Mit jedem glühenden Blick
sie zwang sich zuzuhören.
"Ich hatte gehofft, dass du mir auf Grund unserer langen Freundschaft helfen würdest."
War das nicht typisch Mann? Erst brach er ihr das Herz, und dann tat er so, als wäre nichts gewesen.
"Jake", begann sie, "ich glaube wirklich nicht, d…
"Ashley." In seiner Stimme schwang Panik mit. "Ich habe heute Abend den Schock meines Lebens bekommen. Tiffany war hier und teilte mir mit, dass ich eine Tochter habe, die bald vier Jahre alt wird. Sie hat sie hier gelassen, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ich mit ihr machen soll."
Ashley war froh, dass sie schon saß. Jake hatte eine Tochter? Sie verspürte plötzlich einen Stich im Herzen.
"Die Sache ist die", fuhr er fort, "sie wird in ein paar Stunden aufwachen – in einem fremden Zimmer und einen Mann sehen, den sie nicht kennt." Er senkte die Stimme. "Ich hatte gehofft, du könntest herkommen und da sein, wenn sie wach wird."
Jetzt steckte sie wirklich in der Klemme. Dieser tiefe, vertrauliche Ton hatte schon immer ihr Herz erweicht. Das Ganze entwickelte sich gar nicht gut. "Du meinst, ich soll bei Dad übernachten?"
"Ich meine, du sollst hier bei mir und Heather bleiben. So heißt sie übrigens, Heather Anne Crenshaw."
Ashley schloss die Augen. Was sollte sie tun? Sie war zu erschöpft, um klar zu denken. Sich in Jakes Nähe aufzuhalten, noch dazu in seinem Haus, wäre einfach zu schmerzlich.
Aber hier ging es nicht um Jake.
Er hatte eine Tochter. Die Tochter, von der sie geträumt hatte, dass sie sie irgendwann zusammen haben würden. Sicher, damals war sie ein naives Mädchen gewesen, das seine brüderliche Freundschaft für mehr gehalten hatte. Die Realität hatte sie inzwischen eingeholt, doch die Tatsache, dass er eine Tochter hatte, löste eine Reihe von Erinnerungen aus, die sie schon längst vergessen geglaubt hatte.
"In Ordnung", sagte sie schließlich und ergab sich in ihr Schicksal. "Ich möchte nicht diejenige sein, die dafür verantwortlich ist, dass die Kleine einen Schock fürs Leben bekommt, weil sie dich morgen früh als Erstes ansehen muss." Ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen.
"Danke, Ashley. Ich verspreche dir, dass du es nicht bereuen wirst."
Ashley hörte die Erleichterung in Jakes Stimme. Ach ja? dachte sie voller Sarkasmus. Sie bedauerte ihre Zusage jetzt schon, aber Jake hatte einen schwachen Punkt bei ihr getroffen, da sie Kinder schon immer gern gehabt hatte. "Ich bin so schnell wie möglich da", erklärte sie und legte auf.
Ashley schüttelte den Kopf. Nach einem Tag in der Praxis und mehreren Besuchen in Viehställen, musste sie erst einmal duschen und sich umziehen. Sie betrat das Bad und musterte sich im Spiegel. Inzwischen war sie froh, dass sie ihr Haar im letzten Jahr hatte kurz schneiden lassen, denn das ersparte ihr kostbare Zeit angesichts ihres vollen Terminplans.
Tiefe Schatten unter den Augen zeugten von ihrer Müdigkeit. Sie schloss sie kurz. Du schaffst es. Nimm deine letzte Energie zusammen und mach es, munterte sie sich auf.
Sie zog sich aus und trat in die Dusche. Genüsslich ließ sie das Wasser über ihren Körper fließen, während sie sich bemühte, an nichts zu denken.
Doch die Erinnerungen ließen sich nicht verdrängen.
Jake mit zwölf, der ihren Vätern überall hin folgte, während sie mit ihren vier Jahren ihm hinterherlief. Jake, der sie vor sich auf seinem Pferd sitzen ließ, während sie ihn mit Fragen bombardierte, die ihn zum Lachen brachten. Er war groß für sein Alter gewesen, mit dichten blonden Haaren, die immer zerzaust waren, und mit unglaublich blauen Augen, die sich je nach seiner Laune erhellten oder in ein silbriges Grau verdunkelten. Und sein Lächeln brachte das Herz jeder Frau zum Stocken.
Nicht, dass ihr das mit vier Jahren bewusst gewesen war. Sie hatte nur gewusst, dass sie ihn nicht aus den Augen lassen wollte.
Im reifen Alter von sieben war ihr klar gewesen, dass er der Mann war, den sie irgendwann einmal heiraten würde, und das hatte sie auch jedem erzählt. Jetzt fragte sie sich, wie der fünfzehnjährige Jake mit den Neckereien fertig geworden war, die er ihretwegen sicherlich hatte einstecken müssen. Wenn es ihm peinlich gewesen war, hatte er es sie zumindest nicht merken lassen.
Jake hatte ihre Kindheit zu etwas Besonderem gemacht. Er hatte ihr das Reiten beigebracht, ihr gezeigt, wie man ein Kalb einfing und wie man mit einer Waffe umging. Sie hatten zusammen Tierfährten untersucht, bis sie gelernt hatte, zu
Weitere Kostenlose Bücher