zusammen und fühlte eine Welle von Scham. Es gehörte sich nicht, herumzuschnüffeln. Auch wenn es genau genommen gar kein Schnüffeln gewesen war, denn die Fotos standen ja für jeden sichtbar im Regal.
    Alexandra stand hinter Linda. Sie legte die Hände auf Lindas Schultern und beugte sich ein wenig herunter, um das Foto zu sehen. »Das war, als ich den Titel als Landesmeisterin im Bogenschießen gewonnen habe«, flüsterte sie dicht an Lindas Ohr.
    Die unerwartete Berührung ließ Lindas Herz schneller schlagen und Blitze vor ihren Augen zucken. Nur mit Mühe konnte sie etwas halbwegs Sinnvolles antworten: »Du warst mal Landesmeisterin?«
    Alexandra trat von Linda weg und setzte sich auf die Couch. »Das war noch zur Schulzeit«, erklärte sie. »Damals hatte ich genügend Zeit, ausgiebig zu trainieren. Mittlerweile schaff ich es kaum einmal die Woche zum Training.« Ihr Gesicht bekam einen wehmütigen Ausdruck.
    Linda stellte das Bild an seinen Platz zurück und ging auf Alexandra zu, beschloss dann aber, sich lieber in den Sessel zu setzen. Ein gewisser Sicherheitsabstand konnte nicht schaden.
    Alexandra machte ihr jedoch sofort einen Strich durch die Rechnung. »Du musst dich schon neben mich setzen. Wie sollen wir denn sonst zusammen in das Buch gucken?« Sie nahm den dicken Wälzer vom Tisch und schlug ihn auf.
    Linda wechselte vom Sessel zum Sofa. Rutschte etwas näher zu Alexandra. Deren betörender Duft hüllte sie sofort ein, nahm sie gefangen. Aber sie riss sich mit aller Macht zusammen und zwang ihre Aufmerksamkeit auf die

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