Mit jedem Herzschlag (German Edition)
Irgendwer erkennt mich. Oder dich. Himmel noch mal, dein Gesicht war auf sämtlichen Fernsehsendern und in allen Zeitungen zu sehen.“
„Die Menschen sehen, was sie zu sehen erwarten“, entgegnete er. „Sie rechnen nicht damit, den meistgesuchten Mann von St. Simone zusammen mit der Delfintrainerin auf dem Rasen nahe dem Haupteingang des Sea Circus sitzen zu sehen. Sie rechnen eher damit, irgendeinen Teenie hispanischer Herkunft und seine hübsche Freundin im Schatten sitzen und die Zeit totschlagen zu sehen. Also sehen sie genau das.“ Er berührte ihre Wange, streichelte sie sanft mit den Knöcheln seiner Hand. Ihre Haut war so weich und zart.
„Vielleicht sollten wir uns trennen“, schlug sie vor, „und uns um eins bei Rafe treffen.“
„Nein!“, sagte er heftiger als beabsichtigt. Er zwang sich zu einem Lächeln, um seiner Erwiderung die Schärfe zu nehmen. „Wir bleiben zusammen.“
Sie schwieg, und er nahm ihre Hand.
„Ich habe immer noch Angst“, flüsterte sie schließlich.
Felipe nickte. Ihm ging es genauso.
Während er in den blauen Himmel schaute, betete er im Stillen. Er betete, dass Caroline nichts passierte und er selbst sicher entkam. Und falls daraus nichts werden würde, betete er dafür, dass er seinen Tod akzeptieren konnte. Dass er in Frieden sterben konnte und in dem Bewusstsein, dass er sein Leben so gut gelebt hatte wie nur irgend möglich.
Aber stimmte das auch?
Unwillkürlich schoss ihm eine Frage durch den Kopf. Wie wäre sein Leben wohl verlaufen, wenn er an dem Tag, nachdem er Caroline Brooks in den Kofferraum ihres Wagens gesperrt hatte, zum Sea Circus zurückgegangen wäre und sich ihr vorgestellt hätte?
Hallo, ich heiße Felipe Salazar, und ich bin in Wirklichkeit Detective im Vierten Bezirk. Verzeihst du mir? Und gehst du mit mir essen?
Sie hätte beides getan. Vielleicht nicht an dem Abend, aber schließlich hätte sie ihm vergeben.
Und genauso, wie es in den letzten Tagen passiert war, hätte sie sich dann in sein Herz gestohlen.
Und dann …
Was wäre, wenn …?
Was wäre gewesen, wenn Felipe den Auftrag abgelehnt hätte, Richter zu überführen? Was wäre gewesen, wenn er stattdessen seinen dringend benötigten – und tausendfach verdienten – Urlaub angetreten hätte? Was wäre gewesen, wenn er diese Zeit, einen Monat oder vielleicht auch zwei, mit Caroline verbracht hätte? In einem ganz alltäglichen, normalen Leben? Wenn er sie zum Tanzen oder ins Kino ausgeführt hätte? Wenn er mit Zahnbürste und ein paar Sachen zum Wechseln in ihre Wohnung gezogen wäre? Und was wäre gewesen, wenn … ihm das gefallen hätte?
Was wäre, wenn sein Job nicht so gefährlich wäre? Wenn er eine Weile auf Einsätze als verdeckter Ermittler verzichtet hätte? Wenn er sich um die Versetzung in eine andere Abteilungbemüht hätte?
Er konnte sich diesen Felipe vorstellen. Diesen anderen Felipe, der weit mehr als fünfundzwanzig Cent für einen Ring ausgeben würde. Einen Ring, der weder aus Kunststoff noch grün war. Er konnte sich vorstellen, wie dieser andere Felipe Caroline Brooks zu einem unglaublich romantischen Essen einladen würde. Und wenn sie an dem kleinen versteckten Tisch saßen, würde er ihre Hand nehmen, ihr tief in die Augen schauen und …
Er konnte sich ihre Hochzeit vorstellen. Diego wäre sein Trauzeuge, würde ihm auf die Schulter klopfen und ihn umarmen. Würde sich freuen, dass sein bester Freund endlich auch gefunden hatte, was er selbst und seine Frau Emily miteinander teilten.
Felipe konnte sich vorstellen, auf ein eigenes Haus zu sparen. Ein Haus direkt am Meer, das Caroline so liebte. Er würde Blumen im Vorgarten pflanzen und ihr jeden Abend eine pflücken. Und sich jede Nacht in einem wunderbaren, vollkommenen Liebesspiel mit ihr vereinen und in ihren Armen einschlafen.
Er konnte sie sich vorstellen, wie sie sein Kind im Leib trug. Die alte vertraute Angst durchzuckte ihn, doch er verscheuchte sie. Es war gar nicht so selten, dass kleine Frauen große Männer heirateten. Vielleicht würde ihr Kind per Kaiserschnitt zur Welt gebracht werden müssen, vielleicht aber auch nicht. So oder so würde ihr die beste medizinische Versorgung zuteilwerden, und er würde sich liebevoll um sie kümmern.
In seinem Kopf lief die Zeit immer schneller ab. Jahre vergingen, ihre Kinder wuchsen auf, wurden groß und stark. Söhne, auf die er stolz sein konnte. Töchter mit seinen dunklen Haaren und Augen und dem schönen Lächeln ihrer Mutter. Sein
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